Ein Ami in Tirol
sie zurück.
»Eines ist vielleicht schon angebrütet«, sagte sie. »Das hab' ich der Glucke unterm Hintern vorgezogen.«
»Und welches - bittschön?«
»Woher soll ich das wissen?«. fragte Emerenz. »Ei ist Ei. Ich geh jetzt in den Stall.«
»Ja, geh«, meinte Eva entnervt. Daraufhin begab sie sich in den Hühnerstall und fand dort noch zwei Eier, die vermutlich ganz frisch gelegt worden waren. Zufrieden zog sie in die Küche ab.
»Wo sind meine Weißwürste? Heut ist Sonntag!«
Mit diesen Worten wurde sie vom Vater empfangen. Die Hosenträger hingen herab. Das gestreifte Hemd stand offen, und auf diese Weise machte der Palauer-Alois kaum einen guten Eindruck.
»Zieh dich erst einmal gescheit an«, riet Eva streng. »Du scheinst vergessen zu haben, dass ein Gast im Haus ist. Ab heut weht da herinnen ein anderer Wind.«
»Soll ich wohl schon in der Früh in Gala auftreten, ha?«, knurrte Alois. Am Morgen war er immer grantig, und es dauerte eine Zeit, bis er sich mit der Welt versöhnen konnte.
»Anständig anziehen!«, kommandierte Eva streng. »Nicht, dass der Mister Brown hereinkommt und dich so sieht.«
»Warum hast du den in die Stube gelockt, ha?«
»Es ist mir jetzt zu müßig, um mit dir darüber zu diskutieren, Vater«, versuchte Eva das Thema zu beenden. »Zieh dich endlich an. Tu mir bitte die Liebe!«
»Grantnudel!«, knurrte er und verschwand. Eva sah ihm nach, seufzte, wischte sich die Hände an der Schürze und legte die Eier ins kochende Wasser. Dann brühte sie den Kaffee auf und achtete auf die Uhr. Drei Minuten hatte er gesagt. Oder waren es vier?
»Ganz schön in der Hetz bist, ha?«
»Na, du hast mir jetzt gerade noch gefehlt«, sagte Eva zu Christian Brüggler, der einfach eingetreten war. »Was treibt dich denn schon so früh zu uns? Sonst sieht man dich alle heilige Zeiten einmal.«
»Was machst du denn da?«
»Das Frühstück für den Mr. Brown«, erklärte Eva.
»Nobel - nobel«, lobte Christian bissig. »Eier, Wurst, Schinken, Käse. Aber wenn der heut auch wieder so frisst, wie er gestern im Wirtshaus gefressen hat, wird ihm das kaum langen.«
»Du, einen Respekt bittschön!«
»Ach, geh weiter. Für die paar Schilling, die du von dem kriegst, wird sich doch dieser Aufwand kaum lohnen.«
»Das ist meine Sach'«, erklärte sie kurz angebunden.
»Der muss dir ganz hübsch den Kopf verdreht haben.«
»Kann schon sein«, gab sie geheimnisvoll zu. »Und was geht's dich an?«
»Schau mal, ich ...«
»Heiland!«, schrie sie. »Wegen dir hab' ich jetzt die Eier zu lang im Wasser gelassen, und jetzt sind sie vermutlich bockelhart. Ich habe keine mehr im Haus.«
»Soll ich dir aushelfen?«, fragte Christian.
»Nein, dankschön. Aber ich wäre froh, wenn du dich jetzt wieder schleichst«, gab ihm Eva beinahe zornig zu verstehen. Es durfte doch am allerersten Tag nicht gleich alles schieflaufen. Nein, das durfte einfach nicht sein.
Während sie die Eier aus dem Topf fischte, ging Christian. Im Flur traf er auf James Brown.
»Ach, der Herr Nachbar, wenn ich nicht irre?,« fragte er.
»Nein, da irren S' nicht«, gab ihm Christian recht. »Aber Sie haben schon etwas angestellt.«
»So? Was denn?«
»Na, mit der da drinnen ist, seit Sie hier sind, überhaupt nicht mehr zu reden«, grantelte der Nachbar, ging zur Haustür und ließ sie hinter sich ins Schloss krachen.
»Was war denn mit Ihrem lieben Nachbarn los?«, fragte Brown. Vorsichtig steckte er den Kopf durch den Türspalt herein.
»Ach«, meinte Eva unter hilflosem Gelächter, »das soll Sie nicht stören, Mr. Brown. Ich komme gleich mit dem Frühstück.«
»O ja, das ist very fein!«, rief er. »Ich habe einen Hunger wie ein Puma!«
Bei diesen Worten brach Eva beinahe der kalte Schweiß aus, und sie überflog in Gedanken, was noch an Essbarem im Hause war.
»Dann werde ich das köstliche Frühstück erwarten«, sagte er und verschwand wieder. Darüber war Eva nicht unglücklich, denn der Vater kehrte zurück und plärrte nach seinen Würsten. Er hielt Eva vor, dass dies schließlich im Übergabevertrag stünde und...
»Du kriegst so viele Würste, dass sie dir zu den Ohren herausquellen«, sagte Eva entnervt. »Aber erst kommt der Gast dran. Ich kann es nicht ändern.«
Endlich war es soweit, das Frühstück in die gute Stube balancieren zu können. Mr. Brown klatschte begeistert in die Hände.
»Das sieht ja wundervoll aus!«, rief er.
»Ich hoffe, es wird Ihnen gut schmecken«, entgegnete Eva nervös.
Weitere Kostenlose Bücher