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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Enquist
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ein Abweichler, eine Peer-Gynt-Natur. Er ist an niemanden gebunden, alles hängt allein von ihm ab, er gehört keinem Kollektiv an. Er verhält sich nur zu einer Größe, dem Resultat , und das bestimmt er selbst. Voller Empörung hört er den Sporthassern zu, denjenigen unter den Intellektuellen, die behaupten, Wettkampf bedeute, einen anderen Menschen zu besiegen. Sport sei Machtausübung. Seine eigene einzige Besessenheit ist darauf gerichtet, die Resultate zu verbessern , nicht zu gewinnen. Lieber mit persönlichem Rekord Siebter werden, als mit einem schlechten Resultat gewinnen. Das redet er sich ein.
    Es ist auch praktisch wahr. In der Volksschule ist der Höhepunkt jedes Halbjahres, nach dem ersten schrecklichen, notenfreien Halbjahr in der Vorschule, die Zeugnisvergabe. Dann steigen gewisse Noten von B + auf Ba –. Es gibt dreizehn Notenstufen. Er liebt alle Stufen, könnte sich fünfzig denken. Er ist besessen von der Verbesserung. Was die anderen in der Klasse bekommen, interessiert ihn nicht. In den vierziger Jahren erlebt der Sport in Västerbotten eine Tragödie, einen mogelnden Hammerwerfer, einen västerbottnischen Helden mit Namen Eric Umedalen, der alle empörten Moralisten dadurch verblüfft, dass er nicht nur den Hammer ausgehöhlt hat und beinah einen Weltrekord erzielt hätte, sondern dass er den Hammer auch an seine Konkurrenten auslieh.
    Aus zwei Gründen. Große Wettkämpfe erfordern große Ergebnisse . Und vor allem: Es spielt doch keine Rolle, wer den Hammer wirft, Hauptsache, die Rekorde werden verbessert . Er findet Eric Umedalen faszinierend, und glaubwürdig.
    Wenn er sich selbst betrachtet, sieht er einen vom gleichen Schlag.
    Allein, absolut allein und auf nichts in der Welt um ihn her bezogen, mit verbesserten Resultaten. Um jeden Preis. Weil er auch über Selbsteinsicht verfügt, betrachtet er sich als etwas verschroben, verbirgt vor seinen intellektuellen Freunden seine Sportbesessenheit und vor seinen Sportfreunden, dass er schreibt. Langsam, äußerst langsam verbessern sich auch seine Ergebnisse. Dann stagniert es, gerade unter zwei Metern.
    Aber was macht er da eigentlich.
    Es trifft ihn wie eine plötzliche Einsicht. Er trampt mit einem Lastwagen durch die Wüste Negev, und plötzlich hat er das Gefühl, dass alles zu Ende ist und dass er falsch gedacht hat. Wie Dante befinde ich mich in der Mitte meines Lebens , denkt er, aber es hilft nicht. Es macht keinen Spaß mehr. Das Leben macht keinen Spaß mehr, das Studium nicht, die Liebe nicht, der Sport nicht. Das einzige, was Spaß macht, ist das Schreiben. Da versteckt er sich.
    Einmal war er aus der Einsamkeit des Glaubens in die Wärme und die Gemeinschaft des Sports gekommen. Nun ist der Sport völlig kalt geworden. Er befindet sich unendlich weit entfernt von der Jugend, in der das Ganze anfing, auf den kleinen Wiesen rundherum in den Dörfern, wo sie Fußball gespielt hatten und wo das Licht so langsam sank und nie verschwand, obwohl es Mitternacht war. War er da eingefangen worden?
    Damals war es so schön, einfach und rein gewesen. Und man fuhr mit dem Rad gemeinsam nach Långviken. Warum konnte das Leben nicht immer so sein. Warum sollte der Sport nur Einsamkeit sein und ein ständig verbessertes Ergebnis der einzige Liebespartner.
    So war es ja nicht gedacht gewesen.

Er schreibt unverdrossen.
    Seiner Gewohnheit aus den Teenagerjahren treu, packt er sich jede Woche ein Dutzend Bände aus der Bibliothek auf und pflügt sie durch. Durchpflügen ist das richtige Wort. Er ist ein rastloser Pflüger, der plötzlich an einem Buch hängenbleibt, das ihn anspricht. Dann schlägt er die Reißzähne in seine Beute und liest wieder und wieder. So hat er es ja auch als Kind gemacht, nur mit dem Unterschied, dass er nicht so viele Alternativen hatte. Aber Robinson Crusoe mindestens fünfzigmal, die Bergungslisten! die Höhle! die Aufzählung von Gegenständen! die Sicherheit in der genau angegebenen Anzahl von Musketen! und Pulverfässern! Oder Kiplings Kim , Teil eins und zwei, die sich aus einem absurden Anlass in das nach und nach zwei Meter umfassende Buchregal der Mutter verirrt hatten. Kim liebte er. Las es wieder und wieder. Wie ein Trüffelschwein in der sibirischen Tundra, wenn es ein solches denn gibt, pflügt er jetzt verzweifelt weiter, ohne Hoffnung, um plötzlich vor Freude wie gelähmt innezuhalten. Da! Eine Trüffel!
    Er konsumiert Eliot und Tranströmer als Trüffel.
    In den Nächten schreibt er manisch, und

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