Ein Antrag nach Mitternacht
für den Tee und begab sich mit ihrem Besuch in den Salon, wo sie ein Gespräch mit Harriet begann, um das Mädchen beiläufig zu begutachten.
Harriet war recht hübsch, sie hatte schöne braune Augen, eine Stupsnase und volles dunkelblondes Haar. Ihre Haut war zu gebräunt, was offenbar daran lag, dass sie es auf dem Land nicht gewöhnt war, einen Hut zu tragen. Zumindest hatte sie aber keine Sommersprossen. Ihr Gesicht vermittelte einen offenen, freundlichen Eindruck, das Lächeln war ehrlich – da war nichts von der kühlen, aristokratischen Miene zu sehen, die viele in der Gesellschaft für den einzig korrekten Ausdruck hielten. Allerdings hatte Francesca noch nie feststellen können, dass irgendein Mann sich davon angezogen fühlte.
Eine andere Frisur würde Wunder wirken, und ihre Augenbrauen sollten auch dringend gezupft werden. Das Kleid stand ihr überhaupt nicht und ließ sie nachlässig und affektiert erscheinen. Francesca glaubte Sir Alan aufs Wort, dass seine Mutter ihre Kleider ausgesucht hatte.
„Ihr Vater sprach davon, dass Sie in dieser Saison ein wenig Aufsehen erregen wollen“, begann Francesca in freundlichem Tonfall.
Harriet grinste sie an. „Oh, ich würde nicht so weit gehen und von ‚Aufsehen erregen‘ reden, Lady Haughston. Ich wäre schon zufrieden, wenn man von mir Notiz nehmen würde.“
Francesca lächelte, da ihr die direkte Antwort gefiel – auch wenn sie Harriet diese Angewohnheit würde austreiben müssen, wenn sie auf einem Ball Erfolg haben wollte. „Ich glaube, uns wird mehr gelingen als nur das, wenn wir es nur wirklich wollen.“
„Ich will es wirklich“, gab Harriet zurück und sah zu ihrem Vater. „Ich befürchte, bislang hat Papa sein Geld zum Fenster hinausgeworfen. Ich möchte nicht, dass das alles umsonst gewesen ist.“
„Komm schon, Harry“, widersprach ihr Vater in sanftem Tonfall. „Über solche Dinge musst du dir keine Gedanken machen.“
„Ich weiß, es macht dir nichts aus“, sagte sie. „Aber ich verabscheue Verschwendung in jeglicher Form.“
„Dann sind Sie also bereit, sich von mir in diesen Dingen leiten zu lassen?“, fragte Francesca, für die es nichts Schlimmeres gab als eine unwillige Schülerin.
„Ich werde alles tun, was Sie sagen“, versicherte ihr Miss Sherbourne. „Ich weiß, ich habe nicht genug Erfahrung mit der Stadt. Ich merke, wenn ich manchmal etwas sage, sehen mich die Leute rätselnd an. Aber ich lerne schnell, und ich bin bereit, mich in jeder Hinsicht zu ändern, die nötig ist – zumindest für die Dauer der Saison.“
„Ich glaube, wir sollten mit einem Einkaufsbummel beginnen“, überlegte Francesca und sah zu Harriets Vater. Als der zustimmend nickte, fuhr sie fort: „Und es wäre eine gute Idee, Sir Alan, wenn wir eine Art Ball geben. Wir könnten einige der Leute einladen, von denen ich glaube, sie könnten von Nutzen sein, damit man Notiz von Ihrer Tochter nimmt. Als Sie das letzte Mal hier waren, da sprachen Sie davon, dass es Ihnen lieber wäre, wenn ich …“
„Oh, ja, Lady Haughston“, fiel Sir Alan ihr sofort ins Wort. „Wenn Sie das machen würden. Sie müssen wissen, meine Mutter ist nicht bei bester Gesundheit, und sie kommt auch nicht so häufig mit der Gesellschaft in Berührung. Ich glaube, das alles wäre zu viel für sie. Nicht, dass sie das nicht gern tun würde.“ Sein Gesichtsausdruck verriet, dass der letzte Satz eine Lüge war.
„Ich könnte hier eine kleine Soiree oder ein Dinner veranstalten“, schlug sie vor.
Sir Alan seufzte erleichtert. „Das wäre genau richtig. Ich weiß, ich verlange da sehr viel von Ihnen, aber ich bin davon überzeugt, dass Sie das alles viel besser im Griff haben werden. Schicken Sie mir, wie gesagt, einfach alle Rechnungen – auch die für die Kleider.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein, die Gastgeberin zu spielen“, versicherte Francesca ihm und meinte es auch so. Es machte ihr Spaß, solche Anlässe zu planen, und es war umso erfreulicher, wenn sie dabei nicht durch ihre eigene finanzielle Situation eingeschränkt wurde.
Kurz darauf brachen ihre beiden Gäste wieder auf. Als sie mit Harriet zusammenstand, um den Einkaufsausflug für den nächsten Tag zu vereinbaren, kam der Butler dazu und kündigte an, dass ein weiterer Gast eingetroffen war.
„Seine Gnaden, der Duke of Rochford, Mylady“, ließ Fenton sie wissen.
Francesca drehte sich um und erschrak, als sie sah, dass Rochford hinter dem Butler im Flur stand. Unwillkürlich
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