Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
tschüss.
Ich kann meine Erfahrungen gut verarbeiten. Ich kann zu Hause von meinem Trip erzählen. Ich kann das gedrehte Material in meiner Sendung zeigen. Ja sogar ein Buch über meine Reise schreiben.
Ich verstehe den Krieg immer noch nicht. Ich habe jetzt auch mehr Fragen als bei der Hinreise. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich diesen Einsatz der deutschen Soldaten immer noch nicht.
Aber ich verstehe die Menschen. Und ich kann mich in das Gefühl hineinversetzen, wie es ist, wenn man sich den Hintern aufreißt und dafür geächtet wird. Soldaten zählen in Deutschland nur, wenn sie traumatisiert zurückkehren. Dann finden sie statt. Sogar bei Jauch, Maischberger, Lanz und Co.
Traurig – aber selbst schuld, lautet die gängige Meinung .
Mir haben Soldaten erzählt, sie wollen nicht bemitleidet werden. Man muss auch nicht gutheißen, dass sie Soldaten geworden sind, aber man sollte sie bitte nicht vergessen. Und damit meinten sie nicht einmal uns, die wir keine Soldaten sind, sondern traurigerweise diejenigen Verantwortlichen, die sie in den Krieg geschickt haben.
Ich muss mich noch mal daran erinnern, wie ich in Köln/Bonn in die Bundeswehrmaschine nach Kabul gestiegen bin. Da stieg vor mir ein Soldat mit einer Sporttasche in den Flieger ein, aus der eine Diddl-Maus lugte.
Der Junge war vielleicht zwanzig. Was macht er hier, dachte ich mir. Er. Dient. Deutschland.
Diese ganzen Absurditäten gehen mir auf dem Rückflug bis zur Landung in Köln durch den Kopf. Ich bin aufgekratzt, als wäre ich in ein Fass Espresso gefallen, das ich dann vor Schreck auf ex ausgetrunken habe.
Jetzt noch eine Stunde warten, dann noch etwa fünfundvierzig Minuten nach Berlin fliegen. Sonst alltäglich und ohne Probleme machbar. Aber nicht heute. Am liebsten würde ich nach Berlin laufen. Ich werde eh Tage brauchen, um anzukommen.
Ich wollte nie zur Bundeswehr. Jetzt war ich trotzdem da gewesen. Als Gast. Eine Erfahrung, die ich nie in meinem Leben vergessen werde, aber die ich auch kein zweites Mal brauche.
Peter Kümmel
Als wir wieder in Deutschland sind, Wochen später, sagt er: Zu Hause holte mich erst die Angst ein. Mir wurde ganz schwach.
Zwei Wochen nach seiner Rückkehr träumt Krömer auch seinen ersten Afghanistan-Traum: Er hat starke Schmerzen im rechten Bein, sieht nach unten, und das Bein ist ab, weggesprengt von einer Mine. Seinen zweiten Afghanistan-Traum hat er wenig später: Krömer fährt mit seiner Freundin nach Thailand, er macht aber keinen Urlaub, sondern er muss deutsche Soldaten unterhalten. Und die thailändischen Soldaten sind beleidigt, weil er nicht für sie spielt.
Im Oktober will Krömer noch einmal nach Afghanistan, diesmal nicht mit der Bundeswehr, sondern auf eigene Faust. Und auch diesen Aufenthalt will er filmen. Er will die andere Seite kennenlernen, wie er es nennt, und die Straßen von Kabul entlanggehen, die er nur im Muconpers hinter Panzerglas vorbeiziehen sah. Nicht Zerstörung will er zeigen, sondern den Aufbau. »Dahin gehen, wo’s wehtut« – das sei immer sein Weg gewesen. Wehtut es dort, wo das Peinliche lauert. Und vielleicht auch dort, wo die Wahrheit ist. Krömer sagt: »Mal sehen, wie weit ich komme, bis ich merke, dass ich zu weit gegangen bin.«
Das Filmmaterial ist gut geworden. Es ist lustig. Aber mein Hunger nach Erfahrungen mit diesem Land, mit all seinen Konflikten, ist noch nicht gesättigt. Ich will noch mal hin. In den zivilen Teil, nach Kabul. Ich verschweige das vor Tankred und den anderen. Die denken doch sowieso schon, ich hätte einen an der Murmel. Sage ich ihnen dann in ein paar Wochen. Jetzt erst mal in den Flieger nach Berlin. Dort wartet meine Familie auf mich. Ich freue mich.
Zweiter Teil
Zu Besuch in Kabul
Vorwort II
Der Gedanke, ein Buch über meine Erfahrungen in Afghanistan zu schreiben, beschäftigte mich schon bei der ersten Reise.
Mir war allerdings klar, dass die Camps der Bundeswehr vor Ort nicht das Land Afghanistan zeigen.
Entschuldigen Sie bitte den infantilen Vergleich, aber die Camps der deutschen Soldaten kommen in dieser Hinsicht jedem x-beliebigen Robinson Club irgendwo auf der Welt gleich. Man reist ja auch in diesem Fall nicht, um ein Land kennenzulernen, sondern man will zwei Wochen ausschließlich am Pool sitzen, Animateure um sich herum haben und möglichst durchgehend deutschen Standard antreffen.
Was ich damit sagen möchte: Es ist mir, ausschließlich hinter dicken Mauern eingesperrt, nicht möglich gewesen, das
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