Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
Straßen bevölkern, sondern bewaffnete Afghanen. Hier ist fast jeder bewaffnet. Ob in Uniform oder zivil. Die Männer tragen meist Gewehre.
Auf dem Weg aus dem Flughafen hinaus fährt man durch vier Schranken. Jede Schranke wird von afghanischem Militär und Polizisten bewacht.
Die vorherrschenden Farben sind Grau und Weiß. Grau sind die Mauern vor den Häusern. Anhand der Einschusslöcher sieht man, dass sie schusssicher sind. Weiß ist es, weil Schnee liegt. Im Hintergrund sehe ich hohe Berge. Es sind die gleichen, die ich im Sommer auch aus den Camps heraus gesehen habe.
Wir passieren die letzte Schranke vor dem Ende des Flughafengeländes.
Nach einer Viertelstunde Fahrt durch Kabul kommen wir im Viertel Shahr-E-Now in der New City von Kabul an. Die Straßen auf dem Weg dorthin sehen alle ziemlich gleich aus. Alle Häuser haben Mauern mit Stacheldraht, und es steht immer ein Wachhäuschen mit einem bewaffneten Wächter davor. Bei größeren Gebäuden sind die Mauern höher und mit grauen Tüchern, teilweise mit Einschusslöchern, verhängt, und es stehen mehr Wachhäuschen plus Wächter davor. So viele große Gebäude gibt es allerdings nicht. Die meisten sind flach. Oft sieht man auch nur die Mauern und kann lediglich vermuten, dass sich dahinter ein Haus befindet. Ab und zu erkennt man ein Geschäft oder Straßenhändler, die Obst, Wasser oder Brot verkaufen. Manche stehen mitten auf der Straße und klopfen an unsere Scheiben. Man sieht es nur, zu hören ist durch das dicke Panzerglas nichts.
Überall an den Straßenrändern stehen Werbeschilder. Geworben wird fast ausschließlich für das Telefonnetz und eine große Bank.
Unsere drei Geländewagen parken vor einer Mauer mit zwei Einfahrten. Unser Sicherheitschef hupt, schreit und telefoniert gleichzeitig. Dann geht ein Tor auf. Ein bewaffneter Wachmann lädt seine Kalaschnikow durch und schaut zu allen Seiten und auf die gegenüberliegenden Häuser, die Luft scheint rein zu sein. Wir sollen aber noch im Wagen bleiben. Erst steigen aus den einzelnen Autos die Fahrer und Sicherheitsleute aus. Dann sind wir dran. Unsicher betreten wir die Straße.
Wenn man ganz tief einatmet, kann man ein bisschen riechen, wie Kabul ohne Krieg riechen würde. Nach Bergen, Landschaft und Großstadt.
Wir gehen durch das Tor über einen Hof in das Gebäude. Wir grüßen alle Herumstehenden freundlich mit Salam Aleikum.
Im Haus riecht es nach Holzfeuer und Gas. Heimelig. Wie damals bei Oma. Unser Gepäck stellen wir in einen freien Raum. Dort stehen zwei große Schreibtische, eine orientalisch angehauchte Sitzgruppe und ganz zentral ein Holzofen, der aussieht wie ein Blechfass, in dem es brennt. Man darf ihm nicht zu nah kommen. Er ist noch heißer als Jorge Gonzalez auf Stöckelschuhen. Auf der Fensterbank liegt eine Pistole, daneben ein volles Magazin. Wir schauen uns an, legen unsere Sachen ab und gehen in den Raum nebenan, um begrüßt zu werden.
In einem Zwischenraum, der mit weißer Ölfarbe gestrichen ist, steht noch einmal der gleiche Ofen wie in dem anderen Zimmer. Zentral ist jedoch ein großer Tisch, auf dem bereits Brot, frisch geschnittenes Gemüse, Tomaten und Zwiebeln stehen. In einer kleinen Schale befindet sich gehackter grüner Knoblauch. Es riecht fantastisch.
Meine Reisegruppe hat sich im Vergleich zum letzten Mal ein kleines bisschen verändert.
Wieder mit dabei ist meine Managerin Kleo mit stündlich zunehmenden Rückenschmerzen. Auch wieder mitgekommen ist mein Realisator Tankred Lerch. Anstelle von Carsten, der eigentlich Marc heißt, ist diesmal Adrian als Fotograf und Kameramann dabei. Weil bei uns alle Kameramänner Carsten heißen, wollen wir Adrian auch so nennen. Das will er aber nicht. Das Prinzesschen. Alles klar. Wir taufen ihn trotzdem um. Ab jetzt heißt er für uns nur noch La Fee.
Unsere Gastgeber sind zu dritt. Da wäre zunächst einmal Christoph. Christoph ist der Vizepräsident von Channel One, dem ersten privat finanzierten TV-Sender Afghanistans. Channel One sendet landesweit Nachrichten und Unterhaltung. Vizepräsident bedeutet, dass Christoph für alles verantwortlich ist. Von der Entwicklung über den Einkauf von Sendungen bis hin zu der Entscheidung, was ausgestrahlt wird.
Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland würde es an dieser Stelle einen Stab von bis zu hundertvierunddreißig aktiven Mitarbeitern und ungefähr siebenundfünfzig pensionierten Beamten und Politikern geben. Aber in Afghanistan gibt es
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