Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
für Cobra 11.
Na ja, denke ich mir, Fehlgriffe beim Kauf von Serien können weltweit passieren.
Ein Format interessiert mich besonders. Es heißt Die Maske. Eine Sendung, in der man pro Folge jeweils eine Frau sieht, die durch eine Maske unkenntlich gemacht ist. Die Frauen, die in diesem Format auftreten, erzählen dann über Geschehnisse, die sie ungeschützt in der Öffentlichkeit niemals aussprechen dürften. Es geht meistens um schreckliche, für uns unvorstellbare Dinge. Gewalt, Vergewaltigung und Unterdrückung.
Natürlich ist diese Sendung reißerisch. Aber andererseits dient sie auch der Aufklärung und zeigt vielen Frauen in Afghanistan: schaut her, ihr seid nicht alleine.
Christoph zeigt uns einen kurzen Ausschnitt von Die Maske. Wir verstehen natürlich kein Wort, aber was wir sehen, verstrahlt eine düstere Stimmung. Ich schaue Kleo an. Sie schaut mich an. Wir müssen schlucken.
Channel One soll sich irgendwann durch Werbung selbst finanzieren. Christoph nennt uns den momentanen Werbepreis pro Minute, und ich hoffe, dass Mr Hashimy sehr viel Geld mit Benzin verdient hat, um noch lange durchzuhalten.
Alle Mitarbeiter des Senders sind von Christoph persönlich angelernt worden. Denn hier in Afghanistan gibt es aufgrund des Krieges keine Filmhochschulen oder Vergleichbares. Alles, was die Mitarbeiter bei Channel One können, haben sie sich untereinander und selbst beigebracht. Die Mitarbeiter lernen in ihrer Freizeit und bilden sich weiter.
Sie sind fast alle Anfang zwanzig. Viele von ihnen kommen bei der Arbeit zum ersten Mal mit dem anderen Geschlecht in Berührung und wissen nicht, wie sie mit so einer Situation umgehen sollen.
Die beiden erzählen uns die Geschichte einer jungen Mitarbeiterin, die morgens früh aufsteht, um ihre Geschwister zu versorgen, dann den Haushalt für ihren Vater und seine drei Frauen führt, dann zur Uni geht, mittags in den Sender kommt, dort arbeitet, um abends dann nach Hause zu hetzen, um für die Familie einzukaufen und zu kochen. Und wenn dem Vater irgendetwas nicht passt, wird sie geschlagen.
Aber die Arbeit bei Channel One macht ihr Spaß. Die Arbeit und der Umgang mit den Kollegen gibt ihr das Gefühl, etwas Nützliches zu tun.
Mr Hashimy verabschiedet sich von uns, und Christoph schlägt vor, eine Runde durch den Sender zu drehen, damit wir uns ein eigenes Bild machen können.
Vor dem Haus ist eine Veranda. Auf dem Weg in die Studios bleiben wir stehen, um eine Zigarette zu rauchen und die Informationen zu verarbeiten.
Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, zeigt Christoph auf ein hohes Gebäude, ein Hotel, nebenan und erzählt von ein paar Scharfschützen, die sich im Monat zuvor in einem Haus verschanzt hatten, um dieses Hotel stundenlang unter Beschuss zu nehmen.
Wir beginnen unseren Rundgang mit Bildern von dem angeschossenen Kabul-Star-Hotel im Kopf und besichtigen die Nachrichtenredaktion. Hier sitzen junge Leute, Männer und Frauen, an Computern und texten und schneiden.
Hotel »Kabul Star«
In einem kleineren Fernsehstudio darf ich auf dem Platz des Nachrichtensprechers Platz nehmen. Ich schaue mir die Texte für die nächste Sendung auf dem Teleprompter an. Entweder ist das Dari oder Paschtu. Auf jeden Fall kann ich es nicht lesen.
Das ganze Studio hat mit Sicherheit ungefähr fünfundzwanzig Millionen Euro weniger gekostet als das Nachrichtenstudio des ZDF, aber es funktioniert wunderbar. Auch wenn der Moderator hier nicht wie Hui Buh, das Schlossgespenst, durchs Bild wandern kann.
Im großen Studio findet alles andere statt. Da wird in einer Ecke eine tägliche Koch-Show aufgezeichnet, in einer anderen Kulisse die Sendung Die Maske. Und abends übernimmt ein afghanischer Komiker, und es wird eine Late-Night-Show ausgestrahlt. Alles in einem Studio. Die jeweiligen Kulissen werden auf dem Flur oder dahinter aufbewahrt.
Wir gehen in Christophs Büro, und nach einer letzten Zigarette verabschieden wir uns. Wir müssen weiter. Gleich sind wir mit Bahram in einem Kebab-Restaurant verabredet.
Im Kebab-Restaurant
Ein amerikanischer, ein russischer und ein afghanischer Soldat stehen jeweils vor ihren Generälen. Es soll festgestellt werden, wie hart sie im Nehmen sind. Der amerikanische Offizier schießt seinem Soldaten einen Scheitel. Er blutet am Kopf. Der Offizier fragt ihn: Und? Schmerzen? Der Soldat antwortet: Nein, Sir. Warum auch? Ich bin gut ausgebildet und habe ja keine Wunde!
Der russische Offizier schießt seinem
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