Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
weiterhin tun werde. Sehr wichtig ist ihm, zu erwähnen, dass der Friedensprozess in Afghanistan durch den pakistanischen Geheimdienst ISI immer wieder sabotiert werde. Dieser unterstütze die Taliban bei allen Bemühungen gegen Afghanistan.
Da mein Buch über Afghanistan ausschließlich in Deutschland erscheinen wird, interessiert mich, ob Sibghatullah Modschaddedi den in Deutschland lebenden Afghanen etwas ausrichten möchte.
Er sagt mir, dass er allen Afghanen in Deutschland seine wärmsten Grüße ausrichten lässt und ihnen sagen möchte, dass sie jederzeit in ihrem Land willkommen sind. Und wenn sie woanders eine neue Heimat gefunden haben, dann wäre es schön, wenn sie ihr neu erworbenes Wissen und Können mit den Afghanen zu Hause teilen würden. Auch wenn sie danach wieder in ihre neue Heimat zurückgehen möchten.
Am Abend zuvor
Plötzlich schlägt die Tür auf, und ein weiterer Mann betritt den Raum. Er läuft auf Modschaddedi zu und umarmt ihn. Sein bewaffnetes Gefolge bleibt draußen. Ich bin wieder verunsichert, aber man beruhigt mich. Bei dem Mann handelt es sich um Mohamed Alam Ezadyar, den stellvertretenden Parlamentspräsidenten von Afghanistan. Auch mit ihm tausche ich ein paar Höflichkeiten über Deutschland und Afghanistan aus. Modschaddedi fragt mich, ob ich Herrn Ezadyar auch etwas fragen möchte. Ja. Möchte ich, sage ich ihm. Mein Problem ist nur, dass mir in Stresssituationen die guten Fragen immer erst einen Tag später einfallen, füge ich hinzu. Modschaddedi lächelt. Na gut, meint er, dann müsse ich eben morgen wiederkommen.
Jetzt fällt mir doch noch eine Frage ein. Wie nimmt eigentlich die afghanische Regierung die Berichterstattung über Afghanistan in Deutschland wahr?, frage ich Herrn Ezadyar.
Erst einmal problematisiert er, genau wie zuvor Herr Modschaddedi, den ISI und dessen Wirken. Kein Selbstmordattentäter der letzten Jahre wäre aus Afghanistan gekommen, alle kämen aus Pakistan. Dann bedankt er sich für die Frage. Die wäre ihm so noch nicht gestellt worden, und er wäre froh, wenn in Deutschland und allen anderen Ländern das Wort Terror weniger mit den Afghanen als mit dem pakistanischen Geheimdienst in Verbindung gebracht würde. Zum Schluss sagt er, dass die Afghanen mit vielen Ländern Probleme hätten, mit Deutschland nicht.
Wir trinken ein Glas Tee, La Fee macht noch Fotos. Dann verabschieden wir uns.
Die Müllberge von Bagram
Es klopft an meiner Zimmertür. Die anderen sind fertig. Kleo steht mit gepackten Taschen auf dem Flur. Sie sieht elend aus. Hoffentlich kommt sie gut nach Hause. Auf das Hotelfrühstück verzichten wir, nehmen uns nur eine Tasse Kaffee und rauchen eine Zigarette am Pool.
La Fee schaut auf die Wasseroberfläche. Tankred starrt auf seine Füße. Ich spiele mit meinem Feuerzeug. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Wir sind nervös und aufgeregt.
Natürlich sind wir nervös und aufgeregt. Was wir heute machen werden, ist grenzwertig.
Gestern Nachmittag, als ich ins Hotel zurückgegangen bin, habe ich dort einen Mann kennengelernt, Omid. Wir kamen ins Gespräch. Er sprach fließend Deutsch, da er lange Zeit in Mühlheim gelebt und gearbeitet hatte, dann aber wieder zurück in seine Heimat Afghanistan gezogen ist. Omid ist Händler, er kauft zum Beispiel Schrott von den Amerikanern und verkauft ihn dann in Kabul weiter.
Er wollte von mir wissen, was der Grund meines Aufenthalts in Kabul sei. Ich erzählte ihm kurz, wer ich bin und dass ich gerade dabei wäre, ein Buch über meine Reisen nach Afghanistan zu schreiben. Die Idee gefiel Omid, und er machte mir einen Vorschlag. Du solltest dir die Müllberge der Amerikaner in Bagram ansehen und filmen. So was hast du noch nicht gesehen, sagte er mir. Bagram – die Stadt kam mir vom Namen her irgendwie bekannt vor. Später erfuhr ich, dass das der Ort war, an dem die Amerikaner im Februar 2012 einen Lastwagen voller Korane verbrannt hatten.
Man würde ihn, Omid, dort kennen, und falls die Wachen fragen sollten, wer wir seien, würde er ihnen erzählen, wir seien Großhändler, die auf der Suche nach Schrott sind. Die Idee gefiel mir mehr und mehr. Ich bin dabei , sagte ich Omid, der dann allerdings darauf hinwies, dass dieser Ausflug nicht ganz ungefährlich sei. Die Amerikaner hätten natürlich kein großes Interesse daran, dass dieser Umweltskandal an die Öffentlichkeit kommt.
Komplett in afghanischer Montur, mit Tüchern und Paschtu-Mützen, standen wir dann am nächsten
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