Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will - Zu Besuch in Afghanistan
tut, eigentlich richtig?
Was sich die Amerikaner die letzten zwanzig Jahre geleistet haben, das war auch nicht richtig. Ich frage mich auch manchmal, warum eigentlich die Amerikaner oder die NATO überhaupt noch in Afghanistan sind. Ganz ehrlich. Ich meine, sie hätten doch hier eine fantastische Luftwaffe schaffen können und einfach anstatt Hunderttausende Soldaten zehntausend militärische Ausbilder und Experten in diesem Land stationieren können, um die Afghanen auszubilden.
Die Kosten, die ihnen hier entstehen, die brechen ihnen doch in ihrem eigenen Land das Genick. Die können das hier doch kaum tragen, die Amerikaner haben Milliarden hier für die Stationierung ihrer Soldaten ausgegeben. Oder auch die Deutschen, wie viele Milliarden haben sie bisher hier ausgegeben?
Du siehst das doch in Kunduz oder Mazar. Die Soldaten sind nur in ihren eigenen Camps. Sie bauen immer nur weiter an ihren eigenen Camps.
KK: Das ist eine Stadt in der Stadt.
Bahram: Was nutzt das? Ich hätte es gut gefunden, wenn deutsche Ingenieure und militärische Experten sich hier zusammen mit Afghanen beteiligt hätten.
KK: Das war doch der Grundgedanke, oder? Man spricht immer davon, die Deutschen kommen, um Brunnen zu bauen, Krankenhäuser … merkt man davon was?
Bahram: Die deutsche Entwicklungshilfe ist hier natürlich auch sehr stark präsent. Aber das ist eine zivile Hilfe. Die Deutschen tun hier sehr viel, im Norden werden wirklich Straßen gebaut, die Deutschen bauen dort Schulen. Das finde ich wirklich fantastisch. Aber das hat nichts mit dem Militär zu tun. Man fragt sich, wozu ist diese militärische Macht in Afghanistan präsent? Um einfach mal zwei Tanker, die zufällig in irgendeinem Fluss im Kunduz steckten, durch den Befehl irgendeines Obersts, der vielleicht besoffen war und die Nachricht »Hallo, da sind zwei Tanker, und die Taliban holen sich da Benzin« bekam, zu bombardieren? Und zack, auf einmal hatten sie 150 Menschen getötet. Bis heute streiten sich die Gerichte darüber, warum der das getan hat.
KK: Der Mann wurde auch noch befördert.
Bahram: Das ist sehr interessant, was du sagst. Stimmt. Ich erinnere mich. Ich glaube, er hieß General Klein oder so, ja? Er ist, statt bestraft zu werden, in Deutschland sogar noch befördert worden. Weil der wahrscheinlich dachte, richtig zu handeln, als er mit einem Knopfdruck 150 Menschen töten ließ. Das gibt’s gar nicht.
KK: Die Presse hat ja darüber berichtet, dass die Verantwortlichen eigentlich hätten Bescheid wissen müssen.
Bahram: Weißt du, wie das eigentlich war? Tatsächlich haben Taliban zwei Tanker voll mit Sprit geklaut, die Tanker dann aber in irgendeinem Dorf zurückgelassen und den Dorfbewohnern gesagt, sie sollen sich das Benzin nehmen. Die haben Benzin verschenkt an die Leute. Und die Dorfbewohner, da sie keinen Strom haben, sind alle dahin mit ihren Kanistern, und auf einmal kommen diese Bomben von Herrn Klein.
Wieso, weshalb? Aus Angst kann man ganz große Fehler machen. Und man sieht tatsächlich, dass die Amerikaner, Engländer, Deutschen aus Angst sehr viele Afghanen hier getötet haben.
KK: Zivilisten …
Bahram: Ja, Zivilisten. Eine Hochzeit mit vier-, fünfhundert geladenen Gästen. Es ist eine alte Tradition bei einer afghanischen Hochzeit, dass, wenn das Paar vermählt ist, in die Luft geschossen wird. Auf den Moment, wo bei dieser Hochzeit in Orosgan jemand aus Freude in die Luft schoss, folgte der Einschlag einer Bombe. Die gesamte Hochzeitsgesellschaft wurde getötet. Aus Angst macht man manchmal ganz schreckliche Sachen. Man tötet.
KK: Aber auch, wenn man sich nicht vorbereitet, sich nicht mit dem Land, mit euch oder mit lokalen Verhaltensregeln auseinandersetzt …
Für mich ist das jetzt gerade eine komische Situation: Also, wir haben die Ansage bekommen, wir dürfen nicht rausgehen, sitzen jetzt hier aber trotzdem draußen auf dem Hof des Hotels. Eigentlich eine Situation, die uns in Panik versetzen müsste, aber ist irgendwie nicht so, oder?
Bahram: Nein. Man gewöhnt sich dran. Du bist auch schon das zweite Mal hier in Afghanistan, du gewöhnst dich da auch langsam dran. Du läufst hier wie ein Zivilist herum, eigentlich siehst du auch aus wie ein Afghane …
KK: Ich gebe mir Mühe.
Bahram: Aber, wie ich vorhin schon gesagt habe, in diesem Land darf Sicherheit nicht zur Routine werden. Man muss wirklich genau darauf achten, wie man sich bewegt, wo man sich bewegt und so weiter. Und Warnungen nehmen
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