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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Märchenbuch vom Teddy Uppo-Nalle vor. Sapperlot betrachtete die Bilder und lauschte, als ob er die Geschichte verstünde. Aber bald fielen ihm die Au-gen zu, und der Pastor trug ihn ins Bett. Der Pastor selbst arbeitete noch an seiner Predigt für den kommen­ den Sonntag, die er so gallig wie lange nicht formulieren wollte.
    In der Woche darauf erfuhr der Pastor, dass Saimi Rehkoila neuerdings im See fischte. An sich war das nicht weiter merkwürdig, der See war fischreich, und die Leute warfen darin gern ihre Netze aus. Aber Saimi Rehkola war, solange ihr Mann lebte, nie auf dem See gewesen, sondern war auf dem heimischen Hof geblie­ ben, hatte die Kühe betreut und die Küchenarbeit ge­ macht. Jetzt hatte sie also Geschmack am Rudern ge­ funden, hatte gelernt, mit Netzen umzugehen, und sich sogar bei den Nachbarn erkundigt, wo Santeris bevor­ zugte Stellen gewesen waren.
    Saimi lief außerdem in der Arbeitskleidung ihres Mannes herum und fuhr mit dem Traktor über die Felder. Früher hatte sie ihren Mann vom Küchenfenster aus bei der Feldarbeit beobachtet, und jetzt versuchte sie, denselben Grund selbst zu bestellen.
    Pastor Huuskonen vermutete, dass die Witwe an krankhafter Trauer litt. In den Sechzigerjahren, wäh­ rend seiner Studentenzeit, hatte er sich mit den Trauer­ theorien von Erich Lindemann befasst und konnte nun schlussfolgern, dass Saimis Reaktionen nicht ganz gesund waren. Es passiert manchmal, dass jemand, der einen ans Bett gefesselten Angehörigen bis zu seinem Tode betreut, hinterher bei sich dieselben Krankheits­ symptome feststellt, bettlägerig wird und von anderen gepflegt werden muss. Diese Person setzt also quasi die Krankheit ihres Schützlings fort, weil sie nicht anders mit dessen Tod fertig wird. Jetzt hatte Saimi Rehkoila angefangen, das Leben und die Arbeit ihres Mannes nachzuahmen, allerdings brannte sie zum Glück keinen Schnaps. Vermutlich wusste sie von dieser dunkelsten Seite ihres Mannes gar nichts.
    Pastor Huuskonen machte sich mit seinem Bären auf, um der Witwe wieder einen seelsorgerischen Besuch abzustatten.
    Der Bär tollte in der großen Stube nach Herzenslust umher, dabei zeigte er überhaupt keine Scheu vor der trauernden Witwe, sondern kletterte auf ihren Schoß und bettelte um Leckerbissen. Die Witwe holte ein Schweinsohr aus dem Brotkorb, wärmte es in der Mik­ rowelle auf und zerteilte es für den Bären in kleine Häppchen. Sapperlot fraß eifrig, bettelte um mehr und bekam es auch.
    »Bären sind wirklich reizend«, sagte die Witwe. Dann sprach sie über ihre Trauer, die ein wenig nachgelassen hatte:
    »Ich bin wieder mit Santeris Boot rausgefahren, habe gefischt und ziemlich viele Hechte und Brachsen gefan­ gen. Außerdem habe ich zwei Hektar Brachacker geeggt und noch die alte Dungbatterie auf den Kartoffelacker gefahren. Nächstes Jahr will ich Frühkartoffeln setzen. Das hatte sich Santeri auch immer vorgenommen, ob­ wohl er dann meist keine Kartoffeln in die Erde gebracht und eigentlich auch kaum ein Stück Boden richtig bestellt hatte. Ist es vielleicht Gottes Wille, dass ich Santeris unvollendete Arbeiten fortführe?«
    Der Pastor dachte bei sich, dass es in Haus und Hof jede Menge unvollendeter Arbeiten und halbfertiger Dinge gab. Laut sagte er:
    »Sie haben sich erholt, da Sie trotz ihrer Trauer im­ stande sind, ans Fangergebnis und die kommende Ernte zu denken. Gottes Korn gibt dem Menschen Kraft.«
    »Aber ich bin immer noch so schrecklich einsam. Es ist, als ob ich für all das bestraft würde. Ich habe nicht mal eine Katze und kann mir auch keine anschaffen, weil Santeri keine mochte.«
    »Ich könnte Ihnen meinen kleinen Bären tagsüber zur Betreuung geben. Vielleicht würde das gegen die Ein­ samkeit helfen?«
    »Oh, wirklich? Aber was würde Santeri dazu sagen?« Der Pastor hätte am liebsten geknurrt, dass sein Bär
    den toten Halunken nichts anging, aber er mäßigte sich und sagte:
    »Die Bären stehen unter Gottes besonderem Schutz, vor allem diese jungen.«
    Er erklärte der Witwe, dass er nach Helsinki zum Domkapitel zitiert worden sei, wegen einer Predigt, die er im Frühjahr gehalten hatte, und wegen einiger Zei­ tungsartikel, die dem Domprobst und dem Bischof nicht recht geschmeckt hatten. Er müsse in der Hauptstadt übernachten, somit ergebe sich die Frage, ob die Witwe den Bären für zwei Tage oder zumindest für eine Nacht betreuen könne. »Aber was sagt Ihre Gattin dazu, sie möchte den Bären sicher gern bei sich

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