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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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wieder aus dem Nebel auf­ tauchten. Es war Nacht, aber noch hell, denn im Norden geht die Sonne im Sommer nicht unter. Das Schiff hatte bereits Hammerfest passiert und nahm Kurs auf das nördliche Eismeer.
    Der Pastor war in wehmütiger Stimmung. Er hatte sein Heimatland verlassen und war auf dem Weg ins ferne Weiße Meer. Hatte er den Entschluss, die Reise anzutreten, zu vorschnell gefasst, ohne genau über die Folgen nachzudenken? Er war jetzt gewissermaßen Seemann und Zirkuskünstler, ein Gefühl, das immer noch fremd war.
    Sapperlot hatte während der Seereise dies und das gelernt. Er arbeitete als Gehilfe des Stewards in der Offiziersmesse. Wenn er nicht servierte, wischte er dort Staub, im Allgemeinen mit seinem eigenen Fell, das buschiger als ein Staubwedel war und alles schön sau­ ber hinterließ, es musste nur zuvor ein wenig ange­ feuchtet werden. Den Fußboden reinigte er ebenfalls, dazu wurde an jeder seiner Tatzen ein Lappen festge­ bunden, sodass er nur kreuz und quer durch die Messe zotteln musste, und in Rekordzeit war alles sauber. Zwischendurch spülte er seine Fußlappen im Wasserei­ mer aus, indem er jede Tatze einzeln hineintauchte.
    Nach zwei, drei Tagen würde das Schiff Murmansk erreichen, wo zweihundert Kreuzfahrtpassagiere an Bord kämen. Der Pastor war gespannt: Würde es ihm gelin­ gen, mit seinem Bären die Touristen zu unterhalten? Trainiert hatte er jedenfalls. Für die Schiffsandachten hatte er mehrere Manuskripte verfasst. Es sollte also eigentlich alles funktionieren. Während Huuskonen das diesige Meer betrachtete, dachte er über seine Lebenssi­ tuation nach. Er besaß nur ein altes Auto und einen jungen Bären, Ersteres würde er bei der Ankunft in Murmansk verkaufen, und Letzteren müsste er vermut­ lich im Herbst töten. Der Bär wäre dann ausgewachsen, und er könnte ihn mit seinem wenigen Geld nicht mehr ernähren. Sapperlot war schon jetzt ein großes Tier, die Risthöhe betrug fast einen Meter und das Gewicht mehr als hundert Kilo, er ergäbe ein prachtvolles Fell.
    Der Petz trabte ganz allein über das Deck, denn Huuskonen konnte sich nicht ständig um ihn kümmern. Sapperlot musterte die Rettungsboote und -flöße, und dabei fielen ihm die Rettungsübungen ein, die vor ein paar Tagen mit großem Getöse durchgeführt worden waren, als das Schiff in Kiel gelegen hatte, um Waren an Bord zu nehmen. Sapperlot hatte die Übung zusammen mit Huuskonen von Deck aus verfolgt, und jetzt hatte er den Einfall, dasselbe noch einmal ganz alleine zu veran­ stalten. Bären haben ein gutes Gedächtnis, und auf Sapperlot traf das ganz besonders zu. Er rüttelte am Gestänge des Motors, löste dadurch die Bremse und ließ mit den Tatzen langsam das Seil von der Bootswinde abtrommeln. Das zweite Halteseil sprang von der Gegen­ seite der Winde, und das schwere Boot senkte sich schnell ins Meer. Die Sache klappte ganz prima. Der Bär lugte über die Reling und sah, wie das Boot auf den Wellen aufschlug. Davon angespornt, machte er sich mit Zähnen und Tatzen über die Seile der Rettungsflöße her. Emsig arbeitend ließ er drei Flöße ins Wasser und war bereits mit dem vierten beschäftigt, als die Mannschaft auf das Geschehen aufmerksam wurde. Die Sirene begann zu heulen, und die Männer stürzten aufs Deck.
    Pastor Huuskonen hatte alle Hände voll zu tun, den Bären anzuleinen und in die Kabine zu bringen, wo er ihm eine deftige Tracht Prügel verpasste. Sapperlot begriff nicht, wofür er gezüchtigt wurde, und fletschte verärgert die Zähne, aber es half nichts, er musste sich fügen und hinnehmen, dass ihm der Pastor seinen Gürtel über den Rücken zog.
    Die Alla Tarasowa stoppte die Fahrt und stieß mit dröhnenden Dieseln zurück. Das zweite der Rettungs­ boote wurde ins Wasser gelassen und mit vier Ruderern besetzt. Sie holten zunächst das erste Rettungsboot zurück, das auf den grauen Wellen schaukelte, hievten es an Deck und holten anschließend die drei Rettungs­ flöße, von denen sich zwei bereits automatisch geöffnet hatten. Es dauerte zwei Stunden, bis alles wieder in Ordnung war und das Schiff die Fahrt fortsetzen konnte.
    Kapitän Leontjew kam zu Oskari in die Kabine. Er war ein wenig gereizt, aber nicht eigentlich wütend. Der Bär lag unter dem Tisch und schmollte.
    »Es tut mir Leid, dass Sapperlot Blödsinn angestellt hat, ich möchte mich wirklich dafür entschuldigen.«
    »Er ist ein tüchtiger Kerl, hat ganz allein ein Boot und drei Flöße

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