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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Männer. Dann versuchten sie, Huuskonen den Bären abzuschwatzen.
    »Verkauf uns den Burschen! Wir nehmen ihn mit nach Finnland, können unsere Hunde an ihm ausbilden und müssen nicht mehr extra hierher fahren.«
    Pastor Huuskonen überlegte kurz, beschloss dann aber, seinen Bären zu behalten. Es wäre herzlos gewe­ sen, ihn zu verkaufen, noch dazu für eine Arbeit, bei der er Tag für Tag mit wütenden Bärenhunden hätte kämp­ fen müssen.
    »Wahrscheinlich ist er sowieso zu zahm für uns«, trös­ teten sich die Männer, als Oskari mit seinem Bären weiterging. In einem Warenhaus kaufte er für sich selbst zwei dicke Pelzmützen und für den Bären einen Fress­ napf aus Aluminium. Viel mehr war dort ohnehin nicht im Angebot. Vor der Rückkehr aufs Schiff besuchte er noch das Kriegsmuseum von Murmansk, wo auf ein­ dringliche Weise die ungeheuren Anstrengungen der einheimischen Hafenarbeiter im Zweiten Weltkrieg sichtbar wurden. Sie hatten die Schiffe mit dem Kriegs­ gerät der westlichen Alliierten entladen müssen, wäh­ rend die deutschen Flugzeuge pausenlos Stadt und Hafen bedrängten und bombardierten.
    In den frühen Morgenstunden wurde die Alla Taraso­ wa vom Kai losgemacht und in den Fjord geschleppt, von wo sie im fahlen Licht der Sommernacht auf ihre erste Kreuzfahrt ging. Nach Verlassen des Fjords gelang­
    te sie ins Eismeer und nahm Kurs nach Osten. Beim Frühstück verlangten die finnischen Frauen richtigen Kaffee, mussten sich aber mit russischem Tee zufrieden geben. Sie schlürften das Getränk und schimpften, dass dieses Schiff nicht mit den Schwedenfähren zu verglei­ chen sei.
    Später sagte Pastor Huuskonen im zentralen Schiffs­ funk an, dass Interessenten die Möglichkeit hatten, an einer evangelischen Andacht im Speisesaal teilzuneh­ men. Tatsächlich kamen etwa fünfzig Passagiere, für die Huuskonen eine Rede hielt und ein Gebet sprach, wäh­ rend Sapperlot auf den Hinterbeinen neben ihm stand und zum Gebet die Tatzen faltete. Es herrschte eine wirklich angenehme und andächtige Stimmung.
    Am Abend absolvierte Oskari Huuskonen dann seinen ersten eigentlichen Zirkusauftritt im Nachtklub. Das Schiff befand sich bereits östlich der Halbinsel Kola, und einige Passagiere hatten einen Weißwal unmittelbar neben der Alla Tarasowa auftauchen sehen. Huuskonen erzählte dem Publikum von der Natur des Nördlichen Eismeeres und anschließend alles über Bären, was er wusste. Sapperlot machte dazu die Kunststücke, die er gelernt hatte, und agierte auf der Bühne nach Huusko­ nens Anweisungen, erst spielte er das wilde Tier, brummte und fletschte die Zähne, er rollte sich auf dem Fußboden zusammen, als hielte er Winterschlaf. Zum Abschluss zeigte Huuskonen dann, welche menschli­ chen Fähigkeiten der Bär nach seiner Zähmung erlangt hatte: Er wischte sich den Hintern ab, bürstete sich die Zähne, wusch Wäsche, bügelte Hosen und Hemden, servierte Tee und machte die gesamte Bühne sauber. Zwischendurch tanzte er tapsend Polka und Jenkka, und beides klappte recht gut. Zum Abschluss des Pro­ gramms bekreuzigte er sich, und Huuskonen verlas dazu eine lange orthodoxe Litanei. Mit Tränen der Rüh­ rung in den Augen spendeten die Zuschauer freneti­ schen Beifall, der Auftritt hatte wunderbar geklappt, und man bemerkte:
    »Das war absolut gekonnt! Ist er wirklich ernsthaft religiös?«
    DER BÄR VERSCHWINDET IM WALD
    Die Alla Tarasowa umfuhr die Halbinsel Kola, nahm Kurs nach Süden und fuhr durchs Weiße Meer in Rich-tung Archangelsk. Oskari Huuskonen hielt täglich An­ dachten ab, und jeden Abend trat er mit Sapperlot im Nachtklub auf. Der Bär gewöhnte sich schnell ans Pub­ likum, lernte neue Kunststücke und genoss sichtlich seine Auftritte. Oskari Huuskonen brachte ihm bei, nach den einzelnen Programmnummern Geld zu sam­ meln, und es waren recht hübsche Summen, die da zusammenkamen.
    Nach vier Tagen erreichte das Schiff Archangelsk, wo Oskari Huuskonen Gelegenheit bekam, unter Kapitän Leontjews Führung die Stadt zu besichtigen. Es war eine nordische Metropole, gebaut an einem tief liegenden Flusslauf, sie war von kalter Klarheit und ziemlich ver­ fallen. Das aus Beton gegossene Zentrum war geprägt von der Prunksucht der Sowjetmacht, aber gleich dahin­ ter lagen Siedlungen mit windschiefen Holzhäusern, an denen der arktische Winter seine Spuren hinterlassen hatte. Die eisigen Winde hatten die Mienen der Men­ schen hart und starr gemacht, bei den jungen Männern

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