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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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werde dem­ nächst eintreffen, berichtete Tanja, als sie mit den Fahr­ karten zurückkam. Der Zug verspätete sich dann aller­ dings um mehr als eine Stunde. Beelzebub machte auf dem Bahnsteig von Kem seinen ersten Haufen seit dem vergangenen Herbst, er roch interessiert daran, bis der Pastor den Klumpen mit einem Fußtritt auf die Schienen beförderte und den Bären aufforderte, sich anständig zu benehmen.
    Sie trauten sich nicht recht, in die Bahnhofshalle zu gehen, sondern warteten draußen im morgendlichen Frost auf den Zug. Huuskonen entlud inzwischen die Fuhre. Als später Reisende und Bahnbeamte auftauch­ ten, verkaufte Tanja den Schlitten an einen bärtigen Bahnwärter, der ihn für Angelausflüge auf dem Eis benutzen wollte. Der Mann bezahlte recht anständig, nämlich zweitausend Rubel und eine ungeöffnete Wod­ kaflasche. Huuskonen schraubte die Flasche sofort auf und nahm einen Schluck. Tanja verzichtete, aber der Bahnwärter sagte nicht nein.
    Als der Schnellzug endlich schnaufend einfuhr, stie­ gen die drei rasch in einen Wagen zweiter Klasse, Huuskonen und Beelzebub luden das Gepäck ein, der Bär war dabei eine gute Hilfe, er ging mit den Koffern um, wie es sich für einen Diener gehörte. Die Ausbil­ dung, die er im vergangenen Herbst genossen hatte, wirkte noch. Der Bär hatte wirklich die Kraft von neun Männern und den Verstand von zwei Frauen.
    Huuskonen und die Seinen belegten ein ganzes Abteil, denn sie hatten eine Menge Gepäck, außer den Koffern noch Tanjas Nähmaschine und Beelzebubs Bügeleisen. Der Zug setzte sich ruckend in Bewegung. Der Pastor zog ein kleines Buch aus der Tasche und las den Text des Tages. Es war Montag, der vierzehnte März, und die
    betreffende Zeile aus Psalm 122 lautete: »Ich freute mich über die, so mir sagten: Lasset uns
    ins Haus des Herrn gehen!«
    Bald öffnete sich die Abteiltür, und der Schaffner steckte den Kopf herein. Er starrte verdutzt auf Beelze­ bub, dem ein Platz am Fenster zugewiesen worden war. Tanja reichte dem Mann die Fahrkarten, die St. Peters­ burg als Ziel auswiesen, es waren drei Stück, der Bär hatte bezahlt.
    »Es dürfte weder angebracht noch legal sein, dass ein Raubtier mit den Menschen im selben Waggon fährt. Ist der Bär nicht gefährlich?«
    Tanja streichelte Beelzebubs Fell und behauptete, dass er keineswegs wild, sondern gezähmt und ganz lieb sei.
    »Trotzdem… vielleicht sollten Sie ihn in den Güterwa­ gen bringen.«
    Tanja fragte, welche Vorschrift und welcher Paragraph es verboten, zahme Haustiere in russischen Zügen mitzunehmen.
    »Sie haben ein recht großes Haustier.« Pastor Huuskonen räusperte sich bedeutungsvoll und
    knuffte Beelzebub, der dumpf zu brummen begann. Also stempelte der Schaffner rasch die Fahrkarten ab und wünschte eine gute Reise.
    Einige Passagiere wollten sich in das Abteil setzen, aber als sie den Bären sahen, schlossen sie schnell die Tür und suchten sich anderswo Sitzplätze.
    Nach einer Stunde traf der Zug in Belomorsk, dem früheren Sorokka, ein. Pastor Huuskonen erzählte Tan­ ja, dass die Finnen im letzten Krieg die Eroberung dieser Stadt geplant hatten.
    »Warum das? Hier gibt es doch nichts Wertvolles, es ist ein elendes Kaff, auch heute noch«, sagte sie verwun­ dert.
    Huuskonen erklärte ihr, dass die Stadt ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt sei, während des Krieges seien die von Murmansk kommenden Züge hier durchgefah­ ren, und über diese Strecke hätten die westlichen Alli­ ierten die Sowjetunion wesentlich unterstützt. Wäre die Strecke unterbrochen worden, hätte die Rote Armee kein Kriegsmaterial bekommen – keine Panzer, keine Flug­ zeuge, Kanonen, Geschosse, keinen Brennstoff und keine Lebensmittel.
    »Aha.«
    »Die Deutschen hatten Finnland gedrängt, Sorokka anzugreifen und die Bahnstrecke zu besetzen. Das Ergebnis des Krieges wäre wahrscheinlich ein anderes gewesen, wenn die Finnen Sorokka erobert und die Bahnlinie unterbrochen hätten. Zumindest hätte der Krieg an der Ostfront ein Jahr länger gedauert.«
    »Gut, dass ihr es nicht getan habt«, sagte Tanja dank-bar.
    Huuskonen nahm einen Schluck aus der Wodkafla­ sche.
    »Tja… Mannerheim gab keinen Angriffsbefehl, obwohl viele Generäle ihn dazu aufforderten. Er ahnte schon sehr früh, dass Deutschland den Krieg verlieren würde, also war es überflüssig, Sorokka anzugreifen. Manner­ heim hoffte, Stalin würde in den Friedensverhandlungen berücksichtigen, dass die Finnen die Murmansker

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