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Ein Bär im Betstuhl

Titel: Ein Bär im Betstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Bahnstrecke nicht zerstört hatten, obwohl es ihnen möglich gewesen wäre.«
    Tanja fragte, ob Stalin die Finnen nach dem Krieg da­ für belohnt hatte, dass sie Sorokka verschont hatten.
    »Von wegen! Finnland musste hohe Reparationen zah­ len, und uns wurden Karelien, Salla und Petsamo weg­ genommen.«
    Huuskonen nahm wieder einen Schluck Wodka und fuhr fort:
    »Immerhin wurde dadurch, dass der Weltkrieg ein ganzes Jahr kürzer war, das Leben von Millionen Solda­ ten geschont. Ich schätze mal, dass es sich um etwa zwei Millionen Deutsche, drei Millionen von euren Leu­ ten und eine Million Engländer, Amerikaner und andere westliche Alliierte, dazu vielleicht noch eine Million Japaner gehandelt haben dürfte.«
    Tanja rechnete:
    »Das sind zusammen acht Millionen.« »So in etwa«, bestätigte Oskari.
    »Du solltest nicht dauernd Wodka saufen.« Mit diesen Worten beendete Tanja das Gespräch über die nicht erfolgte Eroberung Sorokkas und deren enorme Bedeu­ tung.
    Der Schaffner tauchte in Abständen immer wieder auf und bat die beiden, den Bären in einen anderen, für Tiere vorgesehenen Waggon zu bringen, Huuskonen weigerte sich jedoch.
    Der Zug ratterte den ganzen langen Märztag durch eintönige Landschaften. Huuskonen schlürfte Wodka und den im Wagen angebotenen Tee, schließlich schlief er ein. Auch der Bär schlief. Tanja kaufte auf einer Station Brot und estnische Fischkonserven und machte Proviant zurecht. Der Bär mochte noch nicht fressen, aber Huuskonen und Tanja aßen mit gutem Appetit.
    Spätabends fuhr der Zug über den Swir und kam nach Lodeinoje, auf Finnisch Lotinapelto. Huuskonen wurde munter:
    »Die Eroberungen der Unseren in Russland reichten einst bis hier«, berichtete er stolz.
    Hier, am Ufer der Swir, hatten die Truppen jahrelang in Stellung gelegen. Bis an den Ural waren sie allerdings nicht gekommen, das musste nachträglich zugegeben werden.
    »Aber wollen taten sie schon«, brabbelte Huuskonen trunken und schlief wieder ein.
    In der Nacht, als Pastor und Bär fest schliefen, nahm der Schaffner all seinen Mut zusammen, kam ins Abteil und verlangte, dass der Bär ausquartiert würde. An­ dernfalls würde ihn das Personal irgendwo im Wald, wohin er ja eigentlich gehörte, aus dem Zug schmeißen.
    »Wecken Sie keinen schlafenden Bären auf«, warnte Tanja ihn.
    Huuskonen und Beelzebub erwachten jedoch von dem Wortwechsel. Der Bär wurde wütend und schleuderte den Schaffner mitsamt der Tür auf den Gang. Der arme Mann flüchtete, mit dem Bären auf den Fersen, ans andere Ende des Waggons. Jetzt griff Tanja ein und kommandierte den Bären zurück, sie forderte Huusko­ nen auf, ebenfalls nach Beelzebub zu rufen.
    »Er beißt nicht, will bloß spielen«, sagte der Pastor beruhigend.
    Nach einiger Zeit kam der Bär ins Abteil zurück, in seinem Maul hing ein Ärmel der Uniformjacke des Schaffners. Tanja brachte ihn dem Schaffner zurück und entschuldigte sich bei ihm herzlich für den Vorfall.
    »Ihr Finnen seid schrecklich«, seufzte Tanja, während sie die Abteiltür wieder einhängte.
    In den frühen Morgenstunden lief der Zug auf dem St. Petersburger Ostbahnhof ein. Pastor Huuskonen wankte als Erster – in jeder Hand einen Koffer – zur Taxihalte­ stelle, dort fragte er nach dem Preis für eine Fahrt zum nächstgelegenen bezahlbaren Quartier.
    »Hundert Dollar«, verlangte der Fahrer frech. Inzwischen war jedoch auch Tanja angekommen und
    beschimpfte den Fahrer wegen des Wucherpreises. Der Mann senkte den Preis um die Hälfte. Als jedoch schließlich auch der Bär angetrabt kam, in einer Tatze einen schweren Koffer und in der anderen das Bügelei­ sen, erklärte der Fahrer beflissen, dass er die Herrschaf­ ten umsonst kutschieren werde. Er fuhr sie zu einem großen Hotel nahe dem Stadtzentrum.
    »Wir haben nichts frei«, erklärte der heruntergekom­ mene Mann an der Rezeption einer alten Routine fol­ gend. Aber als Huuskonen den Bären knuffte und der drohend zu knurren begann, fand der Mann sofort ein geräumiges Zimmer mit einem zusätzlichen Bett für den Bären und trug sogar bereitwillig die Koffer auf die Etage, während der Bär das Bügeleisen trug. An seinen Platz am Empfangstresen zurückgekehrt, überlegte der Mann einen Augenblick, wählte dann die Nummer der nächsten Milizstation und machte Meldung.
    »In unserem Hotel ist vorhin ein lebender Bär abge­ stiegen… Bei ihm waren ein betrunkener finnischer Pastor und eine einheimische Funkerin. Ist es nicht

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