Ein Bär im Betstuhl
hielt Huuskonen Ausschau nach dem Fahrer des Sauna-Autos. Die Aufgabe war nicht schwer, in den Abendstunden erschien in der Bar ein müder Mann in den Vierzigern, der sich beim Bären einen Krug Bier bestellte. Es zeigte sich, dass er Finne war. Erfreut machte sich der Pastor mit ihm bekannt.
Der Mann stellte sich als Handelsvertreter David Sinkkonen vor, der mehrere finnische Holzhausherstel ler vertrat. Er war seit vier Jahren ununterbrochen im Ausland unterwegs, zuerst in den nordischen Ländern und Mitteleuropa und neuerdings im Mittelmeer.
»In Deutschland, in Österreich und auch in den ita lienischen Alpen habe ich Dutzende Blockhäuser und Saunen verkauft, in den ersten Jahren an die fünfzig Stück pro Jahr. Aber dann reizte es mich, in die Region südlich der Alpen zu fahren, und ich muss gestehen, dass es ein Fehler war. Die Leute in diesen Mittelmeer ländern wissen anständige finnische Blocksaunen nicht zu schätzen, und saunieren können sie gleich gar nicht.«
Der Bär kam, um den Tisch abzuwischen. Der Pastor fragte seinen neuen Bekannten, ob er sich nicht darüber wundere, dass ein Bär als Barmann arbeite.
David Sinkkonen war von dem haarigen Kellner nicht sonderlich beeindruckt. Er bemerkte nur müde:
»Ich habe in meinem Leben schon größere Wunder gesehen. Besonders in den letzten Jahren habe ich einiges mitgemacht.«
Handelsvertreter Sinkkonen war geschieden, seine Ehe war kinderlos geblieben. Beide Eltern waren tot, andere Verwandte hatte er nicht. An seine Freunde in Finnland mochte er sich nicht erinnern. Sein Leben war einsam und neuerdings auch elendig arm. Das letzte Blockhaus hatte er in Bosnien verkauft, es war zum Unterstand für die bosnischen Truppen umfunktioniert worden, man hatte das schöne, aus gehobelten Balken gefertigte Gerippe im moderigen Gebirgsland vergraben, der vereinbarte Kaufpreis war nie bezahlt worden. Die Herstellerfirma hatte ihm mitgeteilt, dass er kein zweites Mal in Kriegsgebieten solche Geschäfte tätigen solle. Saunen eigneten sich besser für friedliche Zwecke.
Sinkkonen leerte sein Glas. Er sagte, dass er auf dem Autodeck in seiner Sauna übernachten werde, er habe nicht das Geld für einen Kabinenplatz. Er wohne schon ein ganzes Jahr lang in der Vorführsauna, die er auf der Ladefläche seines Autos aufgebaut habe. Sie sei schon ziemlich heruntergekommen und eigne sich eigentlich nicht mehr zum Vorführen.
»Es wäre schon ein ziemliches Wunder, wenn ich überhaupt noch mal ein Geschäft abschließen kann«, sagte er deprimiert und wünschte dem Pastor eine gute Nacht.
EIN FINNISCHER SAUNA - ABEND
AUF MALTA
Piräus in Griechenland, Salerno in Italien, Syrakus in Sizilien und endlich der einsame Felsenstaat Malta! Hier waren zu jener Zeit, als die Insel noch zur äußersten Landspitze Afrikas gehört hatte, die Nashörner umher gewandert. Aber die bebenden Kontinente hatten sich getrennt, und so war Malta im offenen Mittelmeer allein geblieben, zwischen Afrika, Arabien und Europa, fern von allem, so wie das vergessene Solowezk im kalten Norden.
Die Oihonna fuhr in der Nacht langsam dem riesigen Hafen und den beleuchteten Festungsmauern von Val letta entgegen. Die aus Jerusalem und Zypern vertriebe nen Kreuzritter hatten die Mauern im späten Mittelalter
errichten lassen, und während des Zweiten Weltkrieges waren die Festung und der steinharte Hafen wohl noch schwerer bombardiert worden als Pearl Harbor im Stil len Ozean oder Murmansk im Nördlichen Eismeer.
Die gelben Sandsteinmauern leuchteten, von Schein werfern vergoldet, und ihre kilometerlangen, gewaltigen Umrisse spiegelten sich im türkisblauen Meer. In der windstillen Nacht regte sich kaum eine Welle. Der An blick des Ortes war überwältigend schön, und sämtliche Passagiere hatten sich an Deck versammelt, darunter natürlich auch Pastor Huuskonen, Tanja Mihailowa, David Sinkkonen und Beelzebub, Letzterer lehnte an der Reling und nahm, das Maul zum Nachthimmel emporge reckt, nach der langen Seefahrt die Witterung der be wohnten Insel auf. Seine Nüstern bebten, und seine Oberlippe flatterte, denn von der Insel wehten ihm viele erregende Botschaften entgegen.
David Sinkkonen rauchte und musterte kritisch die vorbeigleitenden Mauern, während Schlepper die Oihon na an einen großen Kai in Senglea zogen. Nüchtern konstatierte er:
»Ein steiniger Ort.«
Die Oihonna legte zwischen riesigen Tankern an, sie wirkte wie ein Rindenboot zwischen Badewannen. Da es
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