Ein Bär im Betstuhl
eine Funknachricht zu schicken und ihr mit zuteilen, dass er und der Bär auf einem Passagierschiff namens Oihonna angeheuert hatten und derzeit im Mittelmeer unterwegs waren. »Es wäre schön, wenn du, Saimi, herkommen und einen richtigen Schiffsurlaub machen könntest, sofern du von der Feldarbeit ab kömmlich bist. Auch der Bär würde sich bestimmt freuen. Er heißt jetzt Beelzebub, denn er ist schon fast ausgewachsen.« Zum Schluss fügte Huuskonen noch den Zeitplan des Schiffes und die Namen der Orte hinzu, die es im Sommer anlaufen würde: Zypern, Kreta, Haifa, Piräus, Salerno, Syrakus, Malta…
Im Hafen von Iráklion auf Kreta wartete nicht nur Presse, sondern es waren extra zwei Fernsehteams eingeflogen worden, eines sogar aus Italien. Routiniert absolvierten der Pastor und der Bär ihre Fernsehauftrit te. Die Schauandacht wurde an Land abgehalten, denn die im Hafen versammelten Neugierigen hätten nicht alle aufs Schiff gepasst. Etwa tausend Menschen wollten unbedingt das seltsame Weltwunder sehen, den from-men Bären, der die unglaublichsten Kunststücke mach-te. Das Geld floss nur so, jedes Mal, wenn der Bär nach einer gelungenen Programmnummer zu seinem Herrn zurückkam, war der Klingelbeutel voll, in den verschie densten Währungen, Drachmen, Lire, Peseten, Dinare, sogar Dollar.
In Haifa, Israel, fand die Veranstaltung auf einem großen Platz am Ufer statt. Mehr als tausend Menschen versammelten sich. Hier erbrachte die Kollekte fünftau send Dollar. Es war Dienstag, der 20. Juni, und der Text des Tages aus dem 1. Brief des Paulus an Timotheus, Kapitel 6, Vers 9 lautete:
»Denn die da reich werden wollen, die fallen in Versu chung und Stricke und viel törichte und schädliche Lüste, welche versenken die Menschen ins Verderben und in Verdammnis.«
In Haifa trat auch ein Eiferer auf, der Huuskonen re ligiöse Gotteslästerung vorwarf und seine Ausweisung aus dem Judenstaat forderte, denn er fand es unpas send, ein Raubtier Glaubensdinge vermitteln zu lassen. Auch die Tatsache, dass ein evangelischer Pastor mit großem Getöse durch die Welt zog und die Religionen lächerlich machte, war eine grobe Verunglimpfung, war Sektierertum der schlimmsten Sorte. Zur Unterstützung seiner Behauptungen las der Mann der Presse Abschnit te aus Huuskonens Verlautbarungen, die es tatsächlich in sich hatten. Huuskonen hatte demzufolge einem Journalisten gegenüber behauptet, dass sein zahmer Bär die Inkarnation Jesu sei.
Pastor Huuskonen erinnerte sich nicht, derlei geäu ßert zu haben, aber Tanja flüsterte ihm zu, dass er es in ihrer Funkerkabine gebrabbelt hatte, als das Schiff durch die Dardanellen fuhr. Der Pastor war zu dem Zeitpunkt stockbesoffen gewesen.
»Verflixt, warum hast du mir nicht das Maul ge stopft?«
»Einen betrunkenen Pastor bringt nicht mal Gott zum Schweigen, wie ein altes russisches Sprichwort sagt.«
Die Situation auf der Veranstaltung spitzte sich zu, und die hitzigsten Männer wollten handgreiflich werden und den Pastor verprügeln. Es blieb allerdings bei der bloßen Absicht, denn der Bär eilte zu Hilfe. Er sauste wie eine behaarte Kanonenkugel ins Publikum und jagte die Eiferer, die den Pastor angegriffen hatten, in die Flucht. Auf dem Platz blieben nur die Sandalen der Geflüchteten zurück. Huuskonen war froh, Haifa verlas sen zu können und ohne größere Schäden davonge kommen zu sein.
Die Oihonna war fast leer, als sie nach Zypern zu rückkehrte, wo neue Passagiere an Bord kamen. Wie gewohnt hielten der Pastor und sein Bär ein paar An dachten in Limassol. Der Erfolg war passabel.
In Zypern fuhr ein staubiger kleiner Lastwagen auf das Autodeck der Oihonna, ein Bedford aus den Siebzi gerjahren, auf dessen Ladefläche eine aus Balken ge zimmerte finnische Sauna stand. Das Häuschen war nur zwei Meter breit und drei Meter lang, es hatte eine kleine Terrasse, einen Schornstein aus Blech und rußige Fenster. Das Dach bestand aus schwarzer Teerpappe, und die Wände waren rot angestrichen. Ein wirklich hübsches Objekt, aber was machte es hier im östlichen Mittelmeer, auf einer Autoladefläche, und wo brachte man es hin? Pastor Huuskonen hatte auf seiner Reise die seltsamsten Dinge erlebt, aber eine finnische Block-sauna hatte er auf den Weltmeeren noch nicht gesehen. Wie dem auch sei, Heimweh überkam ihn, es war lange her, seit er ein richtiges Dampfbad genommen hatte.
Als die Oihonna wieder auf dem Meer war, mit Kurs auf Kreta und Malta,
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