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Ein Ballnachtstraum

Ein Ballnachtstraum

Titel: Ein Ballnachtstraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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leicht verkniffene Zug um ihre Mundwinkel ließ ihn wissen, dass ihr Lebenswandel nicht so untadelig war, wie sie ihm glauben machen wollte. „Wie ich hörte, sind Sie ein gefährlicher Mann, Drake Boscastle, stimmt das?“
    Er lächelte. „Das zu beurteilen, bleibt Ihnen überlassen.“
    Eloise verbarg ihre Enttäuschung hinter einem argwöhnischen Blick, als der nächtliche Besucher die Diele betrat. Eine entfernte Ähnlichkeit mit dem anderen Herrn war nicht zu leugnen; auch der späte Gast war ein gut aussehender Mann, mit kurz geschnittenem schwarzen Haar und markanten Gesichtszügen. Aber sie hatte ihn nie zuvor gesehen. Unbewusst trat sie ein paar Schritte zurück.
    Gütiger Himmel, sie hatte mitten in der Nacht einen völlig Fremden ins Haus gelassen. Der alte Heston hatte wohl wieder einmal recht. Dieser Mann konnte nur schlechte Nachrichten bringen. Sie bereitete sich innerlich auf eine Schreckensmeldung vor.
    „Ich bin Miss Goodwin und arbeite als Gouvernante in diesem Haus“, erklärte sie in angemessener Höflichkeit. „Ist etwas passiert? Wurde Miss Thornton gefunden?“
    Der Fremde zog die schwarzen Brauen hoch. Ihre Frage traf ihn offensichtlich unerwartet. „Wird sie vermisst?“
    Eloise hätte sich auf die Zunge beißen können. „Ich meine, wurde ihr Fächer gefunden? Sie hat ihn auf dem Ball verlegt.“
    „Verstehe“, sagte er gedehnt nach einer kurzen Pause.
    Er weiß, dass ich gelogen habe, dachte Eloise verwirrt, schien aber höflich genug zu sein, nicht darauf einzugehen. „Sind Sie gekommen, um Lord Thornton zu sprechen?“
    Der Fremde schaute sich neugierig in der Diele um. Eloise und Freddie tauschten bange Blicke. Er wirkte nicht wie ein Schuldeneintreiber, aber noch hatte der Mann sein Anliegen nicht geäußert. „Ich weiß nicht, ob Lord Thornton meinen Namen erwähnt hat. Ich bin Sir Gabriel“, erklärte er endlich. Und auf ihren verständnislosen Blick fügte er hinzu: „Ich habe Ihren Dienstherrn zum Duell gefordert.“
    Eloise hob das Kinn. Das war also der andere Spieler …
    „Er ist nicht im Haus“, erwiderte sie abweisend. „Und ich habe keine Ahnung, wann er zurückkehrt.“
    „Aha.“ Er musterte sie mit verhaltener Neugier. „Wie schade. Ich wollte ihm die Chance einer offiziellen Entschuldigung wegen seines Falschspiels anbieten. Vielleicht sollte ich warten?“
    Eloise lehnte sich zurück und streifte mit der Schulter die Tapete, die bereits seit Wochen abgerissen in Streifen von der Wand hing und längst hätte erneuert werden müssen, wie ihr merkwürdigerweise durch den Kopf schoss. „Er ist nicht im Haus“, wiederholte sie. „Ich weiß nicht, wann er wiederkommt oder wo Sie ihn finden könnten.“
    „Ein verzweifelter Mann ist unberechenbar und zu mancher Dummheit fähig“, bemerkte er sinnierend.
    Richtig, stellte Eloise bitter für sich fest. Unberechenbar und verantwortungslos, das traf den Nagel auf den Kopf. Welcher Dienstherr würde sie in Stellung nehmen, wenn er erfuhr, dass sie für einen notorischen Schuldenmacher und Falschspieler gearbeitet hatte, der bei Nacht und Nebel untergetaucht war. Und was würde ein künftiger Dienstherr von einer Gouvernante halten, die zugelassen hatte, dass ihr Schützling sich nachts heimlich aus dem Staub machte? Das alles warf kein gutes Licht auf sie. Niemand würde bedenken, dass Thalia sich selbst leichtfertig in Gefahr gebracht und ihren Ruf gedankenlos aufs Spiel gesetzt hatte. Niemand. Man würde Eloise die Schuld daran geben.
    Sie richtete den verzagten Blick an Sir Gabriel vorbei und starrte für einen Moment in den milchigen Schein der Gaslaterne auf der Straße, in dem Nebelschwaden gespenstisch waberten. Nur noch zwanzig Tage. „Ich bin verloren, wenn sie nicht bald nach Hause kommt“, überlegte sie laut. „Ihr Verlobter wird außer sich sein, wenn er davon erfährt, und seine Mutter - barmherziger Gott, was soll ich ihr nur morgen sagen?“
    Sir Gabriel stutzte. „Sprechen Sie von Miss Thornton?“
    Eloise sah düster zu ihm auf. Welchen Sinn hatte es schon, weiterhin eine höfliche Fassade zu wahren? „Ja“, antwortete sie voller Groll. „Sie ist weggelaufen, genau wie ihr Bruder. In ein paar Wochen soll die Hochzeit stattfinden. Aber heute beim Ball traf sie sich mit einem Mann …“
    „Etwa mit Percy Chapman?“
    Eloise nickte resigniert. Selbstvorwürfe brachten Sie jetzt auch nicht weiter. Wenn man sie ins Gefängnis steckte, hätte sie alle Zeit der Welt, in Selbstmitleid zu

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