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Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen

Titel: Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda Curnyn
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mal? Zwei Jahre?“
    „Dreieinhalb.“ Er erschauerte. Ich schluckte. Offenbar bewegte ich mich auf ganz dünnem Eis.
    Doch ich gab nicht auf. „Habt ihr beide denn nie übers, ähm, Heiraten gesprochen?“
    Er lachte. „Machst du Witze? Das war der Grund für unsere Trennung. Sie hat mir das übliche Ultimatum gestellt – entweder, wir heiraten, oder es ist vorbei.“ Er schnaubte. „Überflüssig zu erwähnen, dass ich mich für Letzteres entschieden habe.“
    Aha
. Erleichtert schmiegte ich mich an ihn. Er verfiel wieder in seinen vegetativen Zustand, als die Polizisten im Fernsehen einem völlig überraschten Täter Handschellen anlegten.
    Wenn also Susan dafür gesorgt hatte, dass der Deckel sich ein wenig bewegte, dann konnte das nur Eines bedeuten: Nun war ich in der Lage, ihn komplett zu öffnen. Himmel, in einem Jahr war ich vielleicht bereits verheiratet!
    Das wollte ich am nächsten Tag mit meiner besten Freundin Grace beim Mittagessen feiern. Was alleine schon ein Ereignis war, da Grace wegen ihrer sensationellen Karriere und ihrem Freund kaum noch Zeit hatte. Als Zugeständnis an ihre hektische Lebensweise hatten wir uns in einem Restaurant verabredet, das nur zwei Blöcke von ihrem Büro lag. Natürlich wusste Grace nicht, dass ich in Feierstimmung war, bis ich mit meinem Wasserglas mit ihr anstieß und sagte: „Du kannst mir gratulieren. Ich werde heiraten.“
    „Wie bitte?“ Ihr fielen beinahe die graublauen Augen aus dem Gesicht. Dann starrte sie auf den Ringfinger meiner linken Hand, der, natürlich, unberingt war.
    „Nicht
jetzt
. Aber eines Tages.“
    Sie verdrehte die Augen, kräuselte die Nase und sagte mit ihrer üblichen Ironie: „Gratuliere.“
    Typisch Grace. Sie war in der Lage, als Dreiunddreißigjährige ohne Ehering am Finger auch noch zu lachen. Sie ist eine der stärksten und unabhängigsten Frauen, die ich kenne. Nicht nur, dass sie immer einen umwerfenden Freund an ihrer Seite hat, sie hat auch einen Wahnsinnsjob als Produktmanagerin für Roxanne Dubrow Cosmetics. Ja genau,
diese
Roxanne Dubrow. Die, für die man extra zu
Saks
auf der Fifth Avenue marschieren muss. Grace ist während der Junior Highschool mal ganz kurz mit meinem Bruder Sonny gegangen. Aber wir freundeten uns erst an, als sie mir auf dem Schulhof das Leben rettete. Ein riesengroßes Mädchen namens Nancy, die nicht ertragen konnte, dass ich gute zwanzig Kilo weniger wog als sie, wollte gerade meinen Kopf gegen die Betonmauer knallen. Grace ging dazwischen, groß und blond und kräftig, und empfahl Nancy, sich besser aus dem Staub zu machen. Jeder, selbst Nancy, hatte Respekt vor Grace. Ich bewunderte sie maßlos. Umso mehr, als sie mich zu ihrer neuen besten Freundin machte, obwohl ich in der achten und sie bereits in der neunten Klasse war. Ihre Clique war nicht gerade begeistert davon, dass sie mich überall hin mitschleppte. Aber Grace ließ sich davon nicht beeindrucken.
    Und jetzt saßen wir hier, noch immer Freundinnen. Die einzigen Mädels, die sich aus Brooklyn hatten retten können, unversehrt, ohne einen dickhalsigen Schläger namens Sal zu heiraten und jährlich ein Baby zu produzieren. Graces Eltern waren, als sie sechzehn war, nach Long Island gezogen, in der Hoffnung, ihr auf diese Weise Zigaretten, Jungs und schlechtes Benehmen auszutreiben. Trotzdem verbrachten wir unsere Sommerferien zusammen. Wenn meine Eltern mich im Juni aufs Schiff setzten, fühlte ich mich immer wie ein Kind, das in die Sommerferien geschickt wird. Direkt nach dem College zog Grace nach Manhattan, und ich folgte ihr ein Jahr später. Sie war für mich die Schwester, die ich nie hatte. Meine Mutter hatte sie sogar als ehrenhaftes Mitglied in unsere Familie aufgenommen.
    „Machst du dir denn nie Sorgen, Grace? Hast du keine Angst, dass du einmal ganz alleine dastehst?“ Ich forschte in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Unsicherheit.
    Sie zuckte mit den Schultern. „In dieser Stadt kann eine Frau alles bekommen, was sie will. Wenn sie ihre Karten geschickt zu spielen versteht.“
    Für Grace war es leicht, so was zu behaupten. Sie war groß und üppig, hatte kinnlanges zerzaustes blondes Haar und perfekt geformte Gesichtszüge. Sie war einfach wunderschön. Während ich … ich war immer die „kleine Angie DiFranco“ – und bin es immer noch –, etwas über einssechzig groß mit lockigem schwarzen Haar, das sich erfolgreich gegen jegliche Styling-Produkte wehrt, und Schenkeln, die drohten, so zu werden, wie die

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