Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
meiner Mutter. Ich seufzte. Was sollte nur aus mir werden, für den Fall, dass Kirk und ich nicht heirateten?
„Was ist mit dir und Drew?“ Vielleicht zog Grace ihren aktuellen wunderschönen Freund ja als Ehemann in Erwägung. „Denkst du jemals an … du weißt schon?“
„Natürlich“, sagte Grace. „Jedes Mädchen denkt daran.“
Erleichtert stellte ich fest, dass ich wenigstens nicht die einzige Hysterikerin über dreißig war. Zumal Grace und Drew sich erst seit einem Jahr kannten – also mindestens acht Monate
weniger
als Kirk und ich.
„Aber es ist nicht das Wichtigste“, sagte sie.
Am nächsten Tag, als ich zur Arbeit fuhr, wurde mir bewusst, dass Grace Recht hatte. Heiraten war nicht alles. Ich hatte so viel um die Ohren, dass eine Hochzeit im Grunde überhaupt kein Thema war. Ich war Schauspielerin, und derzeit sogar arbeitende Schauspielerin. Okay, es handelte sich um einen Job bei
Rise and Shine
, einer Gymnastiksendung für Kinder, die nur im Kabelfernsehen lief. Aber wenigstens sammelte ich Erfahrung vor der Kamera. Denn Agenten weigerten sich, Schauspieler zu nehmen, die nichts anderes vorweisen konnten, als zahllose Off-Off-Broadway-Shows.
Als ich in den gelben Turnanzug und die babyblauen Strumpfhosen schlüpfte, was nun mal mein Los als Co-Moderatorin der Sendung war, fragte ich mich zum etwa hundertsten Mal, ob es gut für meinen Lebenslauf war, mit einer Gruppe Sechsjähriger Sprünge und Dehnungsübungen zu machen.
„Hey, Colin“, rief ich meinem Co-Moderator zu, als ich das Studio betrat, eine Tasse Kaffee fest umklammernd. Ein Nachteil dieses Jobs war, dass man morgens um fünf aufstehen musste, um rechtzeitig zur Aufzeichnung um sechs da zu sein. Zu keiner anderen Uhrzeit war der Fernsehsender bereit, uns das Studio zu überlassen. Dabei hatte unsere Sendung ein zwar kleines, aber treues Publikum, bestehend aus Eltern und deren Kindern, die in Form gebracht werden sollten.
Colin blickte erschrocken von dem Buch hoch, in dem er gerade las, um mir dann sein übliches Lächeln zuzuwerfen. Colin war einer der wenigen Menschen, der in der Lage war, morgens um sechs zu lächeln. Er war von Natur aus fröhlich, und deswegen auch der perfekte Moderator für
Rise and Shine
. Die Kinder liebten ihn, und in den sechs Monaten unserer Zusammenarbeit hatte ich ihn ebenfalls lieben gelernt. Er war ein warmer, großzügiger, liebevoller Mann, der gut mit Kindern umgehen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass er großartig aussah, mit feinen Gesichtszügen, blauen Augen, langen Wimpern und kurzem, dunklem Haar, das immer nach dem neuesten Trend geschnitten war. Er hatte alles, was sich eine Frau von einem potenziellen Ehemann wünschen konnte. Ich wäre vielleicht sogar mit ihm ausgegangen, bis er eine andere Frau geheiratete hätte – wenn er nicht schwul gewesen wäre.
„Was liest du da?“ Ich beugte mich über ihn, um den Buchtitel zu sehen.
„Ach, nur das.“ Er lächelte und sah irgendwie verlegen aus, als er eine schon recht zerlesene Ausgabe von
Die Herausforderungen der Kindererziehung
hochhielt. „Dachte mir, das könnte vielleicht hilfreich sein. Was die Sendung angeht, weißt du?“
Darüber musste ich lachen. „Colin, wir wollen nur, dass sie fit bleiben, wir sollen sie nicht erziehen.“
Er gluckste. „Ich weiß, ich weiß. Aber du hast doch gesehen, wie wild sie manchmal sind.“
Colin nahm seinen Job bei
Rise and Shine
wirklich sehr ernst.
„Bist du bereit?“ fragte er.
Ich seufzte. „So bereit man nur sein kann.“
Ich war nach wie vor erstaunt darüber, dass ich diesen Job überhaupt bekommen hatte – bis zum Casting hatte ich nicht einen Tag in meinem Leben Sport getrieben. Und jetzt brachte ich jeden Morgen eine Gruppe von zehn verschlafenen Kindern dazu, zu hüpfen, zu turnen und sich zu dehnen. Zum Glück waren meine babyblauen Strumpfhosen dick genug, um meine Cellulite zu verbergen.
„Alle auf Position“, rief Rena Jones, unsere Aufnahmeleiterin mit Blick in unsere Richtung. Nun ja, eher in meine Richtung. Sie betete Colin an. Und tolerierte mich. Weil sie extrem viel Wert auf Pünktlichkeit legte … und ich eher nicht.
Nachdem Colin und ich uns vor der Kamera positioniert hatten, legte ich das erforderliche fröhliche Gesicht auf und machte mit Colin zusammen eine etwa dreiminütige Einführung, um eine Bevölkerungsgruppe mit dem vermutlich geringsten Körperfett dazu zu überreden, zu hüpfen, zu turnen und sich zu dehnen. Im Namen der guten
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