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Ein bissfestes Abenteuer

Ein bissfestes Abenteuer

Titel: Ein bissfestes Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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los«, erwiderte Helene.
    »Was geht los?«, fragte Silvania.
    »Wir denken uns Geschichten zu den Gräbern aus. Das mache ich immer so. Zu dritt macht es sicher noch mehr Spaß als allein.«
    Silvania und Daka warfen sich einen fragenden Blick zu. Helene ging zu einem grauen klobigen Grabstein, der an den Rändern mit Moos bewachsen war. Die Inschrift war golden und Helene las sie leise vor: »Hier ruhen Max von Thalbach, 12.03.1876 bis 24.12.1921, und Isolde von Thalbach, geborene Kruse, 28.09.1886 bis 24.12.1922.«
    Helene sah die Zwillinge erwartungsvoll an. Sie zuckten beide die Schultern. »Okay, ich fange an«, sagte Helene. »Also – Isolde Kruse war bei den vornehmen von Thalbachs ein Dienstmädchen. Max verliebte sich in die schöne Isolde. Gegen den Willen seiner Eltern heiratete er sie, obwohl sie zehn Jahre jünger war und eine einfache Kruse. Die Eltern verstießen Max und Isolde, die von da an in Armut lebten. Max wurde sehr krank und starb genau am Weihnachtstag 1921. Isolde merkte, dass sie ohne ihren geliebten Max nicht leben konnte. Genau ein Jahr später tröpfelte sie Gift in ihren Glühwein. Dann setzte sie sich unter den Weihnachtsbaum und folgte ihrem Max ins Reich des Todes.«
    Silvania starrte Helene mit offenem Mund an. Eine Gänsehaut lief ihr von den Waden bis zum Nacken. Die Geschichte war fast so gut wie einer ihrer Liebesromane.
    »Und jetzt seid ihr dran«, sagte Helene.
    »Hab schon verstanden«, meinte Daka und schritt auf ein großes Grabdenkmal zu. In der Mitte kniete eine männliche Steinfigur. Bis auf einen Helm und einen Schild war sie nackt. Die Figur hielt den Kopf gesenkt und hatte die Augen geschlossen. Auf dem Grabstein unter der Figur standen zahlreiche Namen und Jahreszahlen. Daka hockte sich vor das Grab und studierte die Inschriften. Dann richtete sie sich auf und zählte etwas an ihren Fingern ab. Helene und Silvania beobachteten sie neugierig. Schließlich sagte Daka: »Also, das ist ganz einfach: Karl, Heinrich und Hermann Groneberg sind alle im Ersten Weltkrieg gefallen. Hilmar, Siegfried, Herbert und Alfons sind im Zweiten Weltkrieg gefallen.« Sie deutete auf die Jahreszahlen, nickte und verschränkte dann die Arme.
    Helene sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Aber das ist doch keine Geschichte.«
    »Das ist Geschichte pur«, fand Daka.
    »Ja, schon. Aber das ist so ... so unromantisch«, sagte Helene.
    »Was kann ich dafür, dass Hilmar und seine Brüder damals in den Krieg mussten und keinen netten Tod mit ihren Freundinnen haben konnten?«
    Während Helene und Daka über romantische Todesursachen redeten, stand Silvania stocksteif und lauschte. Doch sie achtete nicht auf das Gespräch der Mädchen. Sie hörte Schritte auf dem Kiesweg. Ganz leise und flink. Wie eine Katze. Aber es war nicht nur das. Sie spürte auch etwas. Es war ein uralter Instinkt, der ihr sagte, sie solle sich verstecken. Silvania blickte den Tunnelweg entlang. Jeden Moment konnte jemand vom Hauptweg um die Ecke biegen. Die Schritte kamen unaufhaltsam näher. Knirsch, knirsch, knirsch.
    Da! Eine dunkle Gestalt. Silvania fuhr herum, packte Helene und Daka am Arm und zog sie hinter den Grabstein des Kriegerdenkmals.
    »Was ist –«, begann Daka.
    »PSSST!«, machte Silvania und deutete auf den Weg, von dem deutlich Schritte zu hören waren. Die Mädchen spähten hinter dem Grabstein hervor. Ganz langsam und vorsichtig.
    Jemand kam den Tunnelweg entlang. Es war eine schmächtige Gestalt. Sie ging langsam, aber zielstrebig. Vor dem Grab von Max und Isolde von Thalbach blieb sie stehen.
    Helene holte tief Luft. »Das ist Ludo!«, flüsterte sie.
    Tatsache. Ludo Schwarzer stand vor dem Grab und starrte auf den Grabstein. Seine halblangen Haare waren zerzaust und er sah noch düsterer aus als in der Schule. »Hallo, ich bin's mal wieder«, sagte er.
    Daka sah sich nervös um. »Redet der mit uns?«, flüsterte sie.
    »Nein, mit dem Grabstein«, flüsterte Silvania.
    Ludo hockte sich hin. »Ich habe alles besorgt«, sagte er leise. Dann sah er sich nach allen Seiten um. Die Mädchen zuckten zusammen, als sein Blick kurz auf das Kriegerdenkmal fiel. Doch er hatte sie nicht gesehen. Einen Moment blieb er ganz ruhig vor dem Grab der Thalbachs sitzen und lauschte. Dann begann er mit der bloßen Hand im Erdboden vor dem Grabstein zu schaufeln. Binnen Sekunden hatte er ein kleines Loch ausgehoben. Mit der anderen Hand suchte er etwas in seiner Umhängetasche. Er legte einen länglichen braunen

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