Ein bissfestes Abenteuer
ihrem Komplizen. »Ruf Köpke an und sag, er soll in zwei Minuten vor der Tür stehen.«
Der Mann mit den kräftigen Armen begann daraufhin, mit einem Handy zu telefonieren.
»Und du«, sagte die Frau und stieß Rose Wagenzink leicht mit dem Pistolenlauf in den Arm, »gehst auf Toilette und holst eine Rolle Klopapier.«
»Waru...«, wollte Frau Wagenzink gerade fragen, als sie den herrischen Blick der Kunstdiebin sah. Es war besser, keine Fragen zu stellen. Das erhöhte die Lebenserwartung vermutlich enorm. Rose Wagenzink verschwand mit schnellen Schritten in der Damentoilette und kam ein paar Sekunden später mit einer Klopapierrolle zurück. Was wollten die Kunsträuber mit dem Klopapier? Hatten sie keins zu Hause?, wunderte sich Frau Wagenzink.
Die Frau nahm Oma Rose das Klopapier ab.
Ihr Komplize hatte mittlerweile aufgehört zu telefonieren und musterte die Klopapierrolle mit gerunzelter Stirn. »Was willst du denn damit? Falls sich die Geiseln doch in die Hose machen?«
»Nein, das ist für uns. Damit sind wir nicht so fotogen für die Überwachungskameras.« Die Frau begann, dem verdutzt dreinblickenden Mann das Klopapier um den Kopf zu wickeln. An den Augen und am Mund ließ sie einen schmalen Spalt frei.
»Verdamm mich, Mann, ich sehe aus wie eine Mumie!«
»Ist doch gut so. Lass die Bullen nach einer Mumie suchen. Und jetzt wickelst du mich ein. Ich behalte die Geiseln im Auge«, sagte die Frau und reichte dem Mann die Klopapierrolle. Die Pistole hielt sie auf die Geiseln gerichtet.
Die verfolgten die Szene aufmerksam.
»Ich habe noch eine bessere Idee«, sagte die Frau, als der Mann ihren Kopf eingewickelt hatte. Ihre Augen blitzten zwischen zwei Klopapierstreifen hervor. »Wir lassen die Bullen sechs Mumien suchen.« Sie nahm die Klopapierrolle und warf sie Rose Wagenzink zu, die sie in letzter Sekunde auffing. »Du wickelst den anderen den Kopf ein.« Die Frau zeigte auf Daka, Silvania und den Pförtner. »Und zwar ein bisschen schnell.«
Frau Wagenzink begann mit Pförtner Schnölzel. Er sah sie mit großen, ängstlichen Augen an, während sie sein Gesicht Bahn um Bahn mit Klopapier bedeckte. Sie hätte ihm gern etwas Aufmunterndes gesagt. Aber sie hatte genug damit zu tun, die Klopapierrolle in den zitternden Händen festzuhalten.
Dann machte sie bei ihren Enkeltöchtern weiter. Dakas stachelige Haare bohrten sich an manchen Stellen durch das Papier. Silvanias Hut wickelte Oma Rose einfach mit ein. Sie versuchte, das Papier nicht zu straff zu ziehen, und war besonders behutsam. Sie lächelte ihren Enkeltöchtern zu und diese grinsten zurück. Was waren sie doch für mutige Mädchen! Bei anderen Mädchen in ihrem Alter hätte man das Klopapier in so einer Situation wahrscheinlich an einer anderen Stelle benutzen müssen.
»Das reicht jetzt«, befand die Frau mit den Katzenaugen. »Wir wollen nicht den Preis für das schönste Kostüm gewinnen, sondern unerkannt aus dem Laden hier kommen.« Sie wickelte Rose Wagenzink schnell ein paar Bahnen Klopapier um den Kopf. Dann war die Rolle alle.
Ein Handy piepte. »Köpke ist da«, sagte der muskulöse Mann.
»Also los, nach euch, bitte sehr«, sagte die Frau und dirigierte die vier Geiseln zur Tür. Frau Wagenzink half Pförtner Schnölzel beim Aufstehen.
Der Mann hielt die Tür auf und die Geiseln traten langsam in den Flur. Die Kunsträuber folgten dicht hinter ihnen. Zwischen ihnen blieb gerade mal genug Abstand für einen Pistolenlauf. »Wir gehen jetzt alle zusammen schön zügig durchs Foyer und zum Ausgang«, zischte die Frau den Geiseln von hinten zu. »Und was haben wir gelernt, was wir nicht machen?« Die Frau stupste Rose Wagenzink in den Rücken.
»Wir machen keine Dummheiten«, presste Frau Wagenzink hervor.
»Genau. Wenn einer von euch wegläuft, knallt's. Verstanden?«
Vier Klopapierköpfe nickten.
Dann setzte sich der Trupp in Bewegung. Die Kunsträuber trieben die Geiseln von hinten an und bestimmten das Tempo. Mit kleinen schnellen Schritten huschten sechs Gestalten mit Klopapier um den Köpfen durchs Foyer. Sie sahen aus wie eine verrückt gewordene Ballettgruppe.
Rose Wagenzink, die einzige Geisel, deren Hände nicht mehr auf dem Rücken gefesselt waren, öffnete die Ausgangstür. Die sechs Mumien traten ins Freie. Kalte Abendluft schlug ihnen entgegen. Mittlerweile war es dunkel geworden und die Straßenlaternen leuchteten orangegelb.
Im schmalen Klopapierschlitz wanderten Rose Wagenzinks Augen nervös hin und her. Wo
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