Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte
Lippen pressen.
Erwartungsvoll hielt sie den Atem an, als er sich zu ihr lehnte, dann stutzte er plötzlich, und sie wusste, er hatte ihre Narbe bemerkt. Heute Morgen in der Hektik hatte ihr die Zeit gefehlt, die sie sonst immer für das sorgfältige Schminken nutzte. Sie wollte den Kopf abwenden, doch er fasste leicht ihr Kinn und ließ es nicht zu.
„Das muss eine schlimme Wunde gewesen sein. Wie ist das passiert?“, fragte er leise.
„Ein Unfall“, murmelte sie und zupfte ein paar Strähnen über die Narbe. „Ich fühle mich hässlich damit.“
„Ein Autounfall?“, hakte er nach. Diese Narbe war eine lange dünne Linie. Er vermutete, dass eine zerborstene Glasscheibe sie geschnitten haben musste.
Gina schüttelte nur den Kopf. Es war ein Tabuthema, wie sie an diese Narbe gekommen war, sie redete nie darüber. Mit niemandem.
Lanzo drängte nicht weiter. „Man sieht sie kaum“, sagte er sachlich. „Und ganz bestimmt hast du keinen Grund, dich hässlich zu fühlen. Nichts kann deiner Schönheit Abbruch tun, cara .“
Sein Lächeln wurde breiter, als sie ihn erstaunt ansah. Wenn sie errötete, erinnerte sie ihn an die schüchterne Kellnerin von damals, die mit süßer Leidenschaft auf seine Küsse reagiert hatte. Er fragte sich, was sie wohl tun würde, wenn er sie jetzt küsste. Vermutlich würde sie zurückzucken wie ein verschrecktes Reh, so wie sie ihm auch ausgewichen war, als er sie in Poole vom Restaurant nach Hause gebracht hatte. Zu gern würde ich denjenigen treffen, der verantwortlich ist, für den misstrauischen Ausdruck in ihren Augen dachte er grimmig.
Die Limousine hielt an, der Chauffeur kam um den Wagen herum und hielt die Tür für Gina auf. Sie stieg aus und folgte Lanzo in das moderne Bürogebäude von Di Cosimo Holdings. In der engen Aufzugskabine empfand Gina Lanzos Nähe noch intensiver. Unwillkürlich befühlte sie die raue Linie an ihrem Hals. Sie konnte nur daran denken, dass Lanzo sie schön genannt hatte, nachdem er die Narbe gesehen hatte.
Dann waren sie im obersten Stockwerk angekommen, und Gina drängte den Gedanken zurück. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, sich in Tagträumereien zu verlieren. Sie war nach Italien gekommen, um für Lanzo zu arbeiten, und fest entschlossen, die Rolle als seine Assistentin mit nüchterner Professionalität zu erfüllen.
„Willkommen in der Zentrale von Di Cosimo Holdings“, sagte Lanzo neben ihr. „Komm, ich stelle dich meinem Team vor.“
Gina berief sich auf ihre Selbstbeherrschung, schenkte ihm ein gefasstes Lächeln und folgte ihm in seine Büros.
Selbst hochschwanger war Luisa Bartolli noch immer unglaublich elegant. Sie war auch sehr herzlich und ganz offensichtlich erleichtert, ihre Vertretung kennenzulernen.
„Lanzo war alles andere als begeistert, als ich ihm sagte, dass ich den Mutterschaftsurlaub wahrnehmen werde“, erzählte sie, als sie Gina durch die Büros führte. „Seit über fünf Jahren arbeite ich jetzt als seine Assistentin, und er mag es nicht, wenn seine Routine gestört wird.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es geht eben nicht anders. Bis ich meinen Mann traf, habe ich an eine Familiengründung überhaupt nicht gedacht. Aber Marco wollte schon immer unbedingt eine Familie haben, und jetzt freue ich mich so auf das Baby. Ich bin sechsunddreißig, mir ist klar, wie viel Glück ich gehabt habe, so schnell schwanger zu werden, kaum dass wir uns entschieden hatten, ein Baby zu bekommen. Ich hab mich noch nicht getraut, es Lanzo zu sagen, aber … ich denke darüber nach, vielleicht nur noch halbtags zu arbeiten.“ Fragend musterte sie Gina. „Ich bin sicher, Sie werden sehr gut mit Lanzo zurechtkommen. Sie hätten nicht Lust, länger zu bleiben und sich die Stelle mit mir zu teilen, wenn mein Mutterschaftsurlaub vorbei ist?“
„Nein, ich denke, eher nicht“, erwiderte Gina eilig. Schon jetzt zweifelte sie daran, ob ihre Zusage, sechs Monate für Lanzo zu arbeiten, wirklich eine so weise Entscheidung gewesen war. Auf gar keinen Fall würde sie die Zeit mit ihm auch noch verlängern. „Mir gehört ein Apartment in England und ich muss Vollzeit arbeiten, um die Hypothek abzahlen zu können.“ Sie lächelte Luisa an. „Ich bin sicher, ich werde mich hier mühelos einarbeiten, so organisiert, wie alles ist. Und danke nochmals für das Angebot, dass ich Sie jederzeit anrufen kann, sollte ich Fragen haben.“ Sie sah sehnsüchtig auf Luisas gewölbten Bauch. „Wann ist es denn so weit?“
„In
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