Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte
um die Hüften geschlungen, und überflog die Tageszeitung. Wassertropfen perlten aus seinem nassen Haar und fielen ihm auf die Schultern. Offensichtlich war er gerade aus der Dusche gekommen.
Himmel, er sah einfach umwerfend aus!
Er ließ die Zeitung sinken und sah zu Gina hin, die reglos im Türrahmen stehen geblieben war. „Brauchst du etwas, cara? “
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen, und seine Augen funkelten auf. „Ich wollte mir nur etwas zu trinken holen. Normalerweise nehme ich immer ein Glas Wasser mit ins Bett.“
„Das glückliche Wasser“, murmelte er so leise, dass Gina sich nicht sicher war, ob sie richtig gehört hatte. Er nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser und kam auf Gina zu. Sie konnte nur hoffen, dass das Handtuch fest genug eingesteckt war.
„Hier, bitte.“ Er reichte ihr das Glas.
„Danke.“ Geh wieder, drängte sie der Verstand, doch ihre Sinne waren so überwältigt, dass sie sich nicht rühren konnte. Jedes Nervenende in ihr vibrierte.
Grüne Augen trafen auf dunkelblaue. „Möchtest du sonst noch etwas, Gina?“
Sein Atem strich warm über ihren Mund, und ohne dass sie es gewollt hätte, öffneten sich ihre Lippen einladend. Ein erstickter Laut stieg aus Lanzos Kehle, er neigte den Kopf und presste seinen Mund auf ihren.
Es war das Paradies. Ein leuchtendes Kaleidoskop aus schillernden Farben explodierte vor Ginas geschlossenen Augen, während Lanzo eine Spur kleiner Küsse auf ihre Mundwinkel, ihr Kinn, ihren Hals setzte. Erst als er sie erschauern fühlte, kehrte er zu ihrem Mund zurück. Er schob die Finger in ihr Haar und zeichnete mit der Zungenspitze die Konturen ihres Mundes nach. Seine Lippen waren so wunderbar warm und fest …
Und dann plötzlich, wie aus dem Nichts, drängte sich Simons Gesicht in Ginas Kopf.
„Nein!“ Sie riss sich von Lanzo los, so abrupt, dass sie mit dem Kopf gegen den Küchenschrank schlug. Sie konnte regelrecht sehen, wie sich die Fragen hinter Lanzos gerunzelter Stirn formten, doch sie würde keine Erklärung für ihr seltsames Verhalten abliefern. „Ich kann nicht“, murmelte sie elend. „Es tut mir leid.“
Die Finger um das Wasserglas gekrallt, schwang sie herum, stürmte zur Küche hinaus und in ihr Zimmer.
Lanzo sah ihr nach, versucht, ihr nachzugehen und eine Erklärung von ihr zu verlangen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war ihre willige Nachgiebigkeit in panische Angst umgeschlagen. Er wollte den Grund dafür erfahren. Doch dann sah er wieder den Ausdruck in ihren Augen vor sich – ein stilles Flehen, sie in Ruhe zu lassen.
Er schaltete das Licht aus und tappte barfuß den Gang entlang zu seinem Zimmer. Die Frage, was Gina in der Vergangenheit zugestoßen war, ließ ihn nicht mehr los. Wodurch war ihre Fähigkeit zu vertrauen derart zerstört worden?
5. KAPITEL
Mit einem alten Schwarzweißfoto in der Hand stand Gina auf einem kleinen Innenhof in dem Viertel um den Campo de’ Fiori und schaute sich um.
„Ich bin sicher, das ist das Haus, in dem Nonna Ginevra aufwuchs“, sagte sie aufgeregt. „Es sieht genau aus wie das, vor dem meine Großeltern auf dem Foto stehen. Erstaunlich, in über sechzig Jahren hat sich hier nichts verändert.“
Lanzo schaute über ihre Schulter auf das Foto. „Dein Großvater trägt Uniform. Das Foto muss irgendwann im Zweiten Weltkrieg aufgenommen worden sein.“
Gina nickte. „Großvater war in Italien stationiert, hier hat er Nonna auch kennengelernt. Nach Kriegsende heirateten sie, und Nonna kehrte mit ihm nach Dorset zurück. Es war schwer für sie, die geliebte Heimat zu verlassen, aber sie sagte immer, sie wäre ihrem Mann auch auf den Mond gefolgt.“
Es war heiß in dem von Mauern umringten Hof, Gina setzte sich an den kleinen Springbrunnen, dankbar für den feinen kühlen Sprühnebel. Lanzo ließ sich neben ihr auf der niedrigen Mauer nieder.
„Du scheinst deine Großmutter sehr geliebt zu haben.“
„Ja, beide Großeltern. Nachdem meine Mutter gegangen war, habe ich viel Zeit bei ihnen verbracht. Dad musste ja die Farm betreiben. Sie starben kurz nacheinander. Natürlich war ich traurig, aber irgendwie auch froh. Sie waren wieder zusammen“, sagte sie leise. „Selbst der Tod konnte sie nicht lange trennen.“
Die Ehe ihrer Großeltern verkörperte für sie alles, was eine echte Ehe ausmachte – Liebe, Freundschaft, Respekt. Mit diesen Hoffnungen hatte sie auch Simon ihr Jawort gegeben, doch ihre Hoffnungen waren
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