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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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wild entschlossen wirkte, schlug sie einen Kompromiss vor.
    „Also gut, machen wir ein bisschen Klarschiff, aber nur heute Vormittag ein paar Stunden. Wir können beide etwas Erholung gebrauchen und sind wirklich nicht zum Arbeiten hergekommen. Eigentlich wären wir gar nicht hier.“
    „Stimmt“, gab Monika Lindberg ihrer Tochter recht. „Ohne Opas Asche und deine verrückte Aktion ganz sicher nicht. Machen wir also das Beste daraus.“
    Yuna trank in Ruhe einen zweiten Kakao und schaute durch das kleine Sprossenfenster der Küche hinunter zu den Klippen, die unterhalb des Hauses steil zum Meer abfielen. Dabei kam ihr das seltsame nächtliche Erlebnis wieder in den Sinn. Wie merkwürdig, ein so klarer Morgen und heute in der Nacht noch die ganze Bucht voller Nebel
    Ob ihre Mutter vielleicht eine Erklärung für die Lichter und das Rufen hatte? Als sie von ihrer schaurigen Beobachtung erzählte, fand sie ihre Furcht einerseits ein wenig albern, konnte aber anderseits nicht verhindern, dass sie erneut ein Frösteln überkam. Der Gedanke an tote Seelen ertrunkener Seeleute, den ihr Großvaters gruselige Erzählung in den Kopf gesetzt hatte, war auch jetzt am hellen Morgen alles andere als angenehm. Eher irgendwie makaber und das wohligen Gruselgefühl, welches sie als Kind dabei empfunden hatte, konnte sie im Augenblick wirklich nicht mehr ganz nachvollziehen. Nach den Mutproben-Videos zur ihrer Teenagerzeit hatte sie keine Gruselschocker mehr angeschaut. Wozu auch? Das Leben hielt genug Schockierendes bereit.
    Monika Lindberg bemerkte das Unbehagen ihrer Tochter und fragte verständnisvoll: „Hast du dich gefürchtet? Du hättest doch zu mir kommen können.“
    „Ach, ich wollte dich nicht aufwecken.“
    „Das hättest du nicht getan, mich haben die Rufe auch aus dem Schlaf gerissen. Es war direkt ein wenig unheimlich. Ich habe die Bäckersfrau gleich darauf angesprochen und sie hat mir gesagt, dass sich bei solchem Nebel die Küstenfischer durch Zurufe Signale geben, damit ihre Boote nicht zusammenstoßen oder auf die Felsen geraten. Zur Zeit ziehen die Makrelen durch unsere Bucht.“
    Yuna atmete erleichtert auf, es war doch eigentlich klar, dass es auf so eine Erklärung hinauslaufen würde und sie verstand nun ihre übertriebene Ängstlichkeit noch weniger. Also sagte sie mehr als Entschuldigung für sich selbst: „Klang ganz schön schaurig.“
    Das fand ihre Mutter allerdings auch.
    „Ja, wenn man nicht weiß, was es ist, wirken diese körperlosen Lichter und diese dumpfen Rufe schon ziemlich unheimlich.“
    Yuna begann den Tisch abzuräumen und das Geschirr in die Spülmaschine zu stellen und dachte dabei, dass sie auf jeden Fall um eine besondere Erfahrung reicher geworden war, und beim nächsten Mal, wenn die Fischer wieder bei Nebel ihre Netze auswarfen, das Ganze mit anderen Augen betrachten würde. Wohlmöglich kam ihr dann alles, was sie als rätselhaft und schaurig empfunden hatte, einfach nur noch romantisch vor.
    Wie in dem Lied von den Caprifischern , das Opa bei der Arbeit gerne vor sich hin gebrummt hatte…
    … und von Boot zu Boot das alte Lied erklingt, hör von Fern wie es singt: Bella , bella, bella Marie, bleib mir treu ich komm zurück morgenfrüh…
    Sie lächelte bei diesem Gedanken und es freute sie, als ihre Mutter sagte:
    „Aber sie sollen gut gefangen haben. Willst du nachher mit auf den Markt kommen, da können wir mal die Beute anschauen. Vielleicht ist etwas Leckeres fürs Mittagessen dabei.“

    Yuna ging in ihr Zimmer, um sich eine Jeans und ein T-Shirt anzuziehen. Dabei fiel ihr Blick auf das Medaillon, welches auf ihrem Schreibtisch lag. Sie musste es einfach kurz in die Hand nehmen und betrachteten. Es war ein so ungewöhnlicher Fund und sie hätte es zu gerne geöffnet. Als sie es aufnahm, fühlte es sich erneut anders an als erwartet. Nicht kalt, wie man es von Metall kennt, sondern warm und irgendwie lebendig. So als hafte dem Schmuckstück noch die Körperwärme eines Menschen an, der es kürzlich getragen hatte. Es war wunderschön und sehr fein ziseliert und sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie es einfach so am Stand gefunden hatte. Und wieder fragte sie sich, wem es wohl gehört hatte? Wie mochte es am Hals einer jungen Frau ausgesehen haben?
    Sie verspürte plötzlich, den unwiderstehlichen Drang, es umzuhängen und ohne lange darüber nachzudenken, löste sie den Verschluss der kleinen Goldkette, die sie um den Hals trug, streifte das keltische Kreuz

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