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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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Junge:
    „Yuna, schnell, komm her, hier sitzt ein ganz Dicker!“
    Sie sprang auf und kletterte zu ihm, um seinen Fund zu begutachten. Tatsächlich, ganz tief in einer Felsspalte schien ein gewaltiger Taschenkrebs zu hocken. Jedenfalls hatte er außerordentlich große Scheren. Da er die aber ganz fest vor seinem Körper verschränkt hatte, konnte man vom Rest des Krebses eigentlich nichts sehen und ihn auch nicht anfassen ohne Gefahr zu laufen, von ihm angegriffen zu werden.
    Julien hatte ein Stück Treibholz gefunden und ärgerte ihn damit, um ihn so aus seinem Versteck zu locken.
    Aber das ließ ihn kalt.
    „Den Burschen kriegen wir da nie raus“, wollte Yuna Julien nach einigen vergeblichen Versuchen zum Aufgeben bewegen. Aber der schien, vom Ehrgeiz gepackt zu sein und offenbar unbedingt als Sieger aus diesem Duell hervorgehen zu wollen. Männer waren doch wohl alle gleich! Wenn sie da mal nicht vom Regen in die Traufe kam, denn ihr fiel ein, dass schon früher für Julien der Sieg über den Krebs eine Frage der Ehre gewesen war und er konnte es nur schwer ertragen, eine solche Krebsjagd erfolglos abzubrechen. Was allerdings auch wirklich selten vor kam, denn meistens triumphierte er doch noch, weil er, im Gegensatz zu anderen Jungen des Dorfes, eine unglaubliche Geduld bewies, die am Ende fast immer zum Erfolg führte.
    Yuna hingegen sah überhaupt keinen Sinn darin, stundenlang einem Krebs nachzustellen, der mit stoischer Ruhe in einem sicheren Versteck saß und dort bis zur nächsten Flut auch nicht herauskommen würde.
    Egal ob jemand mit einem Stock oder einem Krebshaken versuchte ihn hervorzulocken.
    „Lass ihn doch“, sagte sie aus diesen Gedanken heraus auch jetzt. „Wir hatten gestern erst einen Krebs zum Abendessen und können doch sicherlich mit dem Tag besseres anfangen.“ Ihr fiel da auch gleich etwas Wunderschönes ein – so in Richtung sex on the beach!
    „Aber wir nicht“, blieb Julien verbohrt wie der Teenager, der er einmal war. „Meine Großeltern würden sich bestimmt freuen, wenn ich ein solches Prachtexemplar mitbrächte.“
    Yuna seufzte resignierend. Männer waren und blieben einsame Jäger! Das musste das Erbe der Steinzeit sein.
    Um ihn vom Krebs abzulenken, schlug sie vor, doch lieber noch mal zu den Austern zu gehen, dabei fiel ihr auf, dass sie Emory seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatte. Der war doch nicht schon wieder weggelaufen?!
    Sie rief ihn, aber er kam nicht. Fürchterlich, dieser Ausreißer! Er war einfach nicht gut genug erzogen und diese interessante Gegend verlockte ihn immer wieder zu neugierigen Erkundungstouren.
    „Hast du gesehen, wohin Emo gelaufen ist?“, fragte sie Julien. Er schüttelte den Kopf und stocherte weiter in der Felsspalte herum.
    Sie ließ ihn seinen urmenschlichen Trieben folgen und kletterte etwas weiter in die Felsen, um nach dem Hund Ausschau zu halten.
    „Emory?! Emo!“
    Wieder nichts. Sie stieg weiter und erreichte den Klippenrand.
    Hier hatte das Meer eine tiefe Grotte ausgewaschen, die sie als Kind immer sehr geheimnisvoll gefunden hatte. Ihr Bruder hatte ihr verboten, sie zu betreten, denn er hatte sich zum Oberpiraten erklärt und dort angeblich seine „Schätze“ vergraben.
    Verständlich, dass sie jetzt sofort die Chance ergriff, sie endlich auch einmal zu erkunden. Das war das Schöne am Älterwerden, dass man irgendwann groß genug war, die Verbote der Kindheit zu übertreten und die Geheimnisse zu entschlüsseln, die einem damals unglaubliche Rätsel aufgegeben hatten. So wie diese Höhle.
    Es war kühl in ihr und klamm und von der hohen Decke tropfte Wasser auf sie nieder. Eine an der feuchten Wand vorbei huschende riesige Meeresassel versetzte ihr einen kleinen Schreck. Ob der Hund hier hineingelaufen war?
    „Emo?“, rief sie leise fragend und zuckte zusammen, als das Echo dumpf von den Wänden zurückhallte.
    Fröstelnd drang sie weiter in die Höhle ein. Dabei hatte sie, das Gefühl etwas Verbotenes zu tun, was doch eigentlich ganz unsinnig war. Erstaunlich, welche Wirkung große Brüder noch nach so vielen Jahren haben können. Irgendwie war es, als ob sie sich eines Tabubruchs schuldig machen würde.
    Dabei war es doch ziemlich gemein von Yannik gewesen, sie hier nicht hinein zu lassen, zumal er sich nicht gescheut hatte, ihr wüste Schauergeschichten aufzutischen, damit sie auch ja sein Verbot befolgte. Sogar von einem Seeräuberskelett hatte er gesprochen, das angeblich ganz hinten in der Höhle hausen und

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