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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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jetzt mit zu meinen Großeltern“, sagte Julien mit einer ordentlichen Portion Stolz in der Stimme, „und dann essen wir ihn zusammen als Vorspeise zum Mittagessen. Betrachte dich als eingeladen.“
    Diese schöne Aussicht schaffte es, das merkwürdige Erlebnis in der Grotte zu verdrängen. Und so beschloss Yuna, die geheimnisvolle Inschrift erst einmal unerwähnt zu lassen und später mal mit ihrer Mutter darüber zu sprechen. Die konnte noch am ehesten einen Bezug zu dem Datum haben und würde sicherlich wissen, ob es mit ihrem Vater etwas zu tun hatte. Was, wenn Yuna es rational betrachtete, doch eher unwahrscheinlich war.
    So fiel, auf dem Rückweg über den sonnigen Strand, mit der klammen Kälte der Höhle auch das unheimliche Gefühl wieder von ihr ab. Sicher hatte man aus dem Felsblock einen Gedenkstein für ein Ereignis gemacht, das mit ihrem Vater nicht das Geringste zu tun hatte. Die Übereinstimmung des Datums mit seinem Geburtstag, war bestimmt ein reiner Zufall. Und falls die Inschrift doch etwas mit ihrem Vater zu tun haben sollte, dann konnte ja nur Opa Pierre sie angebracht haben und dann würde ihrer Mutter der Grund auf jeden Fall bekannt sein.
    Dieser Gedanke beruhigte sie und so ließ sie sich nun von Juliens Begeisterung über seinen Fang anstecken und sie erreichten in lockerer Stimmung das Gutshaus seiner Großeltern.

    Das fast schon herrschaftliche Anwesen lag am Ende der Strandpromenade hinter einer dicken Bruchsteinmauer, die es im Sommer vom Trubel am Strand abschirmte und im Winter und Frühjahr vor den oft heftigen Brechern des nahen Meeres schützte, wenn sie, vom Sturm entfesselt, über die aus Basalt gemauerte Uferbefestigung schlugen. Der auffällige Rundturm verlieh dem Gebäudeensemble ein schlossartiges Aussehen.
    Für Yuna war das Gutshaus tatsächlich immer ein Märchenschloss gewesen und sie hatte sich oft erträumt, dass sie es irgendwann in der Zukunft mit ihrem Märchenprinzen Julien bewohnen würde. Dann hätte sie ihr Zimmer oben im Turm, würde dort eine Staffelei aufstellen und in leuchtenden Farben Bilder vom Meer, den Wolken und den bunten Fischerbooten malen. Kinderträume.
    Aus der Malerin war eine Lohnsklavin geworden, die platte Werbebotschaften illustrierte, statt ihren Gefühlen, Sehnsüchten und Träumen freien und kreativen Ausdruck zu geben.
    Aber das konnte sich schon bald ändern, denn sie spielte bereits mit dem Gedanken, Leinwand, Pinsel und Farben zu kaufen und einen Versuch zu starten, ihre Eindrücke von dieser wundervollen Landschaft festzuhalten. Sie fühlte sich hier frei genug, um es mit dem Malen einfach noch mal zu wagen. Ganz ohne jeden kommerziellen Hintergedanken, nur um auszuprobieren, ob sie es noch konnte… ob sie es nicht vielleicht sogar besser konnte, als in dem muffigen, engen Atelier in Deutschland.
    Sie seufzte, wie schön wäre es doch, wieder einmal etwas ganz Eigenes machen zu können, etwas von Anfang bis Ende selbst Gedachtes und Gestaltetes, ein Kunstwerk, in dem sie sich verwirklichen konnte… so wie ihr Großvater es in seinem begnadeten Leben geschafft hatte. Nur sich selbst verantwortlich und von niemandem abhängig.
    „Was denkst du?“, fragte Julien und hielt den Krebs weit von sich, um von seinen Scheren nicht gezwackt zu werden. „Du schaust so ernst.“
    Sie lächelte und fühlte sich ertapp, antwortete aber wahrheitsgemäß:
    „Ich habe mich gerade in Gedanken in deinem Turmzimmer einquartiert und mir vorgestellt, dass ich dort oben Bilder vom Meer malen würde.“
    „Mach es“, sagte er nur und es klang, als meinte er es wirklich ernst.

    Juliens Großeltern waren alt geworden. Besonders sein Großvater. Er war zwar sehr freundlich zu ihr, machte aber zeitweilig einen etwas verwirrten Eindruck. Er musste mindestens so alt wie Opa Pierre sein, das hieß, dass er ebenfalls über Neunzig war. Dafür hatte er sich dann aber doch ganz gut gehalten und kleine Gedächtnislücken und Gedankensprünge musste man ihm einfach nachsehen. Das war nun mal der Tribut an ein hohes Alter.
    Er saß neben einer riesigen, blau blühenden Hortensie auf einer Bank im Hof und rauchte seine Pfeife, als sie mit ihrem Krebs ankamen. Sofort war auch er begeistert von dem Fang und nahm Yuna darum kaum wahr. Als Julien sie schließlich vorstellte, schien ihm der Name nichts zu sagen, solange bis Julien seinem Gedächtnis etwas auf die Sprünge half und erklärte: „Sie ist die Enkelin von Pierre, mit der ich als Kind immer gespielt

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