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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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jedenfalls brauchte es mehrere, am Ende schon recht verzweifelte Versuche, bis das Auto endlich ansprang. Mit quietschenden Reifen fuhr sie vom Parkplatz, wobei sie aufpassen musste, nicht mit einem der anderen hektisch aufbrechenden Fahrzeuge zu kollidieren. Sie stand dann noch eine Weile in einem Stau und erreichte mit den zähneklappernden Kindern schließlich erst die Landstraße und dann die Schnellstraße nach Le Ro. Die Kleinen begannen zu weinen, aber waren schnell getröstet, als Yuna sie vor ihrem Haus am Dorfeingang absetze.
    Die junge Frau bedankte sich überschwänglich und Yuna hatte ganz plötzlich das Gefühl dazuzugehören, nicht nur ein touristischer Gast auf diesem Fest gewesen zu sein, sondern für einen kurzen Augenblick mit den bretonischen Menschen ihr Leben geteilt zu haben. Es ging ihr wie Gaud, langsam, ganz langsam schien sie in ihrer neuen Heimat anzukommen.
    Und weil das ein so wichtiges und bekräftigendes Gefühl war, versuchte sie es zu konservieren und in ihrem Herzen einzuschließen. Es sollte darin die Liebe zu diesem Land und seinen Menschen wachsen lassen, den alten Männern zum Trotz, die immer noch ihre dunklen Kriegserinnerungen hervorkramen mussten, egal ob sie einer hören wollte oder nicht. Sollten sie doch, dachte sie, die Zukunft gehörte den jungen Menschen, sie gehörte ihr und Julien!

8
Totentanz

    Der Zorn der Menschen, der Tiere erschöpft sich und sinkt in sich zusammen; - aber lange muss man die Wut der Natur ertragen, weil sie keine Ursache und kein Ziel hat und so geheimnisvoll ist wie Leben und Tod…
    Jetzt fanden sich ihre Lippen und Gaud wandte die ihrigen nicht mehr ab…
    Pierre Loti, Islandfischer

    Als Yuna in trockenen Sachen bei einer duftenden Tasse Tee im Ohrensessel vor dem knisternden Kaminfeuer saß, den Hund zu ihren Füßen, fragte sie sich, wie so ein plötzliches Unwetter überhaupt entstehen konnte. Sie fand keine Erklärung, aber gewiss würde die Lokalausgabe der Quest France sich ausführlich mit dem Ereignis befassen und ganz sicher auch dieses Wetterphänomen in einem Schaubild darstellen. Dafür hatten die dort ein Händchen.
    Sie steckte sich ein Stück vom Gâteau bretonne in den Mund, einen mit vielen Eiern und Butter gebackenen traditionellen Rührkuchen, den sie schon immer schrecklich gerne mochte und der bestens dazu geeignet war, einem das Leben schnell wieder zu versüßen.
    Sie griff zu den Islandfischern und vertiefte sich in die Geschichte von Grand Yann und Gaud und hoffte, dass sie ebenso wieder zusammen kommen würden, wie sie und Julien, denn schließlich war Gaud doch so sehr in diesen wilden Kerl verliebt.
    Sie musste lächeln. War sie das nicht auch? Verliebt in einen wilden Kerl?
    Sie schüttelte den Kopf. Hätte ihr jemand vor zehn Tagen gesagt, dass sie jetzt hier in der Bretagne im sturmumtosten Haus ihres Großvaters sitzen und sich Gedanken über die Liebe machen würde, sie hätte ihn glatt für verrückt erklärt.

    Sie schreckte auf, weil der Hund anschlug und es wenig später an der Haustür klopfte.
    Es war Julien. Er hielt einen dicken Strauß Hortensienblüten und eine Flasche Champagner in der Hand und bat um Einlass.
    „Meine Großeltern sind wohlbehalten wieder im Trockenen und ich habe gedacht, dass ich dich doch nicht so allein hier sitzen lassen kann. Darf ich reinkommen?“
    Und wie er durfte! Der Korken knallte, die Kleidungsstücke flogen in die Ecke und weil die Tür zum großen Schlafzimmer mit dem herrlichen Doppelbett so einladend offenstand, ließen sie sich nicht lange bitten, stolperten lachend hinein und weihten es als künftiges Liebesnest ein.

    „Jetzt bist du meine Braut, kindliche Kaiserin“, murmelte Julien beschwipst, bevor er in Yunas Armen einschlief. „Nicht Sturm noch Meer werden uns je trennen können.“
    Yuna hätte sich gerne über diese Worte gefreut, doch es befiel sie eine seltsame Unruhe, weil ihr der makabere Auftritt von Juliens Großvater wieder in den Sinn kam und auch das seltsame Datum, welches ihr in der Höhle und auf der Gedenktafel auf dem Kirchhof begegnet war. Beides wies zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und hatte irgendetwas mit ihrem Großvater und einer geheimnisvollen Marie zu tun. Wer mochte sie gewesen sein? Eine heimliche Geliebte ihres Großvaters, die er bisher vor der Familie geheim gehalten hatte?
    Nein, vor Sturm und Wind hatte sie keine Angst, da hatte Julien recht, die konnten ihrer Liebe nichts anhaben, aber wie sah es mit der

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