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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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hätte sich denn geändert? Ihre Liebe wäre auch so zerbrochen. Wer nach Island fuhr, kehrte eben irgendwann nicht wieder zurück. Kam er im einen Jahr noch davon und mit fetter Beute heim, so erwischte es ihn halt im nächsten oder übernächsten Jahr.
    Erwischen tat es schließlich fast jeden. Und da war es doch scheißegal, wie viele Kerzen für ihn angesteckt wurden und wie oft für ihn Fürbitte bei der Muttergottes geleistet wurde .
    Und genauso war es nun auch mit Julien und ihr.
    Was hatte ihnen der Segen denn gebracht? Nichts! Die dunklen Mächte der Vergangenheit ließen sich dadurch nicht bannen. Nein, sie triumphierten und lachten nur höhnisch, weil sie nicht nur dilettantisch vorgegangen war, sondern weil sie ihnen zugleich auch noch ihre und Juliens Liebe zum Fraß vorgeworfen hatte.
    Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie in die Strandpromenade einbog und am Weg zu An Triskell war sie nicht in der Lage hinauf zu gehen. Sie fühlte sich dieses Erbes ihres Großvaters nicht mehr würdig, sie konnte das Haus nicht betreten.
    Wie sehr hatte sie auch sein Vertrauen missbraucht. Er hatte ihr das Haus vermacht, damit sie die freundschaftlichen Beziehungen pflegte, die er nach all dem Leid, das der Krieg zwischen ihren Völkern gestiftet hatte, in mehreren Jahrzehnten behutsam geknüpft hatte. Und was tat sie? Wie ein Elefant im Porzellanladen zerschlug sie alles erneut, was er gekittet hatte.
    Sie zögerte noch einen Moment am Klippenweg, dann drehte sie ab und lief wie von einer geheimnisvollen Macht geleitet auf die Felsen des Östlichen Orakels zu.

    Wie sie hingekommen war, wusste Yuna nicht zu sagen, aber irgendwann stand sie plötzlich vor der Grotte. Sie zögerte, aber es war, als zöge sie eine unbekannte Kraft hinein, als schnappte der dunkle Eingang wie ein riesiges Fischmaul nach ihr, um sie, wie der Wal Jonas, einfach zu verschlucken. Hier hat alles angefangen, dachte sie schicksalsergeben, und so war es nur logisch, wenn hier auch alles endete.
    Obwohl der Boden der Höhle bereits voller Wasser stand, drang sie vorsichtig bis in den hohen Felsendom vor.
    Sie musste die Schrift sehen, sie musste sie berühren, sie musste über sie den Kontakt zu ihrem Großvater finden und ihn um Verzeihung bitten für etwas, was eigentlich unverzeihlich war. Sie hob ihre Hand, um sie auf die Schrift zu legen, in der irrationalen Hoffnung so eine Verbindung zu ihm herstellen zu können. Aber als sie die aus dem Stein gemeißelte Inschrift berührte, war sie kalt und feucht und nichts geschah. Das erhoffte Wunder blieb aus..
    Sie glaubte es erst nicht, dann ließ sie sich fröstelnd auf einen der Felsbrocken sinken und begriff, dass sie allein war.
    Yuna war völlig verwirrt. War es denn möglich, dass sie sich alles nur eingebildet hatte?
    Ihre Hand tastete zu dem Medaillon an ihrem Hals. Es fühlte sich warm an, aber ihr war bewusst, dass es nichts Übersinnliches war, sondern die Wärme ihres eigenen Körpers, die das Schmuckstück während des Tragens angenommen hatte..
    Wie war sie nur auf die Idee gekommen, dass es zu ihr sprechen oder sie verlocken wollte, seine Geschichte zu erforschen?
    Aber sie hatte die sanfte Stimme doch noch im Ohr… Die konnte sie sich unmöglich nur eingebildet haben! Es musste doch irgendeine Botschaft in dem Medaillon enthalten sein. Oder hatte Julien recht, der hier nur den Zufall am Werke sehen wollten?
    Sie hockte grübelnd auf dem Felsen und vergaß darüber völlig Ort und Zeit. Was nur hatte ihren Gefühlshaushalt so durcheinander gebracht, dass sie sogar im Schlaf gewandelt war?
    Die romantisch-kitschige Geschichte von Gaud und Yann? Das war schwer zu glauben. Aber hatte nicht auch Goethes Werther so einen Einfluss auf die Leser ausgeübt, dass viele davon infiziert den Freitod suchten?
    Hatte Loti sie so sehr in seinen Bann gezogen, dass sie in ihrer Fantasie aus wenigen zufälligen Indizien eine ähnlich romantische Story zusammenzubasteln begann? Eine Seefahrerliebe zwischen einem geheimnisvollen unbekannten Seemann und der ehemaligen Besitzerin dieses Medaillons?
    Sie war ja schon so weit gegangen, dass sie dieses ausgedachte Liebespaar in ihrer Phantasie in dieser Grotte jämmerlich ertrinken ließ, an jenem 6.Juli 1943…
    Nun nach dem Besuch im Zeitungsarchiv wusste sie, dass das Datum nicht das Geringste mit einem Liebespaar zu tun hatte, sondern an den Untergang des holländischen Schiffes erinnern sollte. Und es war belanglos, wer oder was dafür

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