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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Menton
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zerschlagen erwachte, beschloss sie Julien bei seinen Großeltern zu besuchen. Sie wollte wissen, was damals wirklich geschehen war und niemand anderes konnte ihr das besser sagen, als Großvater Pierres Freund, der zugleich eine bedeutende Rolle in der Résistance gespielt hatte und einer der letzten Zeitzeugen war: Juliens Großvater.
    Als sie den Innenhof des Guts betrat, kam ihr Julien gut gelaunt entgegen.
    „Wie schön, dass du mich abholen kommst, wollen wir mit den anderen Beachvolleyball spielen?“
    Sie winkte ab.
    „Später vielleicht. Ich würde so gerne mal wieder ein bisschen die Ziegen kämmen. Vielleicht läd mich deine Großmutter dafür zur Belohnung zum Essen ein. Letztes Mal war es einfach köstlich!“
    Julien lachte und schien ihr die Dreistigkeit, mit der sie sich quasi selbst einlud, nicht übel zu nehmen.
    „Letztes Mal hatten wir aber auch einen schönen fetten Krebs als Vorspeise. Damit kann sie heute nicht dienen. So weit ich weiß, hat meine Großmutter heute nur ein Pot au feu auf dem Herd.“
    „Oh, das ist großartig“, schwärmte Yuna sofort. „Ich liebe diesen Eintopf.“
    „Na, dann betrachte dich einfach als eingeladen. Brauchst dafür auch nicht unbedingt die Ziegen kämmen.“
    „Ich mache es aber gerne…“
    „Komm lieber mit zu mir auf mein Zimmer, Ich will dir etwas zeigen.
    So ließ sie die Ziegen Ziegen sein und folgte ihm in das Turmzimmer.
    Sofort bemerkte sie zwei dicke Bücher, die auf seinem Schreibtisch lagen.
    „Die habe ich für dich aus Großvaters Bibliothek gemopst“, sagte er in verschwörerischem Tonfall.
    Sie trat näher, um die Titel zu lesen.
    Das eine war ein Buch über die Arbeit der Résistance während der Besatzungszeit und das andere ein Buch über den U-Bootkrieg im Zweiten Weltkrieg. Beides auf Französisch.
    „Was soll ich mit einem Buch über den U-Bootkrieg?“ fragte sie verwundert.
    Julien zuckte die Achseln.
    „Ich dachte halt, es interessiert dich alles, was damals im und auf dem Meer so los war.“
    „Naja, alles nun auch wieder nicht, aber ich kann es mir ja mal ansehen. Darf ich es mitnehmen?“
    Davon schien Julien nicht so begeistert.
    „Kannst du die Bücher vielleicht bei mir lesen? Ich glaube, mein Großvater wäre mit einer Ausleihe nicht einverstanden. Er wacht sehr eifersüchtig über seine Bibliothek.“
    Das konnte Yuna durchaus nachvollziehen und so bedankte sie sich bei Julien und versprach ihm, beim ersten Regentag zu ihm zu kommen und die Bücher auf brauchbare Informationen hin durchzusehen.
    Hätte sie es gleich getan, und nicht am Mittagessen teilgenommen, wäre ihr viel Ärger erspart geblieben.
    So aber missbrauchte sie die Gastfreundschaft von Juliens Familie und startete einen Versuch, seine Großeltern über die Ereignisse rund um das Schiffsunglück am 6.7.1943 auszufragen.
    Sie musste von allen guten Geistern verlassen gewesen sein, als sie nach einem köstlichen Eintopfessen beim Dessert das Thema anschnitt.
    „Ich habe in einer alten Zeitung gelesen, dass in der Nacht zum 6.Juli 1943 ein Schiff in der Bucht gesunken ist und ich habe ein Foto gesehen, auf dem Dutzende von Leichen am Strand aufgereiht lagen. Ich habe meinen Großvater auf diesem Foto erkannt, wie er den Strandabschnitt sperrte. Können sie mir sagen, was damals geschehen ist? Warum ist das Schiff gesunken? War es der Orkan?“
    Julien war bei ihren ersten Worten alarmiert aufgesprungen. Nun stand er neben ihrem Stuhl und zog sie hoch. Besorgt schaute er dabei auf seinen Großvater, der in seinem Lehnstuhl nach Luft rang.
    „Sie, sie meint es nicht böse“, sagte Julien mit erregter Stimme zu ihm.
    „Sie ist nur eine neugierige junge Frau, die ja nur etwas mehr über ihren eigenen Großvater wissen möchte, sie…“
    Er zerrte an Yunas Arm, aber sie wollte nicht gehen. Nicht ohne Antwort. Diesmal nicht. Wenn es das halbe Dorf wusste, dann konnte sie, nun wo sie hier ein Haus besaß, schließlich auch erfahren, was damals geschehen war.
    „Jetzt komm doch, endlich“, zischte Julien sie unwillig an, als er ihren Widerstand spürte und sie zischte zurück:
    „Erst wenn er mir sagt, was damals geschehen ist und was mein Großvater damit zu tun hat.“
    „Und wenn du dir das alles nur einbildest? Wenn er überhaupt nichts damit zu tun hat? Wenn er nur zufällig auf dem Foto ist?“
    „Dann kann er es ja sagen…“
    Die kratzige Stimme von Juliens Großvater unterbrach ihr Wortgeplänkel abrupt.
    Aber er schien gar nicht wirklich

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