Ein bretonisches Erbe
würde nicht aufgegeben, jetzt noch nicht, nicht bis ihr nicht das Wasser wirklich bis zum Hals stand, nicht vor dem letzten Atemzug!
Sie setzte sich auf, und umklammerte in der Hocke ihre Knie.
Ich will leben, dachte sie dabei trotzig, für Julien, für unsere Liebe!
11
Tragische Ereignisse
Trotz ihrer kraftvollen Jugend wurde jetzt ihr Lächeln zur Grimasse, ihre Zähne schlugen vor Kälte aufeinander; mit ihren zusammengekrampften, blaugefrorenen Händen führten sie die notwendigen Griffe aus… sie hatten nur noch das Bewusstsein, da zu sein, einer neben dem anderen…
Sich fest umschlungen haltend, standen sie stumm in der Verzückung eines Kusses, der kein Ende nehmen wollte.
Pierre Loti, Islandfischer
Ein Geräusch neben dem Felsen ließ Yuna erschrocken auffahren. Eine dunkle Gestalt zog sich unter Schnaufen und Platschen zu ihr hoch.
Ein Taucher schoss es ihr durch den Kopf. Oh, Gott, ein Taucher, ich bin gerettet.
Er setzte sich neben sie, zog den Atemschlauch vom Mund und schob die Taucherbrille hoch.
Yunas Herz drohte stehen zu bleiben, als sie ihn erkannte.
„Julien!?“
Das konnte doch nicht sein! Wie kam er hierher?
„Deine Mutter wusste sich keinen anderen Rat, die Seenotrettung hätte es nicht rechtzeitig geschafft, da hat sie bei uns angerufen, um zu fragen, ob wir Hilfe wüssten… Tja, da musst du nun leider mit mir Vorlieb nehmen.“
Er lächelte und wirkte selbst in diese Situation noch charmant. „Ich hoffe, es ist dir nicht zu unangenehm, dass ich beschlossen habe, gleich selber zur Tat zu schreiten? Schließlich bin ich seit Jahren Sporttaucher.“
Er strich ihr mit einer freundlichen Geste die nassen Haare aus dem Gesicht.
„Dies ist allerdings bei weitem das gefährlichste Revier, in dem ich bisher getaucht bin.“
Fragend sah er sie an und sein Blick wirkte besorgt, weil sie noch immer kein Wort gesagt hat, sondern nur mit klappernden Zähnen, am ganzen Körper zitternd, wie ein Häufchen Elend vor ihm hockte.
„Wie fühlst du dich, du siehst sehr blass und erschöpft aus. Wird dein Kreislauf eine kurze Tauchstrecke aushalten?“
Sie konnte wirklich kaum noch sprechen, stammelte aber nun:
„Wi… wi… wird sch… sssschon gehen…“
Er rutschte näher zu ihr und begann ihre eiskalten, erstarrten Hände zu massieren. Dann zog er ihr die Schuhe aus und tat mit den Füßen dasselbe. Dabei erklärte er ihr in ruhigen, sachlichen Worten, was sie tun sollte, um aus dieser Höhle heraus zu kommen.
Wie wohltuend seine Hände waren und welche Sicherheit er ausstrahlte. Yuna spürte, wie nach und nach ein Teil seiner Energie auf sie überging und ihr neue Zuversicht gab.
„Dieser Bereich der Höhle liegt im Moment noch etwa einen Meter über dem Wasserspiegel, er würde normaler weise auch nicht ganz voll laufen. Da wir aber eine Springflut haben, ist der Tidenhub heute besonders hoch. Die Höhle ist darum auch schneller voll gelaufen als sonst und so bist du vom Wasser überrascht worden.“
Sie fand es bemerkenswert, dass er sie in dieser Situation nicht tadelte, sondern sogar noch Entschuldigungsgründe für ihr leichtsinniges Verhalten fand und dass, obwohl er von ihr doch so sehr verletzt worden war.
Julien führte nun ihre Hände zu seinem Mund und behauchte sie mit seinem warmen Atem. Dann sprach er schneller weiter.
„Unser Problem ist, dass der Höhleneingang bereits unter Wasser liegt und der Weg dorthin bis auf einen kleinen Abschnitt ebenfalls. Wir haben aber nur dieses eine Sauerstoffgerät für uns beide.“
„Aber das geht doch nicht“, stöhnte sie verunsichert auf.
„Doch, das geht. Ich zeige dir, wie du es benutzen musst. Wenn die Luftblase im Gangstück noch etwas hält, werden wir es schaffen. Wir tauchen zusammen bis dahin durch. Du nimmst den Atemschlauch und ich versuche es so. Wenn dort zwischen Decke und Wasser noch Luft ist, tauchen wir auf und ich atme ein. Dann tauchen wir genauso wie vorher bis zum Eingang. Nur etwa einen Meter über uns ist dann die Meeresoberfläche. Wir steigen auf und sind gerettet.“
Das hörte sich einfach an, aber Yuna hatte schon immer Angst vor dem Tauchen gehabt und war sich nicht sicher, ob ihre Nerven das durchhalten würden.
„Und wenn die einzige Stelle im Gang, in der sich die Luftblase befunden hat, inzwischen auch überschwemmt ist?“
„Dann musst du einen Moment die Luft anhalten und mir den Atemschlauch geben, damit ich Sauerstoff bekomme. Du musst nur ruhig bleiben und keine Panik
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