Ein bretonisches Erbe
bekommen. Die Strecke wird dir Unterwasser und in der Dunkelheit länger vorkommen als sie ist, aber ich habe sie in zwei Minuten durchschwommen. Also kein Problem.“
Julien nahm das Atemgerät und begann ihr seine Funktion zu erklären. Aber sie war inzwischen so ein Nervenbündel, dass sie mehrere Versuche brauchte, um das Ding überhaupt erst einmal richtig an ihr Gesicht zu bringen und damit zu atmen.
Da Julien sehr geduldig war, klappte es schließlich doch.
„Pass nur auf, dass du nicht an die Felsen stößt, sie sind scharfkantig und gefährlich.“
Sie bibberte vor Kälte und mit zitternden Händen zog sie die Schuhe wieder an.
Julien schlang ein Seil um ihre Hüfte und klickte es mit einem Karabinerhaken an seinen Tauchgürtel.
„Damit du mir nicht einfach davon schwimmst, kleine Meerjungfrau“, sagte er liebevoll mit dem Anflug eines Lächelns. „Du siehst wirklich so aus, als hätte man dich im Hafen von Kopenhagen vom Felsen gepflückt.“
Einen Moment blickten sie sich im Dämmerlicht der Grotte tief in die Augen.
„Warum, warum tust du das für mich?“, stammelte Yuna fassungslos. Hatte Julien nicht vorhin noch voll Zorn und Schmerz gesagt, dass er sie nie mehr wieder sehen wollte? Und nun war er hier, um sie zu retten und fand auch noch so liebe Worte…
Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen leichten, feucht-kalten Kuss.
„Weil ich dich vielleicht doch mehr liebe, als ich geglaubt habe…“
Und als ich es verdient habe, dachte sie beschämt. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an ihn und als käme aus seinem Mund der Atem, den sie zum Leben brauchte, konnte und wollte sie ihre Lippen nicht mehr von den seinen lassen.
Aber es musste sein.
Julien gab ihr noch seine Taucherbrille und es konnte losgehen.
Yunas Angst war unbeschreiblich, aber da Julien so ruhig und umsichtig, war, versuchte sie, sich ebenfalls in den Griff zu kriegen. Auf keinen Fall wollte sie durch eine hysterische Reaktion die ganze Rettungsaktion und auch noch sein Leben gefährden.
Zuerst ließ Julien sich selbst in die dunkle Flut gleiten, dann zog er sie vorsichtig zu sich herunter, wobei er beruhigend auf sie einredete. Dennoch ruderte sie erst wild und orientierungslos im Wasser herum.
„Yuna, du musst dich beruhigen. Es ist wirklich nicht schwer, aber wir können es nur schaffen, wenn wir das ganz ruhig und konzentriert angehen. Ich muss mich auf dich verlassen können. Wenn du Panik kriegst, und ich nicht an zusätzlichen Sauerstoff komme, werde ich ertrinken.“
Er sah sie sehr ernst und flehend an.
„Bitte, Liebste, reiß dich zusammen, tu es für mich, für uns…“
Sie nickte.
„Wir werden es schaffen“, flüsterte sie mit versagender Stimme, spürte jedoch bereits, wie die Klaustrophobie in sie hineinkroch und Körper und Geist handlungsunfähig zu machen drohte.
„Okay, bleib jetzt dicht hinter mir und halte dich an dem Seil zwischen uns fest. Wir tauchen auf mein Zeichen.“
Er holte noch einmal tief Luft und gab dann das Signal.
Yuna begann durch das Mundstück zu atmen und ließ sich ins Wasser absinken. Dunkelheit umfing sie.
Wir werden sterben, dachte sie verzweifelt. Wir werden das Liebespaar sein, das in dieser Höhle den Tod findet.
Sie hatte den Gedanken kaum zu ende gedacht, als sie ein starker Arm nach oben riss.
Neben Julien tauchte sie in der Luftblase im Gang auf. Er holte keuchend Luft. Nach kurzer Zeit grinste er sie jedoch schon wieder an.
„Na bitte, Glück gehabt. Jetzt ist es nur noch ein kurzes Stück bis zum Ausgang und zur Oberfläche.“
Wieder verabredeten sie, auf sein Zeichen zu tauchen.
„Und denk daran, die Zeit und die Entfernung kommt dir unter Wasser länger vor als sie in Wirklichkeit ist.“
Beides erschien ihr unendlich.
Julien tauchte vor ihr durch die Dunkelheit und es wollte und wollte sich kein Licht zeigen. Sie stieß mit dem Knie gegen eine Felsnase, spürte aber den Schmerz in ihrer Anspannung gar nicht.
Dann endlich wurde es heller, das musste der Ausgang der Höhle sein. Yuna wollte gerade Hoffnung schöpfen, als Julien sich umdrehte und auf sie zu geschwommen kam. Er machte ihr Zeichen, die sie nicht verstand. Dann deutete er auf ihren Atemschlauch.
Sie fühlte einen Anflug von Panik, aber dann sagte sie sich, dass er vielleicht die Entfernung unterschätzt hatte, und ihm nun die Luft knapp wurde. Sie atmete noch einmal kräftig ein. Hastig griff er nach dem Schlauch. Offenbar hatte er bis zur letzten Sekunde gehofft, es
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