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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Wissen Sie, wie viele Sieger ich diese Woche gehabt habe?«
    »Nein.«
    »Vierzehn von achtzehn. Jedesmal, wenn ich wirklich angestrengt um einen Sieger bete, ist das Rennen praktisch gelaufen.« Einfältig wandte er seinen Blick ab. »Wissen Sie, mir ist aufgefallen, dass die Kirche dringend gestrichen werden muss, Father. Kapital habe ich augenblicklich zwar nicht viel übrig; wenn Sie jedoch ein paar Dollar haben, die Sie setzen wollen – einen Augenblick, werden Sie doch nicht gleich sauer -, nächsten Sonnabend läuft ein Pferd, das Sally‘s Gal heißt, und ...«
    »Ich dachte, wir hätten dieses Thema bereits abgeschlossen, Mr. Sheridan.«
    »Lassen Sie mich doch erst mal ausreden, Father. Ich weiß, dass Sie was gegen das Wetten haben, aber die Sache mit diesem Pferd muss ich Ihnen doch erzählen.« Er rückte noch näher heran und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Dieser Gaul wird nämlich heimlich trainiert, Father, und sein Besitzer hat mir selbst gesagt, dass er jetzt fit ist. Den Bahnrekord hat der Gaul bereits um fünf Sekunden verbessert, und nicht bloß einmal, sondern mehrmals. Und nächste Woche läuft er sein erstes großes Rennen, und zwar gegen lauter Neulinge. Sie wissen wohl selbst, wie junge Pferde rennen, Father...«
    »In diesen Dingen kenne ich mich nicht aus«, sagte Father Amion.
    »Das verstehe ich«, erwiderte Sheridan unverblümt. »Die Biester rennen wie verrückt. Jedenfalls haben die Besitzer sich ausgerechnet, dass die Wetten früh morgens auf zwanzig zu eins stehen werden, wahrscheinlich jedoch noch höher. Die Sache sieht äußerst günstig aus, Father, und wenn ich dann noch anfange zu beten...«
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Father Amion. »Um vier Uhr beginnt eine Sitzung des Kirchenvorstands.«
    »In Ordnung, Father, ich wollte es Ihnen auch nur sagen«, erwiderte Sheridan und schob sich wieder hinter das Lenkrad seines neuen Wagens. »Ich persönlich setze meinen letzten Cent auf dieses Pferd, und wenn Sie mitmachen wollen, bin ich jederzeit gern bereit, Ihnen behilflich zu sein.«
    Aber Father Amions Begegnung mit Sheridan war nur das Vorspiel zu einer noch enttäuschenderen Angelegenheit. Die Sitzung des Kirchenvorstands brachte, wie sich herausstellte, nur eine neue betrübliche Aufzählung der finanziellen Schwierigkeiten, in der die Kirche sich befand. Die Frage der Reparaturen wurde aufgeschoben, damit der Kirchenrat die normalen Ausgaben diskutieren konnte, die ebenfalls viel zu hoch zu sein schienen. Mit gequältem Lächeln kam der Vorsitzende zu dem Schluß, dass Father Amion ein besserer Pfarrer als Geschäftsmann wäre, und zitierte dazu einige tollkühne Liebeswerke, die Father Amion zugeschrieben werden mussten, die jedoch eine vernünftige Verwaltung des Kirchenvermögens, das sich mittlerweile auf keine sechshundert Dollar mehr belief, schwierig, wenn nicht sogar unmöglich machten. Father Amion gab die Beschuldigungen zu, versprach jedoch nicht, seine Fehler zu berichtigen. Als die Sitzung beendet war, ertappte er sich dabei, dass er immer wieder an den neuen blauen Wagen von Mr. Sheridan denken musste.
    In dieser Woche erschien der wettlustige Mr. Sheridan täglich zum Gottesdienst. Doch erst am Freitag vormittag sprach Father Amion wieder mit ihm, und als er es tat, geschah etwas, das er sich für den Rest seines Lebens einfach nicht erklären konnte.
    »Guten Morgen, Father«, sagte Sheridan liebenswürdig. »Ein schöner Tag ist das heute, nicht? Hoffentlich ist es morgen auch noch schön.«
    »Morgen?« fragte der Geistliche unsicher.
    »Ja. Morgen ist nämlich das Rennen, verstehen Sie? Und Sally‘s Gal ist zwar bei schwerem Boden auch gut, aber auf hübsch trockener Bahn erheblich besser. Ich habe mich genau erkundigt, Father. Wenn alles gut geht, werden Sie mich hier wohl leider nicht mehr sehen.«
    »Wieso ?«
    »Weil ich mir dann nämlich ein Haus in Florida kaufe. In der Nähe von Hialeah.«
    Father Amion lächelte freundlich. »Ich wünsche Ihnen dazu viel Glück, Mr. Sheridan – wirklich.«
    Er wandte sich gerade ab, als ein Impuls ihn verAnlasste, sich noch einmal umzudrehen und zu sagen: »Mr. Sheridan ...«
    »Ja, Father?«
    »Sind Sie sich bei dem Pferd wirklich ganz sicher?«
    »Völlig sicher, Father. Die ganze Woche über habe ich gebetet, und ich weiß, dass das Pferd das Zeug dazu hat.«
    »Wenn jemand – sagen wir einmal: fünfhundert Dollar auf dieses Pferd setzt: Mit welchem Gewinn könnte er möglicherweise

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