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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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dort?«
    »Ja, ich komme gerade vom Rennen. Das Geld habe ich für Sie gesetzt – so, wie ich es versprochen hatte.«
    »Ich möchte nicht, dass Sie das Gefühl haben, daran schuld zu sein. Sie versuchten auf Ihre Weise, Gutes zu tun; wenn es überhaupt Schuld gibt, fällt sie auf meine Schultern.«
    Sheridan blinzelte ihn verstört an. »Ich verstehe Sie nicht, Father.« Dann griff er in sein Jackett, zog die Brieftasche heraus, und diese Brieftasche war gewaltig angeschwollen. »Hier ist Ihr Geld, Father. Es ist zwar nicht so viel, wie ich ursprünglich glaubte, aber wahrscheinlich wird es Ihnen doch helfen.« Er blätterte es langsam hin und sagte: »Zweitausendeinhundert Dollar, Father. Vielleicht zählen Sie es selbst noch einmal nach.«
    Father Amion betrachtete das Bündel Geldscheine in seiner Hand, und seine Augen wurden groß. »Das verstehe ich nicht. Es kann nicht mir gehören.«
    »Natürlich gehört es Ihnen«, sagte Mr. Sheridan. »Nehmen Sie es ruhig, Father.«
    »Nein! Es muss sich um einen Irrtum handeln!«
    »Was?«
    »Sie können doch nicht behaupten, dass das Pferd gewonnen hat! Sie hielten mich zum Narren. Mr. Sheridan, sagen Sie, dass es nicht wahr ist! Sagen Sie, dass Sally‘s Gal nicht gewonnen hat!«
    »Gewonnen? Nein, gewonnen hat er nicht!«
    »Er hat nicht gewonnen?«
    »Nein«, sagte Sheridan unglücklich. »Bis in die Zielgerade hat er sich gut gehalten; er lag vier Längen vor dem Feld. Aber dann war plötzlich Schluss, Father, und warum – das weiß ich auch nicht. Eine so todsichere Sache, und dann war mit dem Gaul einfach Schluss.«
    »Aber wenn das Pferd nicht gesiegt hat – warum bringen Sie mir dann dieses viele Geld?«
    Sheridan lächelte müde. »Sehen Sie, Father, Sie wollten doch sicher nicht, dass ich Ihr Geld auf Sieg riskierte, nicht? Ich meine, für einen Mann wie mich geht das in Ordnung. Aber bei Ihnen ging ich auf Nummer sicher und setzte Ihr Geld auf Platz. Gewonnen hat das Pferd zwar nicht, aber immerhin ging es als Zweiter durchs Ziel. Das reichte für zwanzig zu vier.«
    »Sie wollen damit sagen, dass dieses Geld mir gehört‘ obgleich das Pferd nicht gesiegt hat?«
    »Klar, Father, das stimmt.«
    »Warum machen Sie dann ein so unglückliches Gesicht? Ich dachte...«
    Sheridan machte eine verzweifelte Geste. »Ich selbst bin nicht so gescheit gewesen, Father. Ich habe jeden Cent, den ich besaß, auf Sieg gesetzt. Und jetzt bin ich wieder genau da, wo ich anfing, mit zwei Dollar in der Tasche. Wissen Sie was?« sagte er trübsinnig. »Vielleicht gehe ich doch wieder in den Gebrauchtwagenhandel zurück. Halten Sie das für eine gute Idee?«
    »Ja«, erwiderte Father Amion mit bebender Stimme und nahm das Geld. »Meiner Ansicht nach ist es wahrscheinlich eine wundervolle Idee, Mr. Sheridan.«
    Beim Hinausgehen zögerte Sheridan einen Augenblick, als er an der Armenkasse vorüberkam, holte schließlich die beiden letzten Dollar aus der Brieftasche und schob sie durch den Schlitz. Dann winkte er und verschwand durch die Tür.

Dienstbotenprobleme
    E ntgegen allen Gerüchtenrasieren Männer sich gern. Kerwin Drake genoss den Vorgang gründlich, von der ersten kühlen Berührung des Seifenschaums bis zum abschließenden Abreiben mit dem Rasierwasser zu zehn Dollar, das er benutzte. Er liebte den hellen Glanz seines Badezimmers, das luxuriöse Gefühl des weichen Teppichs unter seinen bloßen Füßen. Er liebte es, wenn die Klinge um den grauen Schnurrbart herumrasierte und an den langen hageren Wangen hinunterglitt. Er war Narziß mit einem Rasierapparat in der Hand.
    Das Ankleiden war ein noch befriedigenderes Erlebnis.
    Kerwin besaß zwanzig Anzüge, alle Maßarbeit, viele aus dem Ausland. Den Akt der Auswahl genoss er besonders.
    Zum heutigen Abend, einer besonderen Gelegenheit, wählte er einen schimmernden Anzug aus italienischer Seide. Seine Krawatte, silberne Seide mit einem angedeuteten Lilienmuster, schien sich von selbst um seinen Hals zu schlingen.
    Im Bewußtsein der distinguierten Wirkung, die er damit geschaffen hatte, begab er sich die Treppe zum Hauptraum seines Hauses hinunter. Bisher war noch niemand da, der diese Wirkung bewundern konnte; aber bald würden sie kommen: Colton und Frau, Standish und Frau sowie deren Tochter Sylvia. Standish war der Verleger, der Kerwins Romane herausbrachte. Bisher waren es nur zwei gewesen. Einige Exemplare dieser Romane lagen deutlich sichtbar auf dem Kaffeetisch im Wohnzimmer, wo sie immer zu finden waren. Kerwin

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