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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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wünschen Sie?« sagte er.
    »Mir ist gerade eingefallen, dass man Sie vielleicht noch nicht informiert hat, und deswegen glaubte ich, Sie anrufen zu müssen. Hat es Ihnen noch niemand mitgeteilt?«
    »Was mitgeteilt?«
    »Es ist eine sehr unangenehme Aufgabe«, sagte Fleming ernst. »Und es bekümmert mich, dass ausgerechnet ich es Ihnen mitteilen muss, aber mit Sicherheit ergeben sich gewisse juristische Probleme aus dem Tod Ihrer früheren Frau...«
    »Aus ihrem was?«
    »Es tut mir schrecklich leid, aber Mrs. Gibson ist in der vergangenen Nacht an einem Herzanfall verstorben. Mr. Sebron war zu diesem Zeitpunkt bei ihr, und da Sie mit ihm befreundet sind, dachte ich, dass er Sie vielleicht...«
    »Du dreckiges Schwein!« schrie Edward, obgleich sich diese Verwünschung nicht auf den Anwalt bezog.
    Er schmetterte den Hörer auf die Gabel, nahm ihn jedoch im nächsten Augenblick wieder ab und wählte fieberhaft. Als sich in der Wohnung von Karl Sebron niemand meldete, hätte er den Hörer fast durch das Fenster geschleudert. Dann klickte es jedoch, und die Stimme eines Dienstmädchens sagte: »Hier bei Mr. Sebron. Wer spricht dort bitte?«
    »Wo steckt er?« sagte Edward. »Hier ist Ed Gibson.«
    »Es tut mir leid, Mr. Gibson, aber Mr. Sebron ist im Augenblick nicht hier.«
    »Wo ist er hingegangen?«
    »Mr. Sebron fuhr um drei zum Flughafen. Soviel ich weiß, wollte er nach St. Thomas fliegen. Aber ganz sicher bin ich mir nicht...«
    »Hat er denn nichts gesagt?« brüllte Edward. »Irgendetwas muss er doch gesagt haben!«
    »Das hat er auch, Sir«, erwiderte das Mädchen kichernd. »Das hat er tatsächlich. Er sagte, er fahre jetzt in die Flitterwochen. Können Sie sich vielleicht vorstellen, was er damit gemeint hat?«

Die richtige Medizin
    C harlie hatte den besten Rat vergessen, den man ihm jemals gegeben hatte. Sechs Monate vor seinem Tode hatte Turk, sein großer Bruder, ihm diesen Rat gegeben, und Charlie hatte den barschen Worten gelauscht, als wäre Turk ein Geistlicher, der das Evangelium verkündete, und nicht ein Gauner, der in einer verkommenen Umgebung verbotene Glücksspiele arrangierte. »Leg alte Ladies um«, hatte Turk zu ihm gesagt. »Leg meinetwegen auch kleine Kinder um. Aber was du auch tust, Charlie – bring niemals einen Polizisten um.«
    Charlie hatte diesen Rat jedoch vergessen. Und als die Sirene durch die Vorstadtstraße jaulte, als Männer in blauen Mänteln und mit verbissenen Gesichtern den Weg entlanggerannt kamen, an dem er sich versteckt hatte, hatte Charlie den Kopf verloren und geschossen. Der Polizist an der Spitze hatte komisch geschrien und war dann der Länge nach hingeschlagen. Die anderen hatten Charlies Schüsse zwar erwidert, aber nur eine Kugel in das beabsichtigte Ziel gebracht, und sie hatte Charlies Oberschenkel getroffen; trotzdem gelang es ihm noch, wie verrückt hinkend davonzurennen, bis er in Sicherheit war.
    Er keuchte, Schmerzen durchzuckten ihn, und jede Faser seines Körpers zitterte; aber immerhin war er frei. Und das Geld? Das Geld lag immer noch im Koffer, fast zweitausend in kleinen Geldscheinen, und das genügte, um ihn vor der tödlichen Gefahr zu retten, die der Mord an einem Polizisten zwangsläufig bedeutete.
    Aber zuerst musste er noch etwas anderes tun. Er hielt ein Taxi an, ließ sich vor der Tür von Doc Sanchez absetzen und stolperte in die verkommene Praxis des alten Arztes, wobei er vor Schmerzen stöhnte.
    »Das sieht gar nicht so schlecht aus«, sagte der Doc, und sein weingeschwängerter Atem wehte Charlie ins Gesicht. »Das ist ein glatter Durchschuss, so dass wir die Wunde gar nicht zu untersuchen brauchen. Ich werde sie bloß ein bisschen säubern und dann verbinden. In einigen Wochen ist das Bein wieder so gut wie neu. Schonen Sie es aber ein bisschen , wenn Sie können.«
    »Wenn ich kann?« sagte Charlie und hätte am liebsten gelacht; aber die Schmerzen waren zu stark. »Soll das ein Witz sein, Doc? Ich muss möglichst schnell weg. Haben Sie es nicht am Radio gehört?«
    »Seit ich Fernsehen habe, höre ich kein Radio mehr. Was hat es denn gegeben?«
    »Räuber und Gendarm, mit mir in der Hauptrolle. Alle fünf Minuten wird meine Personalbeschreibung durchgegeben.«
    »Hast du etwa die Münze ausgeraubt?«
    »Nein.« Charlie machte ein angewidertes Gesicht; für zweitausend war die Aufregung viel zu groß. »Ich habe einen Juwelier ausgenommen. Viel war es nicht. Aber jetzt tut alles so, als wäre ich Dillinger – und das bloß

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