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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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viktorianischen Schreibtisch. Wie immer zitterte seine Hand vor Ärger und Widerwillen, als er die vier Zahlen auf die Anweisung schrieb. Die Unterhaltszahlung war für Gloria der einzige Sieg in der dreimonatigen Gerichtsschlacht gewesen, die ihre ehelichen Bindungen endgültig beendet hatte. Es war viel Geld, überlegte Edward traurig. Verdammt viel Geld!
    Er leckte gerade das Kuvert an, als leise die Hausglocke in der Wohnung anschlug. Verwirrt runzelte er die Stirn und blickte auf seine Uhr. Besucher um halb zehn waren ungewöhnlich. Entschlossen marschierte er zur Tür und war darauf vorbereitet, sich mit einem Vertreter herumschlagen zu müssen. Stattdessen sah er sich Karl Sebron gegenüber.
    »Morgen.« Karl grinste einfältig.
    Sebron war ein junger Mann mit dichtem und gelocktem blondem Haar sowie von athletischer Anmut. Als ewiger Student trug er unter seinem Straßenanzug einen Pullover und weiße Segeltuchschuhe an den kleinen Füßen. Wie ein Läufer, der vor einem Rennen die Startlöcher ausprobiert, wippte er auf den Fußballen, und sein Gesicht hatte denselben gespannten und erwartungsvollen Ausdruck.
    »Was, zum Teufel, hast du hier zu suchen?« sagte Edward erheblich ungnädiger, als er beabsichtigte. »Ziemlich früh für dich, nicht?«
    »Mag sein«, erwiderte Karl ungerührt. »Wie wäre es, wenn du mich einlassen würdest?«
    Knurrend trat Edward beiseite und ließ ihn herein. Mit einer Nonchalance, die nichts anderes als eine unbeholfene Imitation war, betrat Karl das Wohnzimmer und setzte sich. Im College waren sie zwar Klassenkameraden, aber niemals Freunde gewesen. Ihre einzige Verbindung war jetzt Karls scheinbares Interesse für Gloria; aus schwer erklärlichen Gründen war er mit Edwards ehemaliger Frau ständig verabredet.
    Immerhin glaubte Edward eine Erklärung dafür gefunden zu haben. Er vermutete, dass ein Teil seiner Unterhaltszahlungen Karl zu Sportjacketts und Leinenschuhen verhalf.
    »Hast du Gloria in letzter Zeit gesehen?« fragte er ironisch und setzte sich in den Schaukelstuhl.
    »Dauernd«, erwiderte Karl lächelnd. »Um genau zu sein: Eigentlich wollte ich nämlich mit dir über Gloria sprechen.«
    »Von Gloria habe ich genug.« Edward nahm eine Zigarette aus der Porzellandose, die auf dem Tisch stand, und beobachtete dabei den anderen. »Langsam werdet ihr beide zum Stadtgespräch.«
    Karl lachte. »Ärgert dich das?«
    »Sagen wir lieber, dass es mich erstaunt. Entweder hat Gloria sich vollkommen verändert, oder aber du bist der dämlichste, taubste und blindeste Mann, den ich jemals kennengelernt habe. Merkst du denn nicht, was sie ist?«
    »Das kommt darauf an«, sagte Karl. »Gelegentlich kann sie ausgesprochen reizend sein. Und sehr großzügig.«
    Edward fluchte leise und legte die Zigarette hin, ohne sie angezündet zu haben, wobei er jede Höflichkeit außer acht ließ. »Was hast du vor, Karl? Wozu bist du hierhergekommen?«
    »Das habe ich bereits erklärt. Um über Gloria zu sprechen. Oh, ich weiß selbst, dass es auf der Welt begehrenswertere Frauen gibt als sie. Sie ist zu füllig, ist ständig krank und redet ununterbrochen.«
    »Und?«
    »Aber gestern ist mir eine Idee gekommen. Mir fiel der hohe Preis ein, den du zahlst, um sie dir vom Halse zu halten. Wieviel ist es eigentlich, Ed?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Mindestens zweitausend pro Monat, nicht wahr?«
    »Hör mal zu, Karl...«
    »Vielleicht verstehst du mich noch nicht.« Karl grinste.
    »Ich bin nicht hier, um dir das alles noch einmal unter die Nase zu reiben. Ich bin vielmehr hier, um dir zu helfen. Ich habe nämlich eine Möglichkeit ausgeknobelt, dir eine Menge Geld zu sparen, Ed. Deswegen könntest du mich wenigstens anhören.«
    »Du und mir Geld sparen?«
    »So ungefähr – ja. Wie diese zweitausend pro Monat. Interessiert es dich?«
    Es interessierte Edward sehr, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Also bitte – an was hast du dabei gedacht?«
    »An Hochzeit natürlich. Wie sollten diese Unterhaltszahlungen denn sonst aufhören, Ed? Wenn Gloria wieder heiratet, kannst du deinen Zaster behalten. So bestimmt es das Gesetz.«
    »Heiraten? Gloria? Weißt du – nur der größte Idiot auf dieser Welt würde sie jemals heiraten. Das weiß ich, weil ich es selbst zwei Jahre lang gewesen bin.« Dann atmete er tief. »Sage nur nicht, dass ausgerechnet du daran denkst.«
    »Unter gewöhnlichen Umständen nicht. Aber in letzter Zeit habe ich ziemlich viel Pech gehabt.«
    »Du erwartest

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