Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Margaret nicht tausendmal den Tod gewünscht? Hätte nicht gewünscht, dass diese ständig nörgelnde Stimme für immer verstummte? Aber das menschliche Tier ist eine komplizierte Bestie – leider. Denn trotz der Quälereien, die ich erlebt habe, liebe ich meine Frau immer noch, Lieutenant. Ich liebe sie – ist das nicht unvorstellbar? Und wenn sie in diesem Augenblick durch die Tür käme, würde ich sie bitten, bei mir zu bleiben.«
Einen Augenblick herrschte Stille. Dann sagte Roman: »Professor, ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen.«
»Warum?«
»Es tut mir leid. Aber als diese Jungen mit der Hutschachtel zu mir kamen...«
»Jungen?«
»Studenten von Ihnen. Der eine heißt Hatch; er wollte heute Abend zu Ihnen kommen und beobachtete, wie Sie die Hutschachtel wegwarfen. Ich an Ihrer Stelle würde es ihm jedoch nicht ankreiden.«
Jarvis lächelte betrübt. »Ihm ankreiden? Nein, Lieutenant, eher würde ich mich bei Mr. Hatch – wie überhaupt bei allen Studenten – entschuldigen. Ich weiß, dass ich in letzter Zeit beinahe verbrecherisch grob zu ihnen gewesen bin. Den Grund werden Sie jetzt verstehen. Aber sagen Sie Mr. Hatch, dass er sich keine Sorgen zu machen brauche, auch nicht über seine – seine Indiskretion von heute Nachmittag.«
»Das finde ich großartig von Ihnen, Professor.« Roman stand auf. »Wenn ich irgendwie behilflich sein kann, Ihre Frau zu suchen...«
»Wenn wir sie fänden, würde das meiner Ansicht nach leider auch nichts ändern. Fänden wir sie, würde das noch lange nicht bedeuten, dass sie zu mir zurückzukehren wünscht.«
»Jedenfalls können Sie auf meine Hilfe rechnen, wenn Sie sie benötigen.«
»Vielen Dank«, sagte der alte Mann freundlich.
Sie, gingen zur Tür; Perry kroch aus seinem Versteck und rannte zu dem Wagen, der am Bordstein stand. Er stieg gerade wieder ein, als Roman das Haus verließ und mit energischen Schritten auf sie zukam.
Er öffnete die Wagentür und machte eine auffordernde Bewegung mit dem Daumen.
»Los jetzt«, sagte er. »Raus!«
»Was ist denn passiert?« sagte Dino mit aufgerissenen Augen. »Haben Sie etwas herausgekriegt, Lieutenant?«
»Eines habe ich bestimmt herausgekriegt. Ich weiß jetzt, dass man verrückt gewordenen Jungen nicht glauben darf.«
»Aber Lieutenant...«, sagte Perry protestierend.
»Steigt aus, bevor ich euch rausschmeiße«, knurrte Roman drohend. »Und wenn ihr das nächste Mal einen Mülleimer durchstöbert, kommt lieber nicht wieder zu mir!«
Nachdem der Lieutenant sich verabschiedet hatte, saß Professor Jarvis noch eine weitere Stunde an seinem Schreibtisch, Dann blickte er auf seine Taschenuhr, schnalzte leise und zog sie sorgfältig auf. Er erhob sich, eine gebeugte Gestalt mit zottigem Haar, und wollte in sein Schlafzimmer gehen.
Dann fiel ihm jedoch die Hutschachtel ein, die immer noch auf seinem Schreibtisch stand. Er ging zurück und ergriff sie. Auf dem Weg zum Mülleimer verhielt er am Ende des Zimmers und blieb dann vor dem Skelett stehen, das an schwarzen Seidenfäden hing. Es war ein bewundernswertes Skelett, sorgfältig zusammengepasst und in prachtvoller, fast neuer Verfassung. Mit einem Griff stülpte er dem Schädel den mit Blumen geschmückten Hut auf.
»Gute Nacht, Margaret«, sagte er – in seiner netten Art und verließ schlurfend den Raum.
Flitterwochen erster Klasse
O bgleich seine Scheidung schon sieben Monate, zwei Wochen und vier Tage zurücklag, erwachte Edward Gibson am Samstagmorgen mit dem Gefühl ungetrübter Freude in seinem von Gloria befreiten Schlafzimmer. Er gähnte, reckte sich, legte sich quer über das Doppelbett und schwelgte im köstlichen Gefühl der Einsamkeit, der Stille und der Ungebundenheit.
Es gab keine Gloria mehr, die ihn gewaltsam mit ihren weinerlichen Klagen über ihre Schlaflosigkeit, das nächtliche Herzklopfen und die Atemknappheit weckte. Es gab auch keine Vorträge mehr über seine Trägheit, seinen Mangel an Zuneigung, seinen sich vergrößernden Taillenumfang, sein Schnarchen, seinen Mutterkomplex, seine Unaufmerksamkeit und sein Desinteresse für ihre gesundheitlichen Probleme.
Mit dem rechten Zeh stieß Edward das Kissen, das früher Gloria gehört hatte, vom Bett und grinste dabei so glücklich, wie er war.
Als er sich jedoch angekleidet hatte, wurde sein Frohsinn von einer bleiernen Depression abgelöst. Ihm fiel ein, dass heute wieder Zahltag war. Langsam schlenderte er in sein Arbeitszimmer und holte das Scheckheft aus dem
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