Ein cooler Typ aus der Hölle
der Waffe aus.“
„Was? Er schießt um sich?“
„Nee. Gezielt. In Zürich, Genf
und Lugano hat er etlichen Gegnern ‘ne Kugel ins Knie verpasst. Die Typen gehen
jetzt langsamer und Tango tanzen ist nicht mehr.“
Der Geier lachte und überprüfte
mit zwei Fingern den Sitz der Krawatte.
„Wir können ihn als gefährlich
einstufen“, fuhr Dowara fort. „Aber seine Zeit im Milieu ist vorbei. Der Kerl
ist nämlich buchstäblich in ‘ne goldene Schüssel gefallen. Irres Glück! Ich
vermute, er hat vier oder fünf Millionen und eine prachtvolle Villa. Alles
geerbt.“
„Hat ihm ein reicher Bulle was
hinterlassen?!“ Der Geier hielt das für einen guten Witz und ließ ein Gemisch
aus Husten und Gelächter hören.
„Nee! Sein Bruder!“
„Wienerfeld hat einen
verstorbenen Bruder?“
„Hugo. Zehn Jahre älter. Muss
ein schmucker Typ gewesen sein. Hat nämlich als Heiratsschwindler reiche Tussis
geleimt. Seine letzte Gattin war eine gewisse Veronika Schnurstein-Engelbrecht.
Ihr gehörte die größte Baufirma hier in der Stadt. Natürlich hat nicht sie die
gegründet, sondern Großvater Schnurstein. Der hatte aber nur eine Tochter, die
dann einen Architekten namens Engelbrecht geehelicht hat. Aus der Verbindung
ging wiederum nur eine Erbin hervor — jene Veronika, die sich dann in Hugo Wienerfeld
verguckt hat. Für fünf Jahre sind die beiden wohl ganz gut miteinander
ausgekommen. Hugo hat sogar Buchhaltung gelernt und war mit sämtlichen
Stadträten gut Freund. Seinen schießwütigen Bruder Bruno hat er natürlich nicht
vorgeführt. Der musste in der Schweiz bleiben. Aber seine große Stunde kam. Als
nämlich Hugo und Veronika vor zwei Jahren tödlich verunglückten. Mit ihrem
Privatflugzeug. Bei Nebel sind sie gegen einen alpinen Berg gedonnert. Ich
glaube, es war der Kilimandscharo.“
„Der steht in Afrika, steht
dort als höchster afrikanischer Berg rum.“
„Na, dann war’s ein anderer
Hügel. Und Hugo war vermutlich besoffen. Veronika hinterließ keine
erbberechtigten Anverwandten und Hugo nur einen: seinen Bruder Bruno.“
„Der hat alles gekriegt?“
„Alles. Die Firma und die
Villa. Die Firma hat er gleich verkauft, aber weit unter Preis. Weil damals die
Bauwirtschaft total am Boden lag und die Firma auch nicht mehr das war wie
ehedem. Trotzdem — ein paar Millionen sind dabei rübergekommen. Und die Villa
Josefine, eine Prachthütte, ist inzwischen Brunos Geliebte.“
„Was?“
„Ja. Geliebte, Freundin,
Mutter, Schwester, Lebensinhalt, einzige Liebe. Bruno Wienerfeld lebt nur noch
für diese Bude.“
„Was ist mit der?“
„Eine klassizistische Villa ist
es, habe ich mir sagen lassen. Sehr imposant. Allerdings nicht mein Geschmack.
Steht unter Denkmalschutz. Erbaut nicht lange nach 1800, aber immer noch
regendicht.“
„Kann man vernarrt sein in eine
Hütte?“
„Du machst doch ‘nen Kniefall
für ein besonderes Auto.“
„Das ist was anderes.“
„Wieso?“
„Ein Auto lebt.“
„Sagst du. Häuser leben auch,
sagt der. Und man kann drin leben und mit ihnen leben. Dafür wäre eine
Blechkutsche auf die Dauer zu ungemütlich.“
„Ich kenne kein Haus, das mit
280 Sachen über die Autobahn fegt. Aber mein Maserati macht das.“ Heer lachte
herzhaft und röchelte dann.
„Stellen wir also fest, Boss:
Die Geschmäcker sind verschieden. Bruno hat begriffen, dass er als Dealer nur
‘ne dumpfe Socke war. Und andere in die Kniescheibe zu schießen, ist ja auch
kein Lebensinhalt. Den hat er nun entdeckt in der Hätschelei und Pflege der
Villa. Er beschäftigt sich nur noch mit der Kunst jener Zeit und mit der damals
angesagten Architektur. Vielleicht hätte er auch lieber damals gelebt. Da gab’s
noch kein Internet und wenn der Blinddarm vereiterte, wurde auch gleich der
Grabstein bestellt. Wienerfeld ist jedenfalls total versessen auf
Original-Möbel und Kunstwerke aus dieser Zeit. Fälschungen lässt er sich nicht
andrehen. Er hat sich schlau gemacht und ist sein eigener Gutachter.“
„Und damit dein Goldesel?“
Dowara grinste. „Als ich das
Salgmeister-Museum flambiert habe, bin ich natürlich vorher in der
Porzellan-Abteilung fündig geworden. Ein 24-teiliges Service — was ganz Tolles
aus jener Zeit — habe ich beiseite geschafft.“
„Und das bietest du Wienerfeld
an?“
„Für 200 000. Und du sollst
sehen, der reißt sich darum.“
„Ist aber ein verdammtes
Risiko, Dirk! Auf Vandalo sind Prämien ausgesetzt.“
„Ich habe jemanden
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