Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Tortenplatten und -etagèren und zudem genähte Stoffkuchen für den Kuchenstand des Landfrauenvereins angeboten? Zuerst schien es mir eine gute Idee zu sein. Jetzt sieht es allerdings eher so aus, als müsste ich etwas herstellen, das andere Leute sicherlich kaufen wollen. Dabei habe ich nicht einmal mit Hatties Halskette angefangen und muss obendrein jetzt auch noch ein Buch lesen! Hilfe! Ich muss lernen, Prioritäten zu setzen! Aber das Wunderbare daran ist, dass nichts davon mit Unterrichten zu tun hat!
Ich gehe ins Wohnzimmer hinüber. Wo ist Adi? Mein Blick fällt auf den hübschen Weißgrün-Farbton. Mit dieser Farbe habe ich genau die richtige Wahl getroffen. Dann erst entdecke ich Adi, der kopfüber vom Sofa hängt.
»Adi, was machst du da?«, frage ich und merke, dass ich wie eine Grundschullehrerin klinge.
»Sanjay sagt, ich muss die obere Rückenpartie lockern.«
»Das wirst du allen bei der Yogavorführung demonstrieren können.«
»Bei welcher Vorführung?«
Kapitel 26
Kabelstich – Der Kabelstich gleicht ein wenig dem Stielstich und wird oft benutzt, um Umrisslinien zu arbeiten, da er eine dichte Linie bildet.
Heute findet Adis Yogakurs statt, weshalb ich theoretisch meinen freien Abend habe (wenn denn die Mädchen endlich einmal im Bett liegen). Immer häufiger verbringt er aber auch die milden Frühlingsabende im Schrebergarten. Will er seine Zeit nicht mehr mit uns zuhause verbringen?Und ist er tatsächlich im Schrebergarten?Allmählich denke ich ernsthaft über diese Fragen nach. Und was soll ich mit meinen freien Abenden zuhause bloß anstellen? Weder kann ich mir eine Flasche Wein kaufen, eine DVD ausleihen und Freundinnen zum gemeinsamen Kinoabend einladen noch mir einen Schokoriegel genehmigen, während ich Hochglanzmagazine lese.
Stattdessen sitze ich im Bett und nähe – und bin glücklich! Meine Näharbeiten fesseln mich mehr als jeder Kino-Blockbuster. Jetzt fehlt mir nur noch eine Hörbuchversion von Ernst sein ist alles , womit ich auch noch die Aufgabe für den Buchclub abhaken könnte. Außerdem habe ich am Ende eines jeden Abends etwas in der Hand, das ich in meiner Freizeit kreativ hergestellt habe. Vielleicht werde ich dabei sogar einen Film schauen können, wenn ich ein wenig mehr Näherfahrung habe. Ob ich wohl auch irgendwann einmal so multitaskingfähig sein werde wie meine Schwiegermutter? Sie kann in einem Heidentempo stricken und dabei jede Soap verfolgen, ohne dabei auch nur eine einzige Masche fallen zu lassen!
Es überrascht mich immer wieder, wie glücklich mich mein goldgelbes Schlafzimmer macht. Offenbar regt die gelbe Farbe meine Kreativität an. Während ich auf dem Bett sitze und meine eigenen Stoffblumen mit einem Margeritenstich herstelle – der sich perfekt eignet, um Blütenblätter von Sonnenblumen zu nähen –, muss ich an Van Goghs Sonnenblumen denken. Auf die Rückseite jeder Blume sticke ich verschiedene Botschaften: Sonnige Tage, weite Felder … Denn jetzt beherrsche ich endlich verschiedene dekorative Knötchenstiche wie den baskischen Knötchenstich oder den Korallenstich, was viel besser ist, als wenn ich versuchen würde zu nähen, und hinterher alles verknotet ist.
Die Haustür fällt ins Schloss. »Ich habe dich gar nicht so früh zurückerwartet! War die Yogastunde gut?«, erkundige ich mich, als Adi ins Schlafzimmer gehumpelt kommt.
»Ich bin nicht früh zurück, ich bin eigentlich sogar ziemlich spät dran.«
»Die Zeit ist wie im Flug vergangen.«
»Du hast die Zeit ja gut genutzt«, stellt Adi mit einem Blick auf all die Stofffetzen und Garne um mich herum fest. »Der Kurs war klasse. Ich finde das Zentrum richtig super. Vielleicht hätten wir uns auch für ein Haus im georgianischen Stil entscheiden sollen. Die Aufteilung der Räume ist toll, und dabei ist alles noch so groß und lichtdurchflutet.«
»Wir können uns ein georgianisches Herrenhaus auf dem Land nicht leisten.«
»Ich weiß. Aber du wirst es nicht glauben: Weil der Kurs jetzt zwei Stunden dauert, hat Shona statt der gewohnten fünf Minuten nun geschlagene zehn Minuten über ihre Plattfüße und die schmerzenden Schultergelenke geklagt. Ich habe die Zeit gestoppt! Sanjay muss vor Beginn des Kurses zwar Verletzungen überprüfen, aber irgendwo muss das Grenzen haben!«
»Was hast du mit deinem Bein angestellt?«
»Ach, das ist nur eine Muskelzerrung.«
»Du bist schon genau wie die anderen. Jetzt kannst du auch jede Woche alle über deine Wehwehchen informieren
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