Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Schotterweg ums Haus herum nach hinten schiebt. Er kommt gerade noch rechtzeitig, denn schon fährt vor dem Haus ein Auto vor – das muss Hannelore sein.
Schnell laufe ich zur Tür.
»Sie haben Größe zehn wie ich, oder?«, ruft Hannelore und mustert mich von Kopf bis Fuß. Sie selbst ist ganz in Schwarz gekleidet, doch sie sieht fantastisch aus. Mir ist klar, dass man unsere Figur nicht miteinander vergleichen kann. Und auch Größe zehn habe ich nie getragen, obwohl vor einigen Jahren die Kleidermaße neu bemessen wurden. Die heutige Größe zehn war damals eine Größe zwölf. Was ziemlich verwirrend ist. Ich weiß, dass ich dicker werde, obwohl die Geschäfte das Gegenteil behaupten!
»Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, welche Größe ich brauche«, erwidere ich. Mir kommt der Verdacht, dass ein wichtiger Vorteil beim Kauf von Vintagekleidern darin liegt, dass vor den Sechzigerjahren keine Größenetiketten in die Kleider hineingenäht wurden. Denn bis in die Sechziger hinein sind alle Kleidungsstücke entweder selbst genäht worden oder in einer Schneiderei entstanden, wodurch praktisch jeder im Besitz von maßgeschneiderter Kleidung war.
»Vorsichtshalber habe ich Ihnen Größe zwölf mitgebracht«, erklärt Hannelore und reicht mir eine Hose, die in durchsichtige Folie gehüllt ist. Ich bin sprachlos, denn ich hätte nicht erwartet, dass sie mir tatsächlich Kleidungsstücke mitbringen würde. Da ich Hannelore nicht gut genug kenne, kann ich die Hose auch nicht ablehnen. Und was die Sache noch schlimmer macht: Adi steht grinsend neben mir.
Mühsam zwänge ich mich in die khaki-braune Hose, ziehe sie jedoch noch einmal aus, um einen Blick auf das Größenschild zu werfen. Ich wusste es – es ist eine Größe acht! Warum musste sie eine kleinere Größe mitbringen? Hat sie das etwa absichtlich getan? Oder ist ihr dieser Fehler versehentlich unterlaufen? Ich habe ein paar Kleidungsstücke aus den Siebzigerjahren in Größe vierzehn und sechzehn im Schrank, aber nur, weil die Größen ein oder zwei Nummern kleiner geschnitten sind als heutzutage. Diese Hose hier spannt unheimlich am Bauch. Weil ich mir nicht anders zu helfen weiß, liege ich mit dem Rücken auf dem Fußboden unseres Schlafzimmers und zerre am Reißverschluss. Und das, während Hannelore vor dem Haus auf und ab läuft, eine Zigarette nach der anderen raucht und die Kippen auf unseren immer noch recht beträchtlichen Misthaufen schnippt.
»Ich bin so weit«, rufe ich.
Adi zwinkert mir zu. »In diesem Outfit kann man euch beide kaum voneinander unterscheiden.«
»Mummy!«, ruft Lilly. »Du hast da was am Po!« Adi klopft mir einige Flusen und Fussel vom Po, die vom Fußboden unseres Schlafzimmerteppichs stammen.
»Eigentlich war das nur ein Vorwand, um deinen Po zu begrapschen«, lacht er. »Und jetzt beeil dich lieber, Hannelore hat schon den Motor angelassen.«
»Aber ich muss mir noch die Haare frisieren! Sie sehen furchtbar aus!« Aber ich habe keine Zeit mehr, sie zu waschen. Als ich es zurückkämme, merke ich erst, dass ich auch keine Haargummis mehr habe. Die könnten überall sein! Was habe ich anderes, worin sich ein Gummiband befindet? Bevor irgendwer etwas merkt, schnappe ich mir eine schwarze Unterhose aus dem Stapel mit der sauberen Wäsche und wickele sie um meinen Pferdeschwanz.
»Deine Frisur sieht nett aus«, lobt Adi.
Doch anstatt mich für das Kompliment zu bedanken oder mich von ihm zu verabschieden, rufe ich ihm im Hinausgehen nur zu, dass die Mädchen heute Abend gebadet werden müssen. Der Anzug von der Stange verleiht mir das Gefühl, verkleidet zu sein. Obendrein ist Braun nicht meine Farbe. Dieser Farbton drückt auf meine Stimmung, und ich trage niemals Kleider, die nicht mit Blüten, Punkten, Streifen, Teekannen und so weiter gemustert oder bedruckt sind. Ich habe gar nicht mehr das Gefühl, Laura Lovegrove zu sein. Stattdessen komme ich mir wie eine aalglatte Geschäftsfrau vor. Ist es das, was Hannelore will? Nur mein Haar ist leider alles andere als aalglatt.
Wir rasen nach Great Yarmouth. »Ich dachte, Peter würde mitkommen?«
»Er ist unpestlich.«
» Unpässlich. «
»Ach, natürlich, unpässlich. Ich bin in Gedanken schon ganz bei meiner Rede. Wussten Sie, dass dies die geradlinigste Straße Englands ist?«, fragt sie, da sie scheinbar keine Lust hat, über ihren Mann oder die Rede zu sprechen.
»Tatsächlich? Das wusste ich nicht.« Aber je schneller wir ankommen, desto besser. In einem
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