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Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Addison
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hinten schaut und sich wieder aufrichtet. Verhalte ich mich etwa gerade so albern wie meine Schüler? Oder versuche ich gar, den Mann schlechtzumachen, der meine Karriere als Lehrerin in der Hand hat?
    Curtis schiebt sich immer noch millimeterweise vor und zurück. Er hat keine Ahnung, dass ich ihn beobachte, da ich vom Kunstraum im ersten Stock auf ihn hinunterblicke. Die Aussicht auf den Lehrerparkplatz war noch nie so interessant wie heute. Schließlich steigt er mit einem ledernen Aktenkoffer, der mit einem Zahlenschloss versehen ist, aus dem Auto. Meine Beurteilung befindet sich darin, und er erwartet mich heute Nachmittag um vier Uhr in seinem Büro. Also muss ich erst den Großteil des Tages hinter mich bringen, bis ich die Ergebnisse seiner Beobachtungen mitgeteilt bekomme. Ich fühle mich wie ein Schüler, der seine Abschlussnoten erhält. Ich musste beinahe genauso lange auf mein Ergebnis warten; seit jenem schicksalhaften Tag, an dem ich Prada zum Unterricht mitnehmen musste und an dem es bei uns gebrannt hat, sind mehr als drei Wochen vergangen. Warum passiert eigentlich eine halbe Ewigkeit lang überhaupt nichts, bevor dann plötzlich alles auf einmal geschieht?
    Um halb fünf sitze ich immer noch vor dem Büro von Curtis Lampard und sehe den Zeigern der Uhr dabei zu, wie sie immer weiter vorrücken. Das macht er doch extra, damit ich zu spät zum Hort komme. Ich versuche mich abzulenken, indem ich an Chris’ Besuch denke. Wie ein Mantra rede ich mir ein, »du musst wissen, was wichtig ist – mach mehr Dinge, die von Hand gefertigt sind«. Allmählich fühle ich mich stärker. Ich kann das, trichtere ich mir ein. Ich schlage die Beine übereinander und fühle mich in meinem grauen Bleistiftrock aus den Vierzigerjahren mit einem ganz leichten militärischen Hauch sehr elegant und feminin. Habe ich mich unbewusst mit meiner Kleidung auf einen Kampf eingestellt? Von meiner Kollegin Sue, die im Augenblick noch bei Curtis im Büro sitzt, ist nichts zu sehen. Wie lange dauert es denn, jemandem die Ergebnisse des Unterrichtsbesuchs mitzuteilen? Wenn ich jetzt noch länger warten muss, werde ich den Termin absagen müssen.
    Just in diesem Augenblick öffnet sich die Tür, und Sue Latimer kommt heraus. Meine Entschlossenheit beginnt zu bröckeln. Sue dreht sich um und lächelt mir zu; vielleicht wird die Sache doch nicht ganz so schlimm. Andererseits unterrichtet Sue hauptsächlich Kunstgeschichte; ihr Unterricht ist also weitaus »normaler« und damit willkommener als meine praktische Herangehensweise, Mode und Textilien den Schülern näherzubringen.
    »Wenn du keine Eins bekommst, dann versuch, ihn in Zugzwang zu bringen. Frag ihn nach den Gründen, warum er dir keine Eins gibt«, flüstert mir Sue auf Zehenspitzen stehend ins Ohr. »Viel Glück!«
    »Kommen Sie herein. Tut mir leid, dass Sie warten mussten«, erklärt er mit seiner unehrlich wirkenden affektierten Sprechweise. »Was glauben Sie, wie Sie abgeschnitten haben?«
    »Ich dachte, das würden Sie mir jetzt sagen«, entgegne ich. Sein Lächeln erlischt, und ich merke, dass ich – mal wieder – zu ehrlich war.
    »Das habe ich hier in meinem Reflektionsbericht zusammengefasst«, erkläre ich darum schnell und reiche ihm den Bogen. Insgeheim frage ich mich, ob ich ihn als Geschenkpapier für eine Packung Schokolinsen hätte benutzen sollen. Dann erst bemerke ich Mrs Parker, die in der dunkelsten Ecke des Büros sitzt. Ich lächele und winke ihr kurz zu, woraufhin sie eine Augenbraue hebt und schief lächelt.
    »Mrs Parker spielt heute nur Mäuschen«, erklärt Curtis.
    Oder eine meditierende Gottesanbeterin , denke ich.
    »Unser Gespräch heute wird vertraulich behandelt. Das hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun, Laura, sondern mit dem Angebot, das Sie bieten«, fährt er mit einem schleimigen Lächeln fort. Du meine Güte, das klingt, als würde ich Seifenpulver verkaufen – und nicht, als würde ich Kunst unterrichten.
    »Lassen Sie uns mit Ihren Stärken beginnen.« Aha, es gab also doch welche, denke ich insgeheim. »Alle Schüler haben alte Kleidungsstücke mitgebracht. Was man allerdings nicht gerade als eine anspruchsvolle Hausarbeit bezeichnen kann.«
    »Das kommt ganz darauf an«, erwidere ich abwehrend.
    »Und wo war da bitte schön die Differenzierung?«
    Anstatt zu antworten: »Das werden Sie mir bestimmt gleich verraten«, erwacht in mir der Wille, mich gegen ihn durchzusetzen. So erkläre ich ihm eine Weile, dass von allen

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