Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
bekommen.
Chris greift nach dem Hühnertürstopper. Ich bin ein wenig nervös, was er wohl dazu sagen wird.
»Das ist echt hübsch! Die Stickseide ist wirklich sehr sinnlich«, erklärt er und fährt mit dem Finger über jeden Stich. »Ich denke, die Zukunft der Kunst liegt darin, wieder von Hand gefertigt zu werden. Willst du noch mehr davon machen? Ich würde einen Türstopper kaufen.«
»Durchaus, wenn ich nicht den Großteil meiner knappen Freizeit damit verbringen würde, perfekte Unterrichtspläne zu erstellen und perfekte Unterrichtsstunden abzuhalten«, platzt es aus mir heraus, während mir die Tränen kommen.
Chris legt seinen Arm um meine Schulter.
Zum ersten Mal seit langer Zeit habe ich das Gefühl, dass sich mal jemand um mich kümmert, dass nicht immer nur ich mich um die anderen kümmere. Mir gefällt dieses Gefühl.
»Du darfst das wirklich Wichtige nicht aus den Augen verlieren. Das musste ich am eigenen Leib erfahren. Mit deinem Nähen hast doch etwas Tolles, das auch real ist.«
Ich nicke und versuche verzweifelt, nicht zu schniefen und verheult auszusehen. Es tut gut, jemanden zu haben, mit dem man reden kann. Ich hatte zwar schon einmal daran gedacht, Lotte oder Emma in London anzurufen, aber es ist eben schon etwas anders, sich mit jemandem zu unterhalten, der einem gegenübersitzt. Außerdem kennen sie Reedby nicht einmal.
»Mrs Stark«, ruft Robbie, der Vorarbeiter, und steht plötzlich vor mir. »Tut mir leid, dass ich störe.«
Schuldbewusst zieht Chris seinen Arm zurück, wühlt stattdessen durch meine Stoffreste und kombiniert dunkelrote Streifen mit Rosenknospenmustern.
»Wir müssen das Absperrband entfernen. Aber Sie dürfen dennoch nicht nach oben gehen. Wir können jetzt nämlich mit den Malerarbeiten beginnen«, erklärt Robbie.
Er reicht mir ein ganzes Bündel Farbkarten, wodurch meine Aufregung steigt. Diese kleinen Farbquadrate sehen wirklich köstlich aus, beinahe so, als könne man sie tatsächlich essen. Ein Teil von mir wäre am liebsten so verrückt, das Cottage in Regenbogenfarben anzustreichen. Obwohl das wahrscheinlich Adi den Rest geben würde.
»Das muss ich mit meinem Mann besprechen«, erwidere ich und seufze tief. »Haben Sie eigentlich noch Sand über?«
»Das hat mich bisher noch nie jemand gefragt«, antwortet Robbie lachend. »Wollen Sie einen Sandkasten für die Kinder bauen?«
»Oh nein«, antworte ich und habe den Hauch eines schlechten Gewissens.
»Ich schaue mal, was sich machen lässt. Eine Tasse Tee wäre übrigens toll. Die Elektriker sind da und arbeiten in der Küche.«
»Klar, natürlich!« Ich springe auf und lasse Chris, der sich die Farbtafeln ansieht, allein zurück.
Doch da steht Chris auf. »Ich muss dann mal wieder. Bis bald!«
Ich winke ihm zu und bin unsicher, wie ich mich von ihm verabschieden und mich gleichzeitig um Robbie kümmern soll. »Heißt das, wir können im Haus die Toilette benutzen?«
»Um die Toilette zu benutzen, brauchen Sie keine Elektrik, Mrs Stark.«
»Ich weiß. Es ist nur so, dass das Bad hier kein Fenster hat – es ist eher eine Art Wandschrank. Sobald man die Tür schließt, ist es zappenduster, und die Mädchen haben im Dunkeln Angst …«
»Ja, Ihre arme Kleine kann sich freuen. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der beim Anblick eines Dixi-Klos in Tränen ausgebrochen ist.«
Allmählich befürchte ich, dass Daisy ganz nach Adis Mutter Pam kommt, die, jede Wette, ebenfalls in Tränen ausbrechen würde, wenn sie ein Dixi-Klo benutzen müsste.
»Der Wasserkocher funktioniert auch wieder«, fügt Robbie hinzu und sieht mich erwartungsvoll an.
Nach diesem Wink mit dem Zaunpfahl koche ich eine große Kanne Tee und schütte eine Packung Schokoladenkekse auf einen Teller.
»Hier, für Sie, Robbie«, sage ich und reiche ihm alles. Jetzt strömen die anderen Handwerker herbei – doch sie scheinen nie zu reden.
»Danke für die Kekse«, bedankt sich Robbie mit einem Augenzwinkern.
Endlich kann ich in die Jurte zurückkehren und weiternähen. Dort überlege ich kurz, ob ich ein »Bitte nicht stören«-Schild an die Lamellentür hängen soll.
Kapitel 14
Tulpenstich – Bei diesem Stich zuerst ein »V« sticken. Darüber wird ein Kettenstich genäht, der mit einem langen Spannstich als Stängel nach untern über die Spitze des Vs hinweg versehen wird.
Ich beobachte, wie Curtis seinen glänzenden, schwarzen Mercedes einparkt. Er hat definitiv etwas von Mr Bean, wie er sich dazu aufrichtet, nach
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