Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Kleidung. Aber je wärmer es ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass man sich eine Verletzung zufügt.«
»Und das sagt wer …?«, frage ich streitlustig, obwohl ich die Antwort schon kenne.
»Sanjay. Ich muss in dieser Stellung fünf Atemzüge lang ausharren«, erklärt Adi, schon ganz der Yogaexperte.
»Komm schon, Laura, versuch es doch auch einmal. Es täte uns ganz gut, ein gemeinsames Hobby zu haben.«
Plötzlich wünschte ich, ich hätte Adi niemals vorgeschlagen, einen Yogakurs zu besuchen. Als wir noch in London gewohnt haben, ist es mit dem Joggen nicht anders gewesen. Manchmal drehten sich unsere Mahlzeiten an den Wochenenden um nichts anderes als die optimalen Zeiten und Gerichte für Adis Marathonläufe.
In meinem Nachthemd knie ich mich auf den Teppich und mache Adis Haltung nach. Dabei bin ich mir aber ziemlich sicher, weder wie ein Hund noch wie eine Katze auszusehen. Schon nach kurzer Zeit habe ich das Gefühl, als würden meine Arme brennen. Wenn ich noch länger in dieser Position verharre, bekomme ich gleich keine Luft mehr. Sollten verheiratete Paare an einem Feiertag, wenn beide Kinder ausnahmsweise noch tief und fest schlafen, ernsthaft das hier tun?
»Und jetzt auf. Autsch! Diese verdammten Stecknadeln! Was haben die hier auf dem Schlafzimmerboden zu suchen?«
Ich schweige lieber und tue so, als sei ich in meine Yogaübung vertieft.
Im Schneidersitz sitzen wir beisammen und versuchen, unsere Gedanken zu leeren. Doch in meinem Kopf sammeln sich immer mehr Ideen für Nähprojekte, denn ich muss mich verzweifelt von dem Schmerz in meinen Hüften ablenken. Müsste ich diese Position – den Lotussitz, wie Adi ihn bezeichnet – tagtäglich einnehmen, glaube ich nicht, dass ich das lange mitmachen könnte.
Wie soll ich bloß die zwei Wochen Osterferien überstehen? Die Mädchen werden die ganze Zeit über von morgens bis abends im Haus sein, und auch Adi hat ein langes Wochenende, sodass ich wahrscheinlich keine freie Minute haben werde, um mich kurz hinzusetzen und etwas zu nähen. Ich bin schon richtig süchtig danach. Immer wieder kommen mir Ideen für Stoffkombinationen und Party-Wimpelketten, für ein Abendtäschchen für Liz, das zu der Wickelperlenkette passt, die sie bei mir in Auftrag gegeben hat – das ist das Wenigste, was ich tun kann, um mich für ihre Hilfsbereitschaft zu bedanken. Ich habe Riemchensandalen vor Augen, die mit Stoffblüten individualisiert werden. Allmählich wird mir immer klarer, dass der Hauptunterschied zwischen meinen Accessoires und denen der meisten anderen Leute darin besteht, dass meine Accessoires Einzelstücke sind.
»Weißt du, was meine Entwürfe so einzigartig macht?«, frage ich Adi.
»Pssst! Du sollst doch nicht reden!«
»Vielleicht kann ich ja Yogataschen entwerfen? Größenmäßig könnte eine zusammengerollte Yogamatte in diese Taschen hineinpassen, die aus einem recycelten Stoff genäht wäre.«
»Ich werde mal Sanjay fragen, was er dazu sagt«, erwidert Adi.
Meine Gedanken schweifen zu Chris. Ich frage mich, ob er über Ostern wohl an der Transkription arbeitet. Auch muss ich an Lorina denken und empfinde eine große Dankbarkeit für all das, was ich habe. Lorina ist wie eine ermahnende Stimme in meinem Hinterkopf, die mich daran erinnert, nicht immer so verwöhnt zu sein. Immerhin bin ich frei und kann tun und lassen, was ich will – und das mehr oder weniger, wann ich will!
Kapitel 19
Fliegenstich – Jeder Stich gleicht einem »Y«. Der Stich ist recht einfach, da er aus einer V-förmigen Schlaufe besteht, die in der Mitte durch einen vertikalen geraden Strich befestigt ist.
Nur widerwillig lässt Adi zu, dass ich mich an ihm festhalte, als ich meine Gummistiefel gegen meine roten Riemchen-High-Heels austausche. Ich liebe rote Schuhe. Jedes Jahr im Frühling kaufe ich mir ein neues Paar. Auch dieses Jahr bildet da keine Ausnahme – der Unterschied ist nur, dass ich dieses Mal eine gefühlte Ewigkeit lang darauf warten musste, sie zum ersten Mal anziehen zu können. Die bunten Stoffblumen, die ich oben aufgenäht habe, sind meine Prototypen – und machen das Paar zu meinen individuell gefertigten Schuhen.
Das Problem bei der ganzen Sache ist nur, dass die grasbewachsenen Straßenränder und Fußwege in Reedby nicht gerade für High Heels gemacht sind; sie drohen allzeit, im Matsch zu versinken. In London habe ich solche Probleme gar nicht gekannt. Da musste ich meine neuen Schuhe nie in einer Tragetasche mitnehmen, bis
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