Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
dem Treffen mit Chris heute Morgen so entgegenfiebere. Es steckt nichts dahinter, er ist nichts weiter als eine Ersatzfreundin! Wir haben den Morgen perfekt geplant: Wir wollen zusammen Kaffee trinken und Lorinas Stickerei besprechen, anschließend dann den Secondhandladen überfallen – ganz genau so wie damals zu Studentenzeiten.
Ich schlendere durch den Altstadtkern der Stadt und suche den Platz, an dem wir uns verabredet haben. Im Augenblick passiere ich das Fachwerkhaus, in dem das Maddermarket Theatre untergebracht ist, ich muss also ganz in der Nähe unseres Treffpunkts sein. Ich blicke die schmale Straße hinunter und entdecke dort das Werbeschild des Maddermarket Café mit seiner modischen schwarz-roten Grafik. Was steckt hinter dieser Begeisterung für die Farbe Krapprot – hier auch Madder genannt? Ich grübele über diese Frage nach. Das letzte Mal, als ich krapprote Ölfarbe benutzt habe, war ich noch Studentin an der Kunsthochschule. Ich halte meinen Café americano fest umschlossen und blicke aus den tiefen Fensterscheiben des Cafés. Dabei beobachte ich, wie ein orangefarbenes Volkswagen-Wohnmobil versucht, um eine sehr scharfe Straßenecke an der alten Stadtmauer zu biegen, um dann schließlich im Parkverbot anzuhalten. Ich bin ein wenig enttäuscht, als nichts passiert. Dann meldet sich mein schlechtes Gewissen zu Wort. Bin ich etwa zu einem dieser geistlosen Menschen geworden, die allzeit auf der Suche nach einem Nervenkitzel sind?
Kurz darauf betritt eine hochgewachsene, schlanke Gestalt das Café. Ich merke, wie wortlos zur Kenntnis genommen wird, dass ein sehr gutaussehender Mann gerade hereingekommen ist – etwa so, wie der Anblick eines hübschen Kleides Herz und Seele erfreut.
»Ich habe für das Wohnmobil keinen Parkplatz gefunden«, erklärt Chris zur Begrüßung.
»Seit wann fährst du Auto?«, frage ich und erinnere mich daran, dass Chris der seltsamste Autofahrer ist, der mir je untergekommen ist.
»Ich fahre nur, wenn ich unbedingt muss. Tut mir leid, dass ich zu spät bin.«
»Kein Problem«, erwidere ich und muss an die zahllosen kleinen Aufgaben denken, um die ich mich kümmern und die ich erledigen musste, um pünktlich herkommen zu können. »Ich habe aber nur bis halb zwölf Zeit, dann muss ich Daisy wieder abholen.«
»Wir haben also keine Zeit für ein Picknick?«, fragt er und wirft einen Blick auf meinen Weidenkorb.
»Oh. Nein, das ist kein Picknickkorb«, lache ich. »Das ist mein Einkaufskorb.«
»Hast du dich entschieden, ob du dich um weitere Abschnitte der Stickerei kümmern willst?«, erkundigt sich Chris.
»Ich dachte, du willst, dass ich alle Teile transkribiere?«
»Nein, das übernimmt Emma schon«, erwidert Chris beiläufig. »Du erinnerst dich doch noch an sie? Emma ist die Kuratorin im Textile Centre .«
»Natürlich kann ich mich noch an sie erinnern. Wie stellst du dir denn dann mein Mitwirken vor? Außerdem hast du mir immer noch nicht verraten, worum es bei deinem Projekt geht.«
»Ich wäre froh, wenn ich das selbst wüsste. Natürlich habe ich in alle Unterlagen der Stiftung für Kulturförderung eingetragen, dass ich mich mit Norwichs kulturellem Erbe als Schwerpunkt der Textilindustrie beschäftigen will – welche Rolle die Stadt in der Welt der Textilien, der Woll- und Leinenindustrie eingenommen hat«, fährt Chris fort und täuscht ein Gähnen vor, ein wenig wie manche meiner Schüler. »Ich brauche dich, Laura, um meine Ideen mit mir zu diskutieren. Außerdem sollst du die besten und zitierfähigsten Episoden aus Lorinas Stickerei heraussuchen.«
»Wie wäre es denn hiermit?« Ich bin ganz aufgeregt, dass ich Teil eines Kunstprozesses bin, der außerhalb der kleinen Welt von Reedby stattfindet. »Lorina hat anscheinend ihre harscheste Kritik für ihre Familie aufgehoben, insbesondere für ihre Schwester.« Ich hole eine Klarsichthülle aus meiner Tasche und lese Chris vor. » ich miss lorina bulwer wundere mich dass die leute nicht mit dem schweinefraß dieser anrüchigen sippschaft von wanzen läusen und fliegen aus diesem sozialistenstall in cambridge geworfen haben und ihr faule eier um die ohren gehauen haben als diese sozialistische hure ann die er zur frau hatte gestorben und zur hölle gefahren ist . « Ich habe eine Art Déjà-vu-Erlebnis dessen, was Pam am Ostersonntag im Museum veranstaltet hat. Doch hier scheint sich niemand an meinen Worten zu stören; alle anderen Gäste lassen sich bei ihrer Zeitungslektüre nicht
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