Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
interessiert, was ich zu diesem Thema zu sagen habe. Adi hätte entweder ganz schnell das Thema gewechselt oder wäre allein losgezogen, um die Musikläden abzuklappern. Ich habe den festen Entschluss gefasst, irgendetwas hier zu finden – und sei es nur eine Kleinigkeit, mit der ich mich dafür belohnen kann, dass ich mit meinem hart verdienten Geld alte, noch offene Rechnungen abzahle.
Chris ist ein Mann mit einer Mission, der instinktiv zu wissen scheint, wonach er sucht. Er hebt eine Tasche aus Leopardenfellimitat hoch.
»Die will bloß gestreichelt werden«, stellt er fest.
Anschließend streift er eine Jacke über, kombiniert diese mit einem handgestrickten Schal mit Streifen und stolziert schließlich demonstrativ durch den Laden. Die alte Dame hinter der Ladentheke lächelt ihn nachsichtig an, als sei er ein ungezogener, aber süßer kleiner Junge.
»Sehe ich jetzt aus wie ein Kunstlehrer?«
»Wie einer von der alten Garde«, erwidere ich lachend. »Chris, fragst du dich eigentlich manchmal, wer diese Kleidung früher getragen hat? Und warum die Kleidungsstücke abgegeben wurden?«
»Klar. Im Vergleich zu diesen Sachen hier wirken neue Kleider ziemlich seelenlos«, erwidert Chris gedankenversunken.
Plötzlich bleibt er vor dem Regal mit den Vorhängen stehen und winkt mich zu sich.
Zwischen zwei braunen Dralonschals und ein paar recht grau aussehenden Netzgardinen entdecke ich einen echten Schatz – eine Bahn taupefarbenen Baumwollstoffs aus den Fünfzigerjahren mit kleinen orangen und gelben Halbkreisen mit schwarzer Umrandung, die wie Noten über den Stoff tanzen.
»Das ist ein Design von Lucienne Day, da bin ich mir sicher«, flüstere ich.
In der Ferne ertönt das Glockenspiel der Rathausuhr, und ich komme mir vor wie Aschenputtel, die gerade den Ball verlässt.
»Ich muss jetzt los. Einen schönen Tag noch«, rufe ich kurz angebunden und wünschte sofort, ich hätte mich freundlicher von Chris verabschiedet.
»Denk daran, ein paar Regeln zu brechen! Das gehört zum kreativen Prozess dazu. Nie auf Nummer sicher gehen!«
Wenn Chris mir solche Dinge sagt, merke ich erst, wie klein die kreative Welt des Colleges doch ist. Ich fände es ja mal interessant, was Curtis mit einem echten Künstler wie Chris anfangen würde, wenn er ihn einmal kennenlernen sollte.
Durchs Schaufenster winke ich Chris noch einmal zu. Er gestikuliert, ob ich den Stoff haben will. Ich nicke wild und hoffe, dass er meine Reaktion noch sieht, während ich mit beschwingtem Schritt die Straße hinunter zum Parkplatz laufe.
Kapitel 23
Hexenstich – Der Hexenstich ist ein sehr alter Stich, von dem es verschiedene Variationen gibt. Im vierzehnten Jahrhundert hat der italienische Maler Giotto Kleider gemalt, deren Säume mit aufwändigen Hexenstichstickereien verziert waren. Beim Hexenstich entsteht eine regelmäßig oben und unten gekreuzte Zickzacklinie.
»Mummy! Mummy!«, schreit Lilly. »Deine Entwürfe sind im Fernsehen!«
»Ich dachte, ihr zwei schaut die Teletubbies!«, rufe ich.
»Nein, tun wir nicht. Du hast das Frühstücksfernsehen eingeschaltet. Die schöne Ansagerin mit dem weißen Hosenanzug redet über Mode.«
Mir wird ein wenig schwindelig bei dem Gedanken daran, dass es meine Arbeit endlich geschafft hat. Ich lag also falsch! Anscheinend habe ich es sehr wohl geschafft, irgendetwas richtig zu machen! All die vielen Jahre als namenlose Textildesignerin mit einer Agentin, die nur gelegentlich einen meiner Druckentwürfe verkaufen kann – und jetzt sind meine Entwürfe im Fernsehen zu sehen! Aber warum hat Gill nichts davon gesagt, dass ein Beitrag über die Arbeit im Fernsehen kommt? Vielleicht hält sich Gill im Augenblick darum so zurück, weil sie mit Fernsehsendern verhandelt hat?
Ich laufe ins Wohnzimmer hinüber, wo Lilly mit Prada auf ihrem Schoß auf dem Sofa sitzt. Zum ersten Mal ermahne ich sie nicht, »der Hund hat auf dem Sofa nichts zu suchen«, weil ich wie Lilly (und Prada!) nur Augen für den Bildschirm habe. Dort sehe ich eine mondän gekleidete junge Reporterin, die, gefolgt von den Kameras, mit einer übertrieben besorgten Miene durch eine Kleiderfabrik geht.
»Früher gab es solche Kleiderfabriken auch hier in England«, erkläre ich. »Wusstest du, dass Norwich ein wichtiges Zentrum für Stoffe war? Von hier aus wurden sogar Stoffe nach Europa und in den Fernen Osten geschickt«, fahre ich fort und versuche, mich an alle Fakten und Daten zu erinnern.
»Meine Mutter, also deine
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