Ein Cowboy für Bille und Zottel
wir schaffen das schon. Die Häppchen zurechtmachen und dann die Platten herumreichen und Getränke anbieten — du wirst sehen, du hast eine prima Kellner-Mannschaft! Also verlier bloß nicht die Nerven!“
„Die Idee ist nicht schlecht. Hoffentlich denken deine Freunde genauso darüber und sind nicht sauer, daß sie am Wochenende Party-Dienste tun sollen.“
„Was glaubst du denn! Das ist doch ein Riesenspaß! Ich rufe gleich mal drüben in Peershof an und frage sie.“
Bille flitzte zum Telefon und war zwei Minuten später wieder da.
„Okay, genau wie ich gesagt habe. Sie finden es prima! Auf diese Weise kriegen wir die feierliche Ausstellungs-Eröffnung doch auch mit. Wann soll die Sache denn steigen?“
„Am Samstag um vier Uhr.“
„Gut, dann werden wir Freitag nachmittag bei dir sein und die Sache vorbereiten und alles besprechen.“
Als sie am Freitag nachmittag das kleine Strohdachhaus betraten, in dem jetzt Thorsten und Inge wohnten, war Thorsten gerade dabei, seine Werkstatt in einen Ausstellungssaal zu verwandeln. Der Fußboden blitzte bereits vor Sauberkeit, Werkzeugregale und Schränke waren mit dunkelblauen Tüchern verhängt, und überall standen improvisierte Podeste aus übereinandergetürmten Kisten, die ebenfalls mit Stoff bezogen waren und auf denen Thorstens Kunstwerke prangten. Thorsten war gerade im Begriff, an der Decke eine lange Metalleiste mit Lampen zu installieren, von denen jede eine seiner Schöpfungen beleuchten sollte.
Eigentlich war Thorsten Kunstschmied. Er fertigte Kaminplatten, eiserne Tore und Geländer, Türschilder, Hausnummern und Namenszüge und manchmal sogar einen Wetterhahn an. Aber in seiner Freizeit schuf er anderes, da ließ er seiner Phantasie freien Lauf und bastelte aus Draht und Metallteilen komplizierte Gebilde, denen er hochtrabende Bezeichnungen gab, wie „Brennender Phönix“ oder „Heimkehr des Odysseus“ oder auch „Ende des Kampfes“, was Bille boshafterweise darauf bezog, daß Thorsten dem Gewirr von Röhren und Drähten gegenüber den Mut verloren und aufgegeben hatte.
In seinen „lichtesten Momenten“, wie Bille es nannte, entwarf Thorsten auch Schmuck, schwere Arm- und Halsreifen aus Silber oder Bronze, Anhänger und Gürtelschnallen. Diese Stücke lagen jetzt in Glaskästen auf hellblauer Seide, von kleinen, versteckten Lampen so raffiniert beleuchtet, daß ihre reliefartigen Verzierungen wunderschön zur Geltung kamen.
„Wenn du mich fragst, Thorsten — du solltest nur noch Schmuck herstellen. Er ist einfach phantastisch!“ sagte Bille begeistert.
„Freut mich, daß er dir gefällt. Aber weißt du, an meinen abstrakten Objekten habe ich einfach mehr Spaß. Da bin ich nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann aus dem vollen schöpfen. Diese kleinen Sachen machen mich manchmal ganz nervös!“
„Hm, kann ich irgendwie verstehen. Ich hätte dazu sicher auch keine Geduld. Jedenfalls wünsche ich dir für die Ausstellung einen Riesenerfolg!“
„Danke! Aber jetzt laßt uns an die Arbeit gehen, Kinder, wir haben noch eine Menge zu tun.“
„Okay, wir hören!“
„Da hinten stellen wir einen Tisch mit Gläsern und Getränken auf, zum Selbstbedienen. Draußen auf dem Flur sind die Kartons mit den Gläsern, die könnt ihr schon mal auspacken.“
„Und was soll mit den alten Gurkenfässern passieren?“
„Die habe ich für Blumen gedacht. An einigen Stellen — hier auf dem Flur — und dort drüben wollen wir große Blumensträuße aufstellen. Hinterm Haus auf der Bank liegen schon Berge von Sonnenblumen, Dahlien und verschiedene Zweige. Da könnt ihr Mädchen eure Phantasie spielen lassen.“
„Machen wir.“
„Die Getränke lassen wir einfach bis morgen draußen stehen, dann haben sie genau die richtige Temperatur. Und die kalten Platten hat ja zum Glück Mutsch übernommen.“
„Ja, die bringen wir morgen, kurz bevor es losgeht, her. Also kümmern wir uns erst mal um die Blumen. Florian packt die Gläser aus, und Daniel und Simon stellen den Tisch auf, klar?“
„Okay, Boß.“
Bille und Bettina rollten die leeren Fässer an ihre Positionen, füllten sie mit Wasser und wetteiferten um das schönste Arrangement aus leuchtenden Herbstblumen und Vogelbeerzweigen oder buntem Herbstlaub.
„Wenn ihr so weitermacht, stehlt ihr mir die Schau — die Leute werden nur noch auf eure Blumen achten“, meinte Thorsten lachend, dann stöhnte er plötzlich auf und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Ich
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