Ein Dämon auf Abwegen
studiert hatte, war dieses Gebäude der reinste Palast.
»Was ich nicht begreife ist, weshalb sich Massha mit dieser Bude abgibt«, fuhr Aahz fort, wobei er mehr zu sich selbst als zu mir sprach. »Wenn es stimmt, was Griffin erzählt, hätte sie sich doch jedes Haus in der Stadt als Arbeitsplatz aussuchen können. Ich will dir was sagen, Kind. Halt doch mal Ausschau nach Kraftlinien, ja?«
Ich gehorchte und schloß die Augen, um meinen Geist auszudehnen und nach den unsichtbaren Strömen magischer Kraft zu suchen, welche wir in unserem Beruf anzuzapfen pflegen. Ich brauchte nicht lange zu suchen.
»Aahz!« keuchte ich. »Hier kreuzen sich vier ... nein, fünf Kraftlinien auf einmal! Drei davon in der Luft und zwei im Boden.«
»Das habe ich mir gedacht«, bestätigte mein Ausbilder grimmig. »Sie hat sich diese Stelle nicht zufällig ausgesucht. Hier hat sie eine Menge Kraft, sofern sie sie anzuwenden weiß.«
»Aber was können wir denn gegen sie ausrichten, wenn sie derartig mächtig ist?« stöhnte ich.
»Immer mit der Ruhe, Junge«, lächelte Aahz. »Denk daran, diese Kraft kann jeder von uns anwenden. Du kannst sie genauso leicht anzapfen wie sie.«
»Das stimmt«, sagte ich und entspannte mich, allerdings nicht sehr. »Also schön, und welchen Plan verfolgen wir jetzt?«
»Das weiß ich auch nicht so recht«, gestand er und schritt auf die Tür zu. »Wir müssen eben nach Gefühl improvisieren.«
Das erinnerte mich an etwas. »Äh ... Aahz ... äh«, stammelte ich. »Wenn ich daran denke, wie es in Tahoe gelaufen ist, wäre es mir lieber, wenn diesmal du nach deinem Gefühl improvisieren würdest.«
»Du nimmst mir das Wort aus dem Mund«, grinste Aahz. »Vergiß nur nicht, ihre Aura zu überprüfen, sobald wir drinnen sind. So können wir erfahren, ob sie von hier ist, oder ob wir es mit einer importierten Hilfskraft zu tun haben.«
Indem er dies sagte, hob er auch schon die Hand und begann an die Tür zu klopfen. Ich sage »begann«, weil die Tür zwischen dem zweiten und dritten Schlag plötzlich mit beunruhigender Schnelligkeit aufsprang.
»Was glaubt ihr ... oh, hal-lo, Jungs!«
»Ah ... öh ... bist du Massha, die Magikerin?« stammelte Aahz und wich erschrocken einen Schritt zurück.
»Kennst du sonst noch jemanden, auf den meine Beschreibung paßt?« lautete die kichernde Antwort.
Sie hatte recht. Ich hatte noch nie jemanden in Jahk
- ach, was sage ich, in den zahlreichen Dimensionen gesehen, der auch nur im entferntesten so ausgesehen hätte wie diese Gestalt, die nun vor uns im Türrahmen stand. Massha war riesig — sowohl ihre Körpergröße als auch ihr Leibesumfang. Sie füllte den Türrahmen bis zum Bersten aus, und dabei war es keineswegs eine schmale Tür. Aber Größe allein machts noch nicht. Man hätte Massha durchaus in einer Menge großer Frauen übersehen können, wäre da nicht auch noch ihre Kleidung gewesen.
Auf ihrem zeltähnlichen Kleid trugen Purpur und Grün eine erbitterte Fehde miteinander aus, und das grell orangerote Haar, das ihr in schmutzigen Strähnen über die eine Schulter hing, ließ in absehbarer
-Zeit keinen Waffenstillstand erwarten. Und erst der Schmuck! Massha war so üppig mit allen möglichen Ohrringen, Halsbändern, Fußketten behangen, daß sie damit ohne Mühe ein eigenes Geschäft hätte aufmachen können. Sie trug nicht etwa ein Musterköfferchen, sie trug ein ganzes Ladeninventar!
Ihr Gesicht war für eine Beschreibung nicht gerade geeignet - es sei denn, man hat eine Vorliebe für deprimierende Nachrichten. Schlechte Zähne, die von fleischigen, rissigen Lippen eingerahmt wurden, und Schweinsäuglein, die aus dem Gebirge ihrer zahllosen Lachfalten hervorlugten und sich kaum von ihren anderen Hautunreinheiten unterscheiden ließen.
Im Laufe meiner Reisen habe ich eine Menge Frauen von ungewöhnlichem Aussehen beobachten können, aber in diesem Punkt schoß Massha ganz eindeutig den Vogel ab.
»Seid ihr Jungs nur vorbeigekommen, um mich anzustarren?« fragte die Erscheinung. »Oder kann ich etwas für euch tun?«
»Wir ... äh ... brauchen Hilfe«, brachte Aahz heraus.
Ich war mir nicht sicher, ob er damit unsere Mission oder unsere gegenwärtige Lage meinte, doch so oder so war ich bereit, ihm aus vollem Herzen zuzustimmen.
»Na, da seid ihr bei mir an der richtigen Stelle«, erwiderte Massha hechelnd. »Kommt herein in mein Wohnzimmer, dann können wir besprechen, was ihr haben wollt - und umgekehrt.«
Aahz folgte ihr ins Haus, so
Weitere Kostenlose Bücher