Ein Dämon zuviel
Ratschläge benötigte, so jetzt. Ich warf einen verzweifelten Blick zu dem Zelt, in dem er saß und hoffte unvernünftigerweise, er würde gerade herauskommen.
Er kam nicht. Vielmehr war das ganze Zelt verschwunden! Es war weg, hatte sich in Luft aufgelöst und Aahz mit ihm!
18
Um welche Ware oder Dienstleistung es sich auch handeln mag, es gibt immer eine Stelle, wo man es noch billiger bekommen kann
DAGOBERT DUCK
»Wo ist das Zelt hingekommen?« fragte ich fassungslos.
»Welches Zelt?« blinzelte der Dompteur und spähte hinter mich.
»Das Zelt!« rief ich und wies auf die nun leere Stelle.
»Aber da steht doch gar kein Zelt!« erklärte er schließlich entschieden.
»Ich weiß. Das ist es ja eben!«
»He! Kein Versuch, vom Thema abzulenken!« schalt der Dompteur und drückte mir einen unglaublich riesigen Finger gegen die Brust. »Wirst du nun für den Drachen zahlen oder nicht?«
Ich sah mich hilfesuchend um, es beobachtete uns jedoch niemand. Offensichtlich waren Streitigkeiten dieser Art auf Tauf alltäglich.
»Ich habe Euch doch schon gesagt, daß hier ein Mißverständnis vorliegt! Ich will Euren Drachen gar nicht.«
»Gliep«, erklärte der Drache und schmiegte den Kopf an mich.
»Erzähl mir so was nicht!« brauste der Dompteur auf. »Wenn du ihn nicht haben wolltest, warum hast du ihn dann gefüttert?«
»Ich habe ihn nicht gefüttert. Er hat ein Stück von meinem Ärmel gefressen!«
»Gliep!« sagte der Drache und versuchte ergebnislos, noch ein Häppchen von meinem Hemd zu nehmen.
»Also gibst du zu, daß er Futter von dir bekommen hat?«
»Nun ... wenn man es so formuliert ... ja! Und dann?«
Allmählich war ich es leid, angeschrien zu werden.
»Dann zahl gefälligst. Der ist zu nichts mehr nutze!«
Ich besah mir den Drachen. Er schien mir keinen Schaden von dem Hemdsärmel genommen zu haben.
»Was stimmt nicht mit ihm? Er sieht für meine Begriffe ganz in Ordnung aus.«
»Gliep!«
Er schmiegte sich wieder an mich.
»Oh! Es geht ihm glänzend!« spöttelte der Dompteur. »Nur daß er jetzt fixiert ist. Ein fixierter Drache hat nur noch für die Person oder Sache, auf die er fixiert ist, einen Sinn.«
»Und auf wen ist er fixiert?«
»Nun nimm mich nicht auf den Arm! Auf dich natürlich! So wie du ihn gefüttert hast.«
»Na, dann füttert ihn wieder und lenkt ihn von mir ab. Ich habe andere dringende Geschäfte zu erledigen!«
»Einfach so, wie?« sagte der Täufler skeptisch und türmte sich zu neuer Höhe auf. »Du weißt genau, daß das so nicht geht. Wenn ein Drache erst mal fixiert ist, dann für immer. Deshalb sind sie auch so wertvoll.«
»Für immer?« fragte ich.
»Nun ... bis einer von euch beiden stirbt. Aber jeder Narr weiß doch, daß man einen Drachen nur füttert, wenn man ihn auf sich fixieren will. Die idiotischen Biester sind zu leicht zu beeindrucken, besonders so junge wie der hier.«
Ich besah mir wieder den Drachen. Er war sehr jung. Seine Flügel begannen gerade erst zu sprießen, was ich als Zeichen der Unreife interpretierte, und seine Zähne waren nadelscharf, statt abgewetzt wie bei seinen Brüdern im Pferch. Doch seine starken Muskeln zeichneten sich schon unter den Schuppen ab ... Jawohl, beschloß ich, ich würde meinen Drachen in einem Kampf gegen ...
»Gliep!« machte er erneut und leckte sich gleichzeitig mit den beiden Enden seiner gegabelten Zunge den Schnauzbart.
Das brachte mich wieder zu Sinnen. Einen Drachen? Was wollte ich mit einem Drachen anfangen?
»Nun«, erklärte ich stolz. »Ich bin nicht irgendein Narr. Hätte ich die Folgen geahnt, als er meinen Ärmel fraß, so ...«
»Hör zu, Bübchen!« spottete der Täufler und stocherte mir wieder auf der Brust herum. »Wenn du glaubst, daß du hier ...«
Irgend etwas in mir flippte aus. Ich schlug seine Hand weg mit einem Zorn, der midi selbst überraschte.
»Ich heiße nicht >Bübchen<«, fauchte ich so laut, daß ich meine eigene Stimme fast nicht wiedererkannte. »Mein Name ist Skiv! Und jetzt dämpft Euer Organ, wenn Ihr mit mir redet und behaltet Euren schmutzigen Finger bei Euch!«
Ich bebte und hätte nicht sagen können, ob aus Wut oder aus Angst. Ich hatte meinen ganzen Gefühlen in diesem Ausbruch freien Lauf gelassen und fragte mich nun, ob ich die Nachwirkungen überleben würde. Erstaunlicherweise trat der Dompteur bei meiner Schimpftirade ein paar Schritte zurück und studierte mich nun mit neuem Erstaunen. Ich spürte einen Druck an meinen Beinen und riskierte
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