Ein delikater Liebesbrief
dachte auch noch zu träumen, als er sie zärtlich berührte, als starke Hände sie auf den Rücken drehten. Schlaftrunken überlegte sie, ob es Sinn hätte, zu protestieren, aber ihr Ehemann hatte etwas an sich, das sie dazu brachte, ihm jegliche Freiheit zu gewähren. Ihre Stiefmutter hätte so etwas gewiss nicht gebilligt. Doch auf einmal war sie hellwach. Sollte es denn in ihrer Ehe überhaupt keine Privatsphäre mehr geben?
»Simon Darby!«, fauchte sie und setzte sich im Bett auf. »Was glaubst du eigentlich, was du da tust?«
Er grinste sie an. »Ich habe den Schwamm eingesetzt, Liebes. Und da wir dies nun erledigt haben …« Er hob sie auf seine Arme und trug sie zum Fenster, das auf den Garten hinausging.
Jetzt protestierte Henrietta wirklich. Zwar war es dank des großen Kamins mit dem immer noch glimmenden Feuer nicht kalt im Zimmer, doch immerhin war Winter, und sie war nackt, weil ihr irgendjemand im Schlaf das Nachthemd ausgezogen hatte.
Darby achtete jedoch gar nicht auf ihren Protest, brachte sie zum Fenstersitz und raunte nur: »Sieh doch, Henrietta.«
Der Garten hinter dem Hause hatte sich in eine Märchenlandschaft verwandelt. Sonst ein reizendes Fleckchen mit Bäumen und Rosenbüschen, sah er nun vollkommen verändert aus. Eis glitzerte an jedem Ast, hatte selbst die dünnsten Zweiglein überzogen, auf denen das Mondlicht tanzte. Auch das Fenster war mit Farnzweigen und Eisblumen geschmückt.
»Die Eisfeen sind hier gewesen«, flüsterte Henrietta verzaubert und berührte eine Eisblume. »Oh, Simon, wie schön!«
»Mmmm«, murmelte er und küsste ihren zarten Schulterknochen.
»Es ist zum Weinen schön«, flüsterte sie. Der Garten wirkte überirdisch, wie eine Hochzeitstorte, die für einen Riesen gemacht war.
Simons warmer Körper presste sich an sie. Sie lehnte sich an seine wohlvertrauten harten Formen, freute sich auf ihn wie ein Gourmet auf ein Festessen.
»Weinen scheint mir eine unnötig traurige Reaktion auf eine frostige Nacht zu sein.« Seine Stimme bebte vor Verlangen, und seine Hände lagen auf ihren Brüsten, so sicher in dem, was sie taten, dass ihr Kopf gegen seine Schulter sank und ein Wimmern in die stille Nacht entschlüpfte.
Er rieb mit den Fingern über das eisüberzogene Fenster und zeichnete dann eine Spur aus Eis um ihren Nippel. Henrietta schnappte nach Luft und reckte ihm die Brust entgegen. Es fühlte sich einfach zu gut an. Wieder strich er über das Eis am Fenster und zeichnete eine Spur über ihren Bauch bis hinab zu ihren glatten Lippen, die vor Sehnsucht brannten und sich seiner Hand öffneten.
Wo seine Handwärme das Eis geschmolzen hatte, war das Fenster pechschwarz und spiegelte die Linie von Henriettas Flanke. Sie kniete auf dem Fenstersitz und versuchte, nicht das ganze Haus aufzuwecken, während seine Finger sie liebkosten. Er drückte sogar seine Lippen auf die Scheibe, küsste dann ihren Nacken und lachte, als sie sich unter seinem Kuss wand.
Dann verstummte das Lachen, und sie spürte nur noch seinen keuchenden Atem, als harte Hitze die eiskalten Finger ersetzte. Sein starker Körper presste sich gegen sie. Einmal stieß sogar ihre Wange an die eisige Fensterscheibe, doch sie bemerkte es kaum, weil sie innerlich brannte, weil sie ganz von ihm erfüllt war, weil bei jedem Stoß hundert flüssige Feuerpfeile durch ihren Körper jagten.
Später trug er sie in das warme Nest ihres Bettes zurück. Als sie sich in seine Arme schmiegte, spürte sie, wie er sich wieder gegen ihren Bauch drückte. Sie griff nach unten, um ihn zu berühren, seine Stärke und Hitze wieder in sich aufzunehmen.
Er hielt ihr Gesicht in seinen Händen und küsste sie, küsste ihre Augen und ihren Mund und ihre Wangen.
»Ich liebe dich«, keuchte sie zwischen seinen Küssen. »Ich liebe dich, Simon.« Sein Mund legte sich auf den ihren und erstickte ihre Stimme, doch ihr Herz sang, weil es die Wahrheit gesprochen hatte.
Henrietta träumte, dass sie ein Kind zur Welt brachte, einen kleinen Jungen. Er hatte ihre Locken und Anabels helles fröhliches Lachen. Sie saß mit dem Vikar beim Tee und die Damen des Nähkränzchens gingen mit Grabsträußen durchs Zimmer. Endlich verabschiedete sich der Vikar, und sie wollte ihren Sohn aus der Kinderstube holen, doch das Kindermädchen hatte ihn nicht gesehen, und Henrietta konnte sich nicht entsinnen, ihn des Morgens dort zurückgelassen zu haben. Sie begann zu laufen, durchwühlte ganze Haufen alter Kleider, versuchte verzweifelt,
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