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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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zu tun hatte. Sie musste den Inhalt der blauen Flasche trinken, weil Josie und Anabel sie brauchten, weil sie die beiden liebte. Sie hatte Verpflichtungen, die ihr nicht erlaubten, an ein eigenes Kind zu denken. Es ging einfach nicht. Für dieses Kind konnte sie nichts tun. Wenn sie bei der Geburt starb, würde auch ihr Kind nicht überleben.
    »Jetzt musst du aber in die Kinderstube zurück«, ermahnte sie Josie, nachdem sie der Kleinen das Haar gekämmt hatte.
    Josies Unterlippe zitterte. »Ich will aber nicht!«
    »Anabel wird dich vermissen.«
    »Ist mir egal!«
    Inzwischen kannte Henrietta die warnenden Vorzeichen. Und tatsächlich dauerte es keine halbe Minute, bis Josie so laut heulte, dass sie noch zwei Straßen entfernt zu hören war. Und ihr Refrain war das altbekannte »Ich bin ein armes …«. Das Schluchzen, das aus ihrer Brust drang, erstickte zwar das Wort mutterlos , aber Henrietta wusste, was Josie meinte.
    Plötzlich beugte sie sich vor, hob Josie hoch und setzte sie aufs Bett. Es reichte, ein für alle Mal.
    »Josephine Darby!« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Sei jetzt still und hör mir zu!« Doch Josie war für diesen Befehl taub. Sie heulte lediglich lauter.
    »Ich bin deine Mutter.«
    Josie zeigte sich unbeeindruckt.
    » Ich bin deine Mutter! «, kreischte Henrietta.
    Josies Augen wurden rund wie Murmeln und sie verstummte.
    »Hast du das noch nicht gemerkt, Josie?«, fragte Henrietta. »Du hast eine Mutter: mich .«
    Josie blinzelte und starrte sie an.
    Henrietta kniete vor Josie nieder und strich ihr das feuchte Haar aus dem Gesicht. »Ich hab dich lieb, Josephine Darby. Und ich werde deine Mutter sein, ob du mich haben willst oder nicht.«
    Josies spitzes Gesichtchen schien vor Schreck wie versteinert. Henrietta nahm sie bei der Hand und schritt Richtung Tür. »Ich bin deine Mutter und Simon wird dir ein Vater sein. Du musst nicht Mama zu mir sagen, aber ich sehe mich als deine Mutter.«
    Josie schwieg immer noch. Henrietta zwang sich, festen Schrittes zur Kinderstube zu gehen.
    Als sie im dritten Stock anlangten, roch es nach Röstbrot mit geschmolzenem Käse. Josie machte sich unvermittelt frei und flitzte in die Kinderstube.
    »Anabel!«, kreischte sie. »Ich bin unten gewesen und habe gebadet!« Und begeistert hüpfte sie einige Male um das ganze Zimmer herum, als ob das Gespräch mit Henrietta gar nicht stattgefunden hätte.
    Henrietta blieb auf der Schwelle stehen. Was hatte sie denn erwartet? Dass Josie sie plötzlich Mama nannte und alles gut werden würde?
    »Ich hoffe, ich habe sie nicht zu lange unten behalten, Millie«, sagte sie zu dem Kindermädchen. »Wir haben uns so gut unterhalten, dass wir gar nicht auf die Zeit geachtet haben.«
    »Aber nicht doch«, entgegnete Millie. »Miss Josephine versucht ständig, mir zu entwischen und Sie zu finden. Es war ja zu erwarten, dass sie es eines Tages schaffen würde.«
    »Ach, wirklich?«
    »Oh ja«, erklärte das Mädchen gutmütig. »Ständig rennt sie um mich herum und plagt mich zu Tode, wirklich, das tut sie. Ich will Mama sehen! Ich will Mama sehen! Herrjemine, wie oft müssen wir das hören!« Sie schaffte es, Josie am Schürzenbändel zu packen, als sie vorbeiflitzte. »Jetzt setzen wir uns brav hin, junge Dame, und zeigen der Mama, dass ich euch gute Manieren beigebracht habe.«
    Das Lächeln, das in Henriettas Herz aufblühte, war so glühend, dass es sie zu verbrennen drohte.
    »So, jetzt muss ich aber baden gehen«, verkündete sie. »Seid schön artig, ihr beiden.«
    Josie schaute von ihrem Stuhl auf, wo sie das züchtige Inbild einer artigen jungen Dame abgab. »Gibst du uns später noch einen Gutenachtkuss?«
    Henrietta grinste. »Das tue ich doch immer.«
    »Und eine Geschichte?«
    »Natürlich.«
    Sie ging wieder auf ihr Zimmer und klingelte nach heißem Wasser. Arme und Beine einzuseifen fühlte sich anders an als früher, nun, da Simon ihr Ehemann war. Er hatte diesen Ellenbogen geküsst, er betete diese Schultern an. Nie konnte sie mit dem Waschlappen über ihre Brüste streichen, ohne dabei an ihn zu denken.
    Henrietta war immer stolz auf ihre strenge Logik gewesen. Sie vermochte ein Problem bis auf den Grund zu durchdenken. Doch was lag ihrem Problem zugrunde? Der Schwamm war fehlerhaft, so viel war klar. Würden Darby und sie einander je wieder lieben können? Sollte sie das Fläschchen austrinken, ohne es ihm vorher zu sagen? Das kam ihr unehrlich, um nicht zu sagen sinnlos vor. Wenn der Schwamm

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