Ein delikater Liebesbrief
erwiderte sie vollkommen ernst.
»Ich nehme an, wir waren nicht die Ersten, die so etwas getan haben, aber für mich war es eine Offenbarung.« Ihr Blick wurde bei der Erinnerung weich. »Ich bin fast sicher, dass ich an dem Tag das Kind empfangen habe.« Sie fuhr sich mit der Hand über ihren vollkommen flachen Bauch.
Esme widmete sich einen Moment der Überlegung, ob Salons der Empfängnis eines Kindes besonders dienlich waren … doch dann schob sie den Gedanken beiseite. Ihr Kind war von Miles gezeugt worden – aber: Es war ihr Kind, ihres allein.
»Das ist ja wunderbar«, lobte sie und versuchte, ernst zu klingen.
»Ich weiß«, sagte Carola mit freudiger Miene. »Ich bin aber schrecklich langweilig geworden, seit ich wieder mit Tuppy vereint bin. Ich habe offenbar nichts anderes im Kopf als meinen Mann.«
»Ich wüsste eine andere Denkaufgabe für dich«, begann Esme. »Erinnerst du dich, wie wir den Plan ausheckten, um eure Versöhnung zustande zu bringen? Ich habe hier eine Freundin, Henrietta, die ähnliche Hilfe gebrauchen könnte.«
Carolas Augen blitzten vor Vergnügen. »Ein Betttrick!«, rief sie aus. »Darin bin ich doch Expertin !«
»Nicht direkt ein Betttrick«, entgegnete Esme. »Diesmal ist es komplizierter, obwohl sich die Sache im Grunde ähnlich verhält. Wir müssen einen Mann davon überzeugen, dass er Henrietta kompromittiert hat. Wir dürfen ihm keinen anderen Ausweg lassen als ihr einen Heiratsantrag zu machen.«
Carola machte große Augen. »Der Mann hat deine Freundin entehrt und will sie jetzt nicht heiraten? Was für ein Schuft!«
»Nicht direkt«, wiederholte Esme.
»Was meinst du mit nicht direkt ? Entweder hat er sie entehrt oder nicht.«
»Das hat er nicht.«
»Dann muss er ein rechter Dummkopf sein«, urteilte Carola.
»Es gibt noch einen weiteren Haken«, fuhr Esme fort. »Besagter Mann ist mein Neffe, Darby.«
»Darby? Simon Darby? Willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Nein, durchaus nicht. Wir werden es so deichseln, dass er Henrietta heiraten muss. Er braucht sie, ist sich dessen aber noch nicht bewusst. Zum einen wird mein Kind, wenn es ein Junge wird, Darby um sein Erbe bringen, und Henrietta besitzt ein Vermögen. Zum anderen würde sie seinen kleinen Schwestern eine wunderbare Mutter sein. Hast du gewusst, dass Darby seine Schwestern zu sich genommen hat?«
»Nun ja, natürlich«, erwiderte Carola. »Ganz London weiß das. Aber wie um alles in der Welt …?«
»Wir haben einen Beweis gefälscht«, erklärte Esme heiter. »Und dieser ist – das muss sogar ich zugeben – recht vernichtend. Nun müssen wir ihn öffentlich präsentieren, dann ergibt sich der Rest von selbst. Darby wird sie heiraten müssen.«
Carola schüttelte ungläubig den Kopf, doch in diesem Augenblick wurden die Freundinnen durch Rees Holland unterbrochen, der ins Zimmer trat und sich verneigte.
»Lady Rawlings«, begrüßte er sie und drückte einen flüchtigen Kuss auf ihre Hand. »Sehr freundlich von Ihnen, mir in letzter Minute eine Einladung zu schicken. Wo steckt Darby?« Carolas Anwesenheit nahm er lediglich mit einem leichten Neigen des Kopfes zur Kenntnis.
»Lord Godwin, darf ich Ihnen Lady Perwinkle vorstellen«, sagte Esme, um Rees’ drastische Unhöflichkeit zu überspielen, auch wenn diese nicht gegen sie persönlich gerichtet war. Rees Holland behandelte alle Welt gleich schlecht.
»Sehr erfreut«, brummte der Earl und verneigte sich knapp in Carolas Richtung. »Ist Darby schon heruntergekommen?«
»Noch nicht«, antwortete Esme, die sich beherrschen musste, um ihren Unmut nicht zu zeigen. Kein Wunder, dass Helene die Ehe mit diesem Manne nicht ertrug. Er sah aus, als wäre er zur Dachsjagd geladen. Zugegeben, sein Rock war von gutem Schnitt und sein Hemd weiß, aber sein Haar trug er noch länger als Darby. Außerdem hatte er Tintenflecke an den Fingern.
»Wenn dem so ist, werde ich ihn aus seinem Zimmer scheuchen«, versprach er mit grimmiger Befriedigung. »Der Pfau bestaunt sich wahrscheinlich im Spiegel und versucht, zu entscheiden, welchen Rock er tragen soll.« Ohne ein weiteres Wort marschierte er davon.
»Helenes Mann ist furchtbar unhöflich«, sagte Carola verstimmt. »Ich glaube, wie haben uns mindestens sechsmal gesehen, doch jedes Mal benimmt er sich, als würde er mich nicht kennen.«
»Du darfst das nicht persönlich nehmen«, riet Esme. »Mich erkennt er nur, weil ich Darbys Tante bin.«
»Was hast du dir nur dabei gedacht, ihn zum Dinner
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