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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Schule mitzuarbeiten. In erster Linie gaben sie dem Sex die Schuld, dabei schwärmten sie unaufhörlich von ihren eigenen Neigungen. Als sie nun von der Pflicht aus ihren Betten, ihren gemeinsamen Betten im teuersten Konferenzhotel von Tween gerufen worden waren, hatte kaum eine von ihnen Zeit gefunden, sich zu waschen. Nicht daß sie sich gewaschen hätten, wenn sie alle Zeit der Welt dazu gehabt hätten. Sie mochten ihre Körpergerüche. Dieser Fischgeruch erinnerte sie an ihre Berufung, und sie genossen ihre Ablehnung von Hygiene. Der Hexenzirkel aus Aberdeen stank besonders widerlich, und einige der Expertinnen für oralen Sex hatten noch Schamhaare am Kinn. Als ihre Autos eins nach dem anderen die Auffahrt hinunterdrängten und das Tor am Pförtnerhäuschen verstellten, besprachen die Frauen, was zu tun sei. Sie hielten eine Konferenz ab, und die eine oder andere entschlossenere Natur suchte sogar nach Kindern, die sie beraten und denen sie ihre Fürsorge und ihr Mitgefühl angedeihen lassen konnte. Da waren keine zu sehen. In weiser Voraussicht hatten der Dekan und seine Studenten sie an Miss Turnbird vorbei tief in den Wald hineingeführt und sie gezwungen, sich hinter der Gartenmauer zu verstecken und der Gefahr so aus dem Weg zu gehen. Nur einige Prostituierte machten sich nützlich, von denen eine einem sterbenden Scharfschützen seltsame Sterbesakramente verabreichte. Der Scharfschütze war noch nie angeschossen worden, und er hatte noch nie auf Fellatio gestanden. Doch das wußte die Hure nicht. Sie ging ihrem Gewerbe nach. Ebenso die Geschöpfe unter den Kastanienbäumen. Sie hatten die Atmosphäre einer erfolglosen Sterbeklinik nach Middenhall gebracht. Einen besseren Ort hätten sie sich dafür nicht aussuchen können.

27
    Für Miss Midden war es nicht unbedingt eine Überraschung, als von Middenhall her Gewehrschüsse erschollen. Der alte »Buffalo« hatte schon oft geprahlt, er werde den Knaben aus den Slums schon noch beibringen, wie man flüchtende Nashörner oder dergleichen aufspürte und aus tausend Metern Entfernung erlegte und wie man dazu allgemein mannhaft auftrat. Zweifellos war er gerade im Begriff, das zu tun. Sie drehte sich um und schlief weiter. Sie war spät aus London nach Hause gekommen, weit nach Mitternacht, und wollte ausschlafen. Außerdem ging es sie nichts an, was der alte »Buffalo« Midden gerade trieb. Andererseits schienen die vorbeidonnernden Lastwagen des Sturmtrupps von SS- Standartenführer Sigismund Rascombe doch darauf hinzudeuten, daß da etwas verdammt Merkwürdiges im Gange war. Miss Midden zog einen Morgenmantel an und ging in die Küche, wo der Major bereits ängstlich aus dem hinteren Fenster auf den Union Jack spähte, den man über den Baumwipfeln vom Fahnenmast flattern sah.
    »›Buffalo‹«, sagte Miss Midden und setzte den Wasserkessel auf. »Das kann nur dieser alte Idiot sein, der sich als Pfadfinderopa aufspielt. Hält sich wohl für Baden Powell.« Der Major hatte da so seine Zweifel. Zwar entstammten seine militärischen Kenntnisse weitgehend der Phantasie und waren aus zweiter Hand, doch er wußte genug, um zu merken: Die Richtung des Gewehrfeuers und seine Heftigkeit ließen darauf schließen, daß »Buffalo« Midden den Missionskindern nicht demonstrierte, was eine Lee-Enfield mit einem angreifenden Nashorn oder ähnlichem Getier machte, sondern daß er sie unter Feuer nahm. Dies war zwar verständlich – der Major war einmal von einer Reihe der kleinen Racker überrascht worden, als er sich gerade der Selbstbefleckung widmete, während er auf ihre Zelte hinabschaute, und er mochte sie genausowenig, wie jene Gäste sie mochten, in deren Zimmer eingebrochen und die bestohlen worden waren –, aber auf die kleinen Mistkerle schießen, das ging eindeutig zu weit. Besonders beunruhigt hatte ihn der Anblick von Rascombes bewaffneter Kolonne. Die hatte zwar nicht, wie in der Phantasie des Inspectors, aus Schützenpanzern bestanden, aber beim Vorbeifahren wirkte sie sehr schlagkräftig und somit authentisch. Major MacPhee erkannte Mannschaftswagen der Polizei, wenn er welche sah. Er hatte früher selbst in etlichen dieser Dinger gesessen. Und besonders verstört hatte ihn die Anwesenheit eines ausgesprochen großen Polizeilastwagens, der seitlich mit dem Wort »Polizeihundestaffel« beschriftet war. Daß die wie auch immer gearteten Vorgänge unten in Middenhall die Aufmerksamkeit dermaßen vieler Hunde erforderlich machte, wie dieser verflucht große

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